Der jemenitische Präsident ist aus seinem Hausarrest in Sanaa geflohen und nach Aden gelangt. Dort liess er sich in einer präsidialen Residenz nieder, die jemenitischen Präsidenten zur Verfügung steht. Zwar hatte Hadi seinen Rücktritt erklärt, doch laut der Verfassung ist er weiterhin Präsident, denn ein Rücktritt zählt erst, wenn er dem Parlament vorgelegt und von diesem angenommen worden ist.
Dass al-Hadi geflohen ist, bestätigen sowohl Berichte der Anhänger des Präsidenten als auch der Huthis. Sie erklären über einen ihrer Fernsehsender, der Präsident habe sich mit Hilfe seines Leibarztes als Frau verkleidet und sei so geflohen.
Die Anhänger al-Hadis sagen, sie seien mit einem Auto voller Waffen vorgefahren und hätten so die Huthis, die den Präsidenten in seinem Hausarrest bewachten, abgelenkt. So sei al-Hadi die Flucht gelungen.
Eine Gegenregierung in Aden?
In Aden erklärt Hadi, die Huthis hätten einen Staatsstreich durchgeführt. Alle Massnahmen, die sie seit der Besetzung der Hauptstadt Saana getroffen hätten, seien ungültig. Sanaa müsse als besetzte Stadt betrachtet werden. Er, der Präsident, beabsichtige, das jemenitische Parlament nach Aden einzuberufen, damit es legal tagen könne.
Dieses Parlament hatten die Huthis als aufgelöst erklärt. Doch dann hatten sie in Verhandlungen mit Jamal Benomar, dem Uno-Bevollmächtigten, eingeräumt, dass es unter gewissen Bedingungen weiter bestehen könne. Zu diesen Bedingungen gehören die Bildung eines Oberhauses, in dem all jene politischen Kräfte vertreten wären, die von dem bestehenden Parlament ausgeschlossen waren, namentlich die Parteien des Südens und die Huthis selbst, sowie die "revolutionäre Jugend".
Dieser Vereinbarung war als „erster Schritt“ zur Versöhnung bezeichnet worden. Doch mit der Flucht des Präsidenten und seiner „Gegenregierung“ in Aden dürfte die Abmachung hinfällig geworden sein.
Die Saudis ergreifen Partei gegen die Huthis
Die Macht der Huthis reicht nicht bis Aden. Die Bevölkerung der südlichen Teile Jemens ist sunnitisch, die Huthis sind zaiditische Aktivisten. Sie haben versucht, ihre Macht über Sanaa hinaus nach Süden auszudehnen, doch sie haben sich in den sunnitischen Gebieten nicht dauerhaft festsetzen können. Taez, die dritte Stadt Jemens, befindet sich nicht in ihrer Hand und sogar Ibb, das sie seit langem zu halten versuchen, lehnt sich immer wieder gegen sie auf.
Die drei Gouverneure der südlich anschliessenden Provinzen, die zu Südjemen gehören, hatten bereits vor der Flucht des Präsidenten erklärt, sie nähmen keine Befehle mehr aus Sanaa entgegen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass der neue saudische König, Salman,versuche, eine Anti-Huthi-Koalition im Jemen aufzustellen. Ihr sollen beide Parteien angehören, die Jemen bisher regiert hatten, aber von den Huthis entmachtet worden sind. Diese beiden Parteien sind: Der "Allgemeine Nationale Kongress" des Ex-Präsidenten Ali Abdullah Saleh - und "Islah", die Partei, die den Muslimbrüdern nahesteht. Auch sunnitischen Stämme könnten sich laut den saudischen Vorstellungen der Anti-Huthi-Koalition anschliessen.
Zweiteilung des Landes
Damit zeichnet sich eine Zweiteilung des Landes ab: In Sanaa und dem nördlichen Landesteil herrschen die Huthis. Im Süden jedoch – mit seiner provisorischen Hauptstadt Aden – dominiert der von den Saudis unterstützte abgesetzte Präsident al-Hadi.
Ähnlich wie in Libyen dürfte dann die internationale Gemeinschaft versuchen, die Vertreter der beiden Machtbereiche zu Verhandlungen zu bewegen, in der Hoffnung einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Und – ebenfalls ähnlich wie in Libyen - besteht die Gefahr, dass die Dritte Kraft ihren Einfluss weiter ausdehnen kann, dann nämlich, wenn sich der Norden und der Süden bekämpfen. Bei dieser Dritten Kraft handelt es sich um jihadistische Islamisten, im Falle von Jemen ist dies AQAP (al-Qaeda in der Arabischen Halbinsel).
Hadis Vergangenheit belastet ihn
Im jementischen Süden ist die Idee einer Abspaltung des südlichen Landesteils vom Norden sehr populär. „Hirak“ (die Bewegung) ist ein Sammelbecken von Autonomisten und Separatisten unterschiedlichster Gruppen und verschiedenster Anführer. Sie alle haben gemeinsam, dass sie sich von Sanaa lösen möchten. Einige von ihnen fordern die volle Unabhängigkeit und einen eigenen südjemenitischen Staat. Andere würden sich mit einer Autonomie des Südens zufrieden geben.
Al-Hadi stammt selbst aus dem Süden. Er soll über eine Art von Hausmacht in Abyan verfügen, der ländlichen Provinz östlich von Aden. Doch als General hatte er 1994 mit der nördlichen Armee gegen die südliche gekämpft. Später wurde er in Sanaa unter Ali Saleh Abdullah Vizepräsident. Diese Vergangenheit wird es ihm schwer machen, mit den Separatisten von "Hirak" gemeinsame Sache zu machen. Zunächst wird er sich auf die Gouverneure, Armeeabteilungen und Polizisten abstützen müssen, die aus der Hauptstadt in den Süden entsandt worden waren, um dafür zu sorgen, dass dieser sich nicht vom Norden abspalte.
Bedrängte Huthis
Auch die Huthis in Sanaa sind in einer schwierigen Lage. Einerseits werden sie es mit der nun entstehenden Anti-Huthi-Koalition zu tun haben. Anderseits müssen sie mit der Feindschaft von AQAP rechnen. Zudem werden sie wohl kaum mehr Hilfsgelder für die Millionen von Armen und Unterernährten erhalten, die im Norden des Landes leben.
Unklar bleibt auch, welche Rolle der ehemalige Präsident Ali Saleh Abdullah spielen wird. Bisher hatten er und seine Partei mehr oder weniger verdeckt zu den Huthis gehalten. Ob er sich nun in eine Allianz mit den Saudis einfügen wird, ist mindestens ungewiss. Die Saudis müssen auch damit rechnen, dass er sich offiziell zu ihrem Freund erklärt, aber dann im Hintergrund gegen sie agiert.