Dass ein Papst an Feierlichkeiten zum 500-Jahr-Jubiläum der Reformation teilnimmt, ist keine Selbstverständlichkeit. Es hätte ein historisches Ereignis werden können. Schliesslich war Luthers Kritik an der katholischen Kirche der Anlass für jahrhundertelange Feindseligkeiten, für Spaltung und blutigen Krieg. Und auch wenn man sich heutzutage nicht mehr die Köpfe einschlägt, so bleibt doch die Trennung als „Wunde am Leib Christi“ im Bewusstsein der Gläubigen bestehen.
Mit seiner Teilnahme an einem gemeinsamen Gottesdienst zum Gedenken der Reformation hat der Pontifex nun einen Schritt hin zu einer Überwindung des Schismas und einer Versöhnung der beiden Kirchen getan. Er sprach von Annäherung und Wiedergutmachung dessen, was man sich gegenseitig angetan habe, und er liess erkennen, dass er sich des positiven Einflusses der Reformation auch auf die eigene Kirche durchaus bewusst ist.
Nur den einen, entscheidenden Schritt hin zur vorbehaltlosen Anerkennung der evangelischen Kirche, den hat er einmal mehr nicht getan. Es sind in Lund viele schöne Worte gefallen, von der längst fälligen Abendmahlsgemeinschaft jedoch war nicht die Rede. Wie schon seine Vorgänger hält auch Papst Franziskus an dem Prinzip fest, dass die vollkommene Kirchengemeinschaft der Mahlgemeinschaft vorauszugehen habe, und lässt damit alle Bemühungen um eine Ökumene, die den Namen wirklich verdiente, ins Leere laufen.
Dass ein Grossteil der Gläubigen und, zumindest hierzulande, auch des Klerus längst weiter ist und an gemeinsamen Eucharistiefeiern keinen Anstoss mehr nimmt, scheint man in Rom noch nicht realisiert zu haben oder nicht realisieren zu wollen. Denn sonst müsste man sich ja eingestehen, dass die wesentlichen Impulse von unten, von der Basis her, kommen und ihre Wirkung entfalten, ohne bei höheren Orts um Erlaubnis zu bitten. Oder ist Luther in Rom vorstellig geworden, bevor er seine 95 Thesen an die Kirchentür von Wittenberg schlug? Ich denke nicht, und daran sollten sich auch die Katholiken von heute ein Beispiel nehmen.