Da sein Name in allen drei Fällen auftaucht, nutzen wir den Ostschweizer Juristen, Herbert S. als roten Faden. Ihm wird vorgeworfen, im Auftrag Dritter gesetzeswidrige Firmenkonstruktionen aufgebaut und betrieben zu haben.
Fall No 1
In diesem ersten Fall ist H.S. von der Staatsanwaltschaft angeklagt, als mutmasslicher Drahtzieher eines Firmengeflechts für den französischen „Geschäftsmann“ Bernard G. mit falschen Gewinnzusagen leichtgläubige Personen im europäischen Umland um Millionen geschädigt zu haben. (Die Namen der Firmen spielen keine grosse Rolle, da die Firmenstruktur systematisch verschleiert wurde und die Firmen gegenüber ihren Kunden jeweils nicht unter dem im Handelsregister eingetragenen Firmennamen sondern unter Fantasienamen als sogenannte „Werbefenster „ mit Postfachadressen in Drittländern auftraten.)
Der Trick: Den Personen wurde ein Gewinn versprochen, welcher durch das Einschicken von einigen Euros „ausgelöst“ werden musste. Die Couverts mit dem eingesandten Geld wurden, um die Spuren zu verwischen, über mehrere Firmen verschoben und dann in der Schweiz von Hilfspersonen ausgepackt: das Geld auf einen Stapel, die Briefe und Couverts in den Abfall - ein einträgliches Geschäftsmodell. Allerdings eines, welches dem Ruf der Schweiz eher schaden könnte, weswegen auch das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO als Klägerin auftritt. Doch der Fall wird mit allen Regeln der Kunst von den Angeklagten verschleppt – das zuständige Gericht in Sargans-Werdenberg kommt, trotz der Klarheit des Falles, seit Jahren kaum einen Schritt weiter. Zitat einer internen Quelle: „Es ist naheliegend, dass man darauf hinarbeitet, den Fall zu verjähren.“
Dies erstaunt umso mehr, als in der Anklageschrift mit folgenden Worten über die zu fordernde Strafe sinniert wird: „Da H.S. nicht vorbestraft ist, könnte grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass bei ihm eine bedingte Strafe die gewünschte abschreckende Wirkung haben könnte. Auf der anderen Seite ist er allerdings schon so viele Jahre in die zu beurteilenden kriminellen Praktiken verwickelt und erzielt daraus vermutlich auch einen derart hohen Gewinn, dass nicht zwingend davon ausgegangen werden kann, dass er auf diese Einkünfte in Zukunft ohne Weiteres verzichten wird.“ Bei „Einnahmen“ von mehreren Millionen pro Jahr, nicht erstaunlich. Erstaunlich ist lediglich die Trödelei des Gerichts.
Fall No 2
Auch im zweiten Fall wird diesem Ostschweizer Juristen vorgeworfen ein kriminelles Firmenkonstrukt aufgebaut zu haben. In diesem Fall dient es allerdings nicht einem französischen Betrüger, sondern Mitgliedern der Familie Bodmer, u.a. Mehrheitsaktionärin der Firma Reishauer Beteiligungen. Dass mit dem Firmenkonstrukt nicht alte, ahnungslose Rentner, sondern die Firma Reishauer geschädigt wird, an der die Familie Bodmer selber als Mehrheitsaktionärin zu rund 53 Prozent beteiligt ist, erscheint auf den ersten Blick kurios. Auf den zweiten Blick wird der Trick klar: Der Mehrheitsaktionär liess über dieses Firmenkonstrukt Millionenerträge von der Maschinenfabrik am Minderheitsaktionär vorbei in die eigene Tasche fliessen. Dies wird durch Bilanzmanipulationen erreicht, welche sich sowohl negativ auf die Erträge als auch auf den Wert der Beteiligung auswirken.
Reishauer liess zweistellige Millionenbeträge via Abschreibungen über die Position „Erlöse aus Lieferungen und Leistungen“ verschwinden. Auch für den kundigsten Bilanzleser war es so unmöglich zu erkennen, wie das Kerngeschäft wirklich lief und wie die Mittel abflossen.
Die damit gebildeten massiven stillen Reserven wurden nicht im Interesse des Unternehmens eingesetzt, sondern genutzt, um die Familie Bodmer persönlich zu bereichern, so der Vorwurf.
Die Monatszeitschrift „Bilanz“ zitierte den Präsidenten des Verwaltungsrates von Reishauer diesbezüglich wie folgt: „... Reishauer verfüge über mehr als 100 Millionen Franken an liquiden Mitteln. Die müsse er «rausschaufeln», um einen unliebsamen Minderheitsaktionär mit rund 48% auszuhungern»…“. Diese Minderheitsaktionärin ist die Lorze AG.
Das „Rausschaufeln“ wurde auch in diesem Fall mit Hilfe des Ostschweizer Juristen Herbert S. und eines Firmenkonstrukts namens Unoplan erreicht, an welches von der Firma Reishauer Darlehen vergeben wurden, die in der Folge abgeschrieben wurden.
Das Handelsgericht Zürich hat deshalb in seinem Urteil bestätigt, dass die Buchhaltung der Reishauer Beteiligungen AG gegen das Gesetz verstosse. Diese Unrechtmässigkeit konnte jahrelang vertuscht werden, weil die Geschäftsleitung eine Revisionsstelle eingesetzt hatte, welche unter ihrem Einfluss stand. Für die Minderheitsaktionärin war die Kontrollinstanz deshalb nutzlos.
Auch dieser Fall ist nicht abgeschlossen und wurde von der Firma Reishauer Beteiligungen weitergezogen. Es versteht sich, dass diese Herbert S. (Verwaltungsrat der Unoplan) in den eigenen Rechtsschriften als ehrenwerten Juristen präsentiert und nicht als Berater und Spezialist für kriminelle Firmenkonstruktionen.
Fall No 3
Und damit wären wir beim dritten Fall: Die Minderheitsaktionärin Lorze AG beantragte die Auflösung der Reishauer Beteiligungen AG, weil es ihr auch nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten unmöglich war, die ob genannten Unrechtmässigkeiten zu verhindern oder ihre Beteiligung zu einem angemessenen Preis zu verkaufen.
Doch sowohl das Handels- als auch das Bundesgericht kamen zum Schluss, dass es einem Minderheitsaktionär (in diesem Fall der Lorze AG) in der Schweiz durchaus zuzumuten ist, an einer Firma beteiligt zu sein, bei welcher der Mehrheitsaktionär mit Firmenkonstruktionen Millionen am Minderheitsaktionär vorbei aus der Firma schaufelt, dies mit ungesetzlichen Buchungen verschleiert und alles mit einer gekauften Revisionsstelle absegnen lässt.
Das Bundesgericht würde vermutlich antworten, dass Fall 1 und 2 noch nicht abgeschlossen seien und deshalb bei der Beurteilung von Fall 3 keine Rolle spielen.
Das mag juristisch vertretbar sein, als Journalist empfindet man dies als stossend.
Ein starkes Signal an Minderheitsaktionäre ist auch, dass die Gerichtskosten und Gegenparteien-Entschädigungen durch das Handels- und das Bundesgericht im Fall 3 auf zusammengerechnet sagenhafte über 8 Millionen Franken festgelegt wurden. Honi soit, qui mal y pense.