In Politik, Verwaltung und Wirtschaft ist die Floskel „es herrscht Handlungsbedarf“ allgegenwärtig. Was sagt sie eigentlich? Vermutlich dies: In einer verschwommenen Problemlage ohne erkennbare Lösungsmöglichkeit geht es nur noch darum, überhaupt irgendwie handeln zu können. Das Handelnkönnen an sich erscheint als existentiell. Oder vielleicht so: Es gibt eine Lösung, aber niemand will sich rühren. Deshalb geht es erst einmal darum, die Blockierung zu überwinden und überhaupt zu handeln.
Derartig konkret ist die Floskel jedoch nie gemeint. Sie ist überhaupt nicht gemeint, sondern bloss so dahergesagt. Gemeint ist bestenfalls: Es wäre an der Zeit, etwas zu unternehmen. Oder: Es gibt eine Schwierigkeit, man müsste etwas tun.
Bloss, wo würde eine solche Situationsbeschreibung denn nicht passen? Banaler, auswechselbarer als „es herrscht Handlungsbedarf“ kann eine Aussage kaum sein. Wo wäre kein „Bedarf“ – gern auch ein „dringender“ – nach irgendwie geartetem „Handeln“, der in einer Situation „herrscht“ oder der ganz unverbindlich einfach nur „besteht“?
Die Phrase ist zur Landplage geworden, besonders da sie stets im Brustton der Überzeugung erschallt. Andauernd wird volltönend das Herrschen eines dringenden Handlungsbedarfs konstatiert, und die damit auftrumpfenden Herrschaften scheinen sich sicher zu sein, dass sie gewichtige Erkenntnisse verbreiten. Tun sie aber nicht. Was sie in die Welt setzen, sind vielmehr billige und platte Null-Aussagen.
Möge ihnen, wenn sie ein weiteres Mal die Phrase vom herrschenden Handlungsbedarf hinaustrompeten, die Schamröte ins Gesicht schiessen.