Mark Zuckerberg hat angekündigt, auf Meta, ehemals Facebook, die Faktenchecker abzuschaffen. Diese Ankündigung wird von Kritikern als ein Akt der Unterwerfung unter Donald Trump gesehen. Entsprechend gross ist die Aufregung in den USA und auch in Europa.
Die Befürchtung besteht darin, dass künftig jede Behauptung, und sei sie noch so abstrus, in diesem neben X und TikTok weltweit grössten sozialen Netzwerk verbreitet werden kann. Bislang war das nicht möglich, was insbesondere Donald Trump zu spüren bekam, als 2001 sein Konto nach dem Sturm auf das Kapitol und wegen seines Beharrens auf der Lüge, ihm sei die Wahl gestohlen worden, gesperrt wurde.
Zuckerberg wiederum beeilt sich zu versichern, dass diese Befürchtung nicht zuträfe. Denn an die Stelle der Faktenchecker sollen alle Mitglieder von Meta die Möglichkeit haben, ihrerseits die Posts zu kritisieren und Fehler richtigzustellen. Die Faktenchecker, die diese Aufgabe bislang wahrgenommen haben, seien allzu oft voreingenommen und hätten mit Vorliebe «konservative» Ansichten zensiert. Und überhaupt hätten sie die Nutzer «bevormundet». Tatsächlich räumen auch liberale Kritiker ein, dass sich eine gewisse Voreingenommenheit der Faktenchecker bei Themen wie Gender, Migration oder Klima beobachten lässt
Auf den ersten Blick scheint diese Umstellung also nicht ganz so dramatisch zu sein, wie sie von den Kritikern dargestellt wird. Und mit ein bisschen Ironie kann man an den «herrschaftsfreien Diskurs» denken, den der Sozialphilosoph Jürgen Habermas nun schon seit Jahrzehnten propagiert, ohne ihm in der Realität auch nur einen Schritt näher gekommen zu sein.
Trumps Strategie
Diese Umstellung aber ist alles andere als harmlos. Dahinter steckt die Strategie, weder Fakten noch Experten anzuerkennen. Indem an Stelle von Experten jeder Laie Fakten beurteilen soll, werden aus Fakten blosse Meinungen, und jeder Laie ist so kompetent wie jeder andere. Von Anfang an zielte die Strategie von Donald Trump darauf, die Trennung zwischen Fakten und Meinungen aufzuheben und die Frage nach der Wahrheit restlos zu suspendieren. Man erinnere sich an die «alternativen Fakten», die seine Beraterin Kellyanne Convey ins Spiel brachte, als bei Trumps erster Amtseinführung weitaus weniger Zuschauer vor dem Kapitol erschienen waren, als Trump und seine Leute behaupteten.
Mark Zuckerberg ordnet sich mit seinem Netzwerk Meta in Trumps Strategie ein, die bisherige politische Kultur zu zerstören. Zu dieser Kultur gehört der Respekt vor jenen Instanzen, die im öffentlichen Diskurs im Rahmen des Möglichen Wahrheit verbürgen oder Entscheidungen treffen, die nach Regeln erfolgen. Diese Instanzen sind die zahlreichen Einrichtungen der Wissenschaft, die Parlamente mit ihren «Checks and Balances», die Justiz und nicht zuletzt die Presse. Das ist keine ideale Welt, wie jeder weiss. Aber diese Welt ist nicht so schlecht, dass man sie mit dem Vorschlaghammer wüster Beschimpfungen und Beleidigungen in tausend Stücke schlagen müsste.
Soziale Netzwerke sind keine Instanzen dieser Art, aber in ihnen spiegelt sich die politische Kultur eines Landes. So basiert die Einrichtung der Faktenchecker auf der Voraussetzung, dass zwischen wahr und unwahr ebenso unterschieden werden kann wie zwischen Posts, die eine diskutable Meinung zum Ausdruck bringen oder schlicht beleidigend sind und zur Hetze aufrufen. Wenn die Community funktioniert, kann sie diese Aufgabe in den Posts, die als Stellungnahmen unter die jeweiligen Meinungsäusserungen gesetzt werden, übernehmen. Aber der Ausgang ist sehr ungewiss.
Kritiker in Amerika äussern die Hoffnung, dass Firmen, die auf Meta werben und damit einen beträchtlichen finanziellen Beitrag leisten, sich zurückziehen, wenn Meta zur Jauchegrube wird.