Der weltberühmte Künstler Andy Warhol hat sich verewigt, indem er konzedierte, jedermann und jederfrau habe die Chance, für 15 Minuten weltberühmt zu werden. Das wirft die Frage auf, ob dies auch für Wissenschaftler gilt – oder vornehmlich für Terroristen wie Anis Amri. Die grösste Chance für Forscher, berühmt zu werden, ist es, so etwas wie eine Atombombe oder einen Computer zu erfinden und/oder einen Nobelpreis zu ergattern.
Robert Oppenheimer, Konrad Zuse und der jüngste Gewinner des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften, Richard H. Thaler, lassen grüssen. Trister sind indes die Aussichten für Medienforscher. Sie basteln keine Bomben, ihre Kenntnisse der Informationstechnologie halten sich meist in engen Grenzen, obendrein gibt es für sie keinen Preis mit Strahlkraft. Die Welt ist ungerecht.
Ungerecht sind auch die Journalisten: Während sie Fussballspieler wie Ronaldo, Showstars wie Adele oder Politiker wie Schulz stets beim Namen nennen, bleiben Medienforscher meist anonym. Niemand kennt sie, mit Ausnahme von Elisabeth Noelle-Neumann und Niklas Luhmann, der zwar Soziologe war, aber über zwei Generationen hinweg kommunikationswissenschaftliche Forschung inspirierte. Dass Leser den Namen anderer Kommunikationsforscher erfahren, ist unwahrscheinlich. Im Zeitungsbericht ist zum Beispiel eher von „Forschungen der Universität Lugano“ die Rede.
Im aufmerksamkeitsökonomischen Umgang mit Wissenschaftlern gilt noch nicht einmal das Matthäus-Prinzip. Wer hat, dem wird keineswegs automatisch gegeben. Und falls dann doch einmal ein Forscher namentlich genannt wird, weil er einen Nobelpreis ergattert hat? Dann ist er in der Tat für immerhin 15 Minuten weltberühmt. 15 Minuten vorher verwandelt sich die Wissenschaftsredaktion für ein paar Minuten in einen Hühnerstall. Aufgeregt wird in Wikipedia nach dem Preisträger gesucht. Ist das Wissenschaftsressort bereits wegrationalisiert, verlagert sich die Suche ans Newsdesk. Herauszufinden, ob der Redakteur, der den entsprechenden Eintrag gefunden hat, dann gackert, bleibt weiterer empirischer Feldforschung vorbehalten.
Dieser Artikel erschien auch im Berliner Tagesspiegel