„A great light has gone out in the world. Nelson Mandela was a hero of our time“, rühmte ihn Grossbritanniens David Cameron. "Nelson Mandela aura fait l’histoire. Celle de l’Afrique du Sud. Celle du monde tout entier", schloss sich Frankreichs Präsident François Hollande dem Lob an.
"A giant among men has passed away. This is as much India's loss as South Africa's. He was a true Gandhian", sagte Indiens Manmohan Singh. “Er war ein Gigant der Geschichte”, rühmte ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Heute schöne Reden
Bill Clinton sonnte sich im Ruhm des Verstorbenen: „I will never forget my friend Madiba.“ Einer seiner Vorgänger, James Carter, drückte Trauer aus: „Rosalynn and I are deeply saddened by the death of Nelson Mandela. The people of South Africa and human rights advocates around the world have lost a great leader.”
Und George W. Bush:“I and Laura join the people of South Africa and the world in celebrating the life of Nelson Rolihlahla Mandela. President Mandela was one of the great forces for freedom and equality of our time. He bore his burdens with dignity and grace, and our world is better off because of his example. This good man will be missed, but his contributions will live on forever.”
Auch Barack Obama stimmte ein in diesen Chor der Heuchler: “The day that he was released from prison gave me a sense of what human beings can do when they are guided by their hopes instead of their fears.”
Einst tönte es ganz anders
Politiker halten gerne schöne Reden – aber nur solange der Zuhörer ihrer Logik folgt und gehorcht. Einst, zu Kolonialzeiten, waren Aufständische, die sich keiner Kolonialmacht unterwerfen wollten, Piraten, Banditen oder schlicht Wilde. Heute sind Menschen, Kurden etwa oder Palästinenser, Kaschmiri, Aborigines, die Ache in Paraguay oder die brasilianischen Urueu-wau-wau, die sich der Politik der offenen Märkte der freien westlichen Welt widersetzen und die Geschäfte stören, Terroristen – ganz so wie Nelson Mandela.
Jahrelang haben die meisten dieser grosssprecherischen Regierungschefs des Westens, die sich so viel darauf halten, dass sie demokratischen Systemen und Gesellschaften vorsitzen, in Mandelas jahrzehntelangem Kampf gegen das Unterdrückungssystem der südafrikanischen Apartheid nicht mehr als blanken Terrorismus und in den weissen Herrschern am Kap gute Geschäfts- und Sicherheitspartner gesehen. Darum musste er 27 Jahre in den Kerkern von Robben Island verbringen.
Am 5. August 1962 stoppten bewaffnete Polizisten in einem Ford V-8 hinter Howick, etwa 30 Kilometer nordwestlich von Pietermaritzburg in Natal, einen Wagen. Am Steuer sass Nelson Mandela, der sich seit 17 Monaten auf der Flucht befand und nun vorgab, David Motsayami, der Fahrer des weißen Herrn im Fonds zu sein.
Kungeleien mit der Apartheidregierung
Ein Jahr nach Mandelas Festnahme hatte der CIA-Agent Donald C. Rickard, der unter dem Deckmantel eines Beamten am US-Konsulat in Durban residierte, auf seiner Abschiedsparty im Haus des berüchtigten Söldners Oberst „Mad Mike“ Hoare einem Journalisten von seiner Beteiligung an der Festnahme Mandelas erzählt. Demnach hatte Mandela in jener Nacht geplant, Rickard zu treffen, der ihn stattdessen an die südafrikanischen Behörden verriet. Nur Stunden nach Mandelas Verhaftung hatte auch ein anderer CIA-Agent, Paul Eckel, vor Kollegen geprahlt: „Wir haben Mandela der südafrikanischen Sicherheitsabteilung ausgeliefert. Wir haben ihnen jedes Detail mitgeteilt, was er tragen werde, die genaue Uhrzeit, wo er sich zu welcher Uhrzeit an jenem Tag aufhielt. Sie haben ihn nur noch einsammeln müssen. Es war einer unserer größten Erfolge.“
Die Kooperation zwischen den beiden Geheimdiensten wurde im Laufe der Jahre weiter vertieft. Ende der sechziger Jahre half die CIA bei der Gründung des berüchtigten Bureau of State Security. In der Vorbereitung und Durchführung der südafrikanischen Invasion Angolas (1975) arbeitete die CIA eng mit dem südafrikanischen Militär zusammen. 1985 holte die CIA einen ihrer erfahrensten Afrika-Experten, Millard Shirley, sogar aus dem Ruhestand zurück, um dem Apartheid-Regime in Pretoria zu helfen, den ANC zu neutralisieren. „Er war sehr einfallsreich. Sein Arsenal an Tricks war äußerst variabel“, bescheinigte ihm einer seiner südafrikanischen Schüler später.
Ein einfallsreicher Spezialist
Shirley brachte den Südafrikanern psychologische Kriegführung bei. Er lehrte sie die Kunst des Tötens ohne Spuren zu hinterlassen, Booby Traps zu bauen, Blausäure herzustellen. (Blausäure führt zu Herzversagen. Wenn ein Pathologe nicht nach Blausäure sucht, wird er den Tod auf natürliche Ursache zurückführen.) „Vor Verhandlungen mit Gewerkschaftsvertretern schüttete er Chemikalien ins Trinkwasser, die Magenkrämpfe verursachen“, erzählte sein Ex-Schüler. „Dann kam der Punkt, dass die Gewerkschaftsvertreter die Verhandlungen möglichst schnell beenden wollten, weil sie sich so unwohl fühlten. Ein anderer Trick war, Anti-Apartheid-T-Shirts in einer Fiberglaslösung zu waschen und sie unter Demonstranten zu verteilen, die dann von unerträglichem Juckreiz geplagt wurden.“
1986 verabschiedete der US-Kongress ein Gesetz gegen das Veto des Präsidenten, mit dem Sanktionen gegen Südafrika verhängt wurden. Das Gesetz untersagte allen Organisationen oder Einrichtungen der Vereinigten Staaten, „in irgendeiner Form direkt oder indirekt mit den Streitkräften Südafrikas zu kooperieren.“ Ausgenommen waren jedoch „Aktivitäten, die das Sammeln notwendiger Informationen erleichtern“.
1988, zwei Jahre vor seiner Entlassung aus 27-jähriger Haft auf Robben Island, setzte die Regierung Ronald Reagans Nelson Mandela zusammen mit anderen führenden Mitgliedern des ANC auf die Terrorist Watch List. Fünf Monate später, im Januar 1989 nahm das US-Verteidigungsministerium den ANC neben 51 weiteren Organisationen in eine offizielle Publikation „Terrorist Group Profiles“ auf (eine andere war Yassir Arafats Fatah). George H.W. Bush, damals noch Vizepräsident unter Ronald Reagan, hatte das Vorwort dazu geschrieben. Der Bericht sprach von engen Beziehungen zwischen dem ANC und kommunistischen Ländern. Der ANC „erhält Unterstützung vom Sowjetblock, von Kuba und einer Anzahl afrikanischer Staaten“. Das „politische Ziel“ des ANC sei die Bildung einer „multirassischen sozialistischen Regierung in Südafrika“.
Verlegenheit von Condoleeza Rice
Erst am 1. Juli 2008 – der Friedensnobelpreisträger Mandela war inzwischen 90 Jahre alt – unterschrieb Präsident George W. Bush Gesetz H.R. 5690: „Es ermächtigt das Außenministerium und das Heimatschutzministerium, die Bestimmungen der Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsgesetze für Ausländer, die in terroristische oder kriminelle Aktivitäten involviert waren, aufzuheben, wenn es sich um Aktivitäten im Zusammenhang mit dem African National Congress in Opposition zur Apartheidregierung in Südafrika handelt.“
Die damalige US-Aussenministerin Condoleezza Rice nannte Mandelas Einreiseverbot und die Einstufung der Mitglieder des ANC als Terroristen, "eine peinliche Angelegenheit, wenn ich immer noch meinem Gegenüber eine Ausnahmegenehmigung erteilen muss, dem Aussenminister von Südafrika, ganz zu schweigen von dem grossen Anführer Nelson Mandela."
Trumans Klage über die CIA
Schon Jahre zuvor, nach der gescheiterten, CIA-gesteuerten Invasion einiger Tausend Exilkubaner in der Schweinebucht, hatte der frühere Präsident Harry Truman, der den Geheimdienst kurz nach dem II. Weltkrieg gegründet hatte, in einem Artikel in der „Washington Post“ geschrieben: „Ich glaube, dass es notwendig geworden ist, wieder einmal den Zweck und die Tätigkeit unserer Central Intelligence Agency zu überprüfen.“ Die Aufgabe des Dienstes sei gewesen,“ alle Nachrichten von jeder erreichbaren Quelle zu sammeln und mir diese Berichte ohne Interpretationen oder Überarbeitung durch Regierungsstellen zuzusenden.“ Man dürfe keinesfalls zulassen, dass derartige Nachrichten den Präsidenten dazu „verleiten, unkluge Entscheidungen zu treffen.“
Die CIA aber habe sich „so weit von ihrer vorgesehenen Rolle entfernt“, klagte Truman. „Als ich die CIA gründete, hätte ich nie gedacht, dass sie in Friedenszeiten mit dunklen Mordkomplotten (cloak and dagger operations) in Verbindung gebracht werden könnte. Sie ist zu einem operativen Arm der Regierung geworden und macht gelegentlich sogar Politik. Ich sähe es gerne, wenn sich die CIA wieder auf ihre ursprünglichen Aufgaben als nachrichtendienstlicher Arm des Präsidenten beschränkte – und dass ihre operativen Aufgaben beendet werden.“
Fünf Tage nach Erscheinen des Artikels schickte Sidney W. Souers, Admiral im Ruhestand und Trumans erster Geheimdienstdirektor, einen Brief „Lieber Boss“, in dem er Truman für seine offenen Worte applaudierte und den damaligen (während der Invasion in der Schweinebucht 1961) CIA-Chef Allen Dulles beschuldigte, aus der CIA „ein anderes Tier“ gemacht zu haben, „als ich für Sie aufzubauen versuchte“.