Die vertrackten Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU haben eine einfache Ikone: Claude Juncker küsst Simonetta Sommaruga. Wann immer wir fortan über Gräben und Brücken zwischen Bern und Brüssel reden, werden wir uns an die Fotografie von François Lenoir erinnern.
Das Bild ist züchtig und muss das Tageslicht nicht scheuen. Der Kommissionspräsident steht da mit zurückgezogenem Bauch und mit der linken Hand seine Vestontasche berührend. Ohne verrutschte Brille. Die Bundespräsidentin dreht sich leicht ab, die rechte Hand an der Tasche ihres offenen Mantels, den Kopf ein wenig in die entgegengesetzte Richtung ihres Verehrers neigend. Ohne jede Verfänglichkeit. Honi soit qui mal y pense.
Im Hintergrund symbolisiert das Rot der Schweizer Fahne Dramatik und Liebe, besänftigt vom Weiss der Reinheit und Weisheit. Das Gelb der Europa-Fahne signalisiert Neid und Gefahr, das Blau Treue, Freundschaft und Sehnsucht. Die Interpretation der Farben wäre noch interessanter als die Deutung der Begrüssungsart.
Das Kränzchen gebührt Simonetta Sommaruga. Sie bewahrt trotz überraschend ungestümen Empfangs die Fassung. So wollten wir es doch schon immer: dass die Mitglieder unserer Landesregierung Haltung zeigen, keiner Attacke erliegen und
Stil beweisen. Das schöne Souvenir ist auch eine nützliche Checkliste.