Einkaufstourismus ist schlimmer als Sextourimus. Jedenfalls in den Augen unserer Grossverteiler und Detaillisten. Wer jenseits der Grenzen einkauft, schmälert hier die Umsätze. Dennoch gehört „Einkaufstourismus" nicht in den Schimpfwort-Katalog. Es ist gedankenlos. Auch scheinheilig, weil die Forderung nach Konsum-Patriotismus den Protektionismus meint.
Gemäss Definition der EU reisen Touristen „zu Orten ausserhalb ihrer gewohnten Umgebung“ und halten „sich dort höchstens ein Jahr lang zu Urlaubs-, geschäftlichen oder anderen Zwecken auf“. Das schliesst Shopping ein. Vom Tourismus lebt auch die Schweiz. Er funktioniert, so lange es Krämerseelen nicht verbieten können, grenzüberschreitend.
Die Scharfmacher gegen den Einkaufstourismus übersehen die Wechselwirkungen. Und übersehen den Widerspruch, selber günstig im Ausland Waren und Dienstleistungen zu erwerben und andere für den gleichen Entscheid zu beschimpfen.
Mit der Wahl von „Einkaufstourismus“ als Schmähung geraten auch „Einkaufen“ und „Tourismus“ je für sich in einen anrüchigen Zusammenhang. Den Grossverteilern und Detaillisten in einem Ferienland gelang mit Schweizer-Präzision der Schuss ins eigene Ofenrohr.