Während man in der Warteschlaufe verharrt, hoffnungsfroh einem Termin entgegenfiebert, konsumiert man gedruckte, audiovisuelle oder digitale Medien und stellt fest: Das Hauptthema ist gesetzt. Impfen, impfen, impfen. Keine TV-Nachrichtensendung, in der dir nicht ein entblösster Oberarm entgegengestreckt wird, samt von maskierter Pflegekraft elegant gehandhabter Spritze, die hineingepiekst wird. Impfen, ein aufs lateinische imputare (einschneiden) zurückzuführender sperriger Begriff, der sich nicht so leicht umschreiben lässt, inspiriert die Journalistenzunft, treibt sie zu inhaltlichen und verbalen Sonderleistungen.
Da gibt es beispielsweise den Fall des Impfegoisten und -touristen, eines südafrikanischen Milliardärs, der sich im Thurgauer Impfzentrum (das von einer Spitalkette betrieben wird, deren Mitbesitzer er ist) hat stechen lassen, bevor er dran war. Die Empörung der Impfwilligen in der Warteschlaufe kennt keine Grenzen, auch deshalb, weil der Thurgau im kantonalen Impfranking den letzten Platz belegt, was auf Saumseligkeit oder allzu umständliche Organisation schliessen lässt und die Wartezeit der Willigen ungebührlich verlängert. Impftourismus, um das schöne Wort zu wiederholen, scheint für die, die sich’s leisten können, eine willkommene Option zu sein. In Dubai soll man leicht zum Pieks in den Oberarm kommen oder in Russland. Dort heisst der Stoff des Begehrens Sputnik (ob er wirklich weltalltauglich ist, muss sich weisen).
Es wurde bisher relativ wenig Stoff verimpft, die Impfquoten liegen tief. Trotzdem: Impfkampagnen werden lanciert. Man hört und liest von Schlaumeiern, die Impfbeziehungen zu nutzen wissen, von Impfskeptikern, Verweigerern. Ein veritables Impfbewusstsein wird einem eingeimpft. Und dieses neue Bewusstsein verspricht Immunität gegen das Virus.
Immunität? Das wäre dann ein weiterer sperriger Begriff, ein neues Kapitel.