Noch im alten Jahr hatte der inzwischen auch offiziell zum SVP-Parteimann mutierte „Weltwoche“-Chef Roger Köppel von einem „Freisinn blocherscher Prägung“ geschwärmt. Bei einem derartigen Schwenk der traditionsreichen liberalen Stammpartei ins blochersche Fahrwasser liessen sich für die helvetische Zukunft wahre Wunderdinge vollbringen. Und gleichzeitig, so insinuierte der SVP-Aufsteiger, wäre das auch die stärkste Pille gegen den freisinnigen Krebsgang.
Felix Müller, der Chefredaktor der „NZZ am Sonntag“, widersprach postwendend solchen ideologischen Schalmaien. Es gibt keinen Freisinn blocherscher Prägung. Würde er das, verlören die Liberalen ihre bürgerlich-weltoffene Identität. Der Freisinn würde zum profillosen Anhängsel derjenigen national-konservativen Partei, die ihn jahrelang als „Weichsinnige“ und „Nette“ verhöhnt hatte.
Das unerwartet erfolgreiche Comeback der Freisinnigen bei den Wahlen im Kanton Zürich zeigt, dass die Gründerpartei der demokratischen Eidgenossenschaft die Köppelschen Ratschläge besser ignoriert. Zum Kernbestand der SVP-Ideologie gehört die verbissene Kultivierung eines EU-Feindbildes. Für eine wahrhaft liberale FDP ist die EU kein Feindbild, sondern ein friedensstiftendes Bündnis seiner engsten Nachbarn und wichtigsten Handelspartner. Man muss sich diesen Partnern nicht unterwerfen. Aber man verhandelt mit Ihnen mit gegenseitigem Respekt und diplomatischem Fingerspitzengefühl – ohne polternde nationalistische Selbstgerechtigkeit.
Wie man eine Politik dieses Stils betreibt, zeigen die Beispiele des zurzeit beliebtesten Bundesrates, des Freisinnigen Didier Burkhalter und des am glanzvollsten wiedergewählten Zürcher Regierungsrates Thomas Heiniger. Dem Freisinn liberaler Prägung, der – wie sein Präsident Philipp Müller – gleichzeitig Distanz hält zu den schamlosesten Boni-Abzockern im Bankgewerbe, winkt für die Nationalratswahlen im Herbst eine frühlingshafte Prognose.