Bereits der Vorgänger der Expertenrunde hatte mitten im Streit um die «Lex USA» im Parlament geraten, die Schweiz solle doch gleich den automatischen Informationsaustausch übernehmen und – bevor der Standard würde – schon mal mit der EU über seine Einführung verhandeln. Also ohne Gegenleistung als Musterknabe etwas einführen, was von konkurrenzierenden Finanzplätzen wie USA oder England niemals akzeptiert werden wird. Von den BRIC-Staaten und der G-20 ganz zu schweigen.
Nun ist, unter Beibehaltung dieser Koryphäen, das Gremium zur Entwicklung einer erfolgreichen Strategie für die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes erweitert worden. Um Vertreter von Banken und Wirtschaft. Deren geballte Denkkraft soll die Wettbewerbsfähigkeit steigern und auch den Markzugang im Ausland verbessern, «mit Blick auf die Erhaltung und Förderung der Wertschöpfung international ausgerichteter Tätigkeiten am Standort Schweiz». Armer Finanzplatz.
Drei herausragende Beispiele
Als Behördenvertreter nimmt neu Mark Branson von der Aufsichtsbehörde FINMA Einsitz. Genau, der Branson, der zuvor für das Japan-Geschäft der UBS zuständig war, das mit einer Millionenbusse für Liborzins-Manipulationen endete. Der Branson, der in den USA mit einem Kotau die UBS-Bussenzahlung von 780 Millionen Dollar für Steuerschummeleien begleitete.
Dann hätten wir Jean-Pierre Danthine, Vizepräsident des Nationalbankpräsidiums, der in dieser Funktion die Weigerung der SNB mitzuverantworten hat, durch das Aufspannen eines Schutzschirms das Ausknipsen von in den US-Steuerstreit verwickelten Banken zu verhindern.
Und schliesslich Jacques de Watteville (Staatssekretariat für internationale Finanzfragen), der erst seit Kurzem den gescheiterten und fahnenflüchtig gewordenen Michael Ambühl ersetzt. Durch seine vorherige Tätigkeit als Botschafter in China oder Syrien verfügt de Watteville sicherlich über exzellente Fachkenntnisse bezüglich Finanzplatz Schweiz.
Völliges strategisches Versagen
Schlimmer geht’s immer ist schon länger die Devise der federführenden Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Also werden die Banken durch Patrick Odier vertreten, den Noch-Präsidenten der Schweizerischen Bankiervereinigung. Diese Lobby-Organisation fiel in den vergangenen Jahren lediglich durch völliges strategisches Versagen, ständige Positionswechsel und eine machtvolle Unterstützung der inzwischen obsolet gewordenen und absurden «Weissgeldstrategie» auf.
Dann hätten wir Urs Rohner, VR-Präsident der Credit Suisse, der bezüglich des Rechtshändels seiner Bank mit den USA und allen weiteren aktuellen Problemen schon den Übernamen U-Boot trägt; ständig auf Tauchstation.
Als Vertreter der Wirtschaft nimmt Martin Senn Einsitz. Der CEO der Zurich Versicherungen klammert sich verzweifelt an seinen Chefsessel, seit sein VR-Präsident Joe Ackermann das Handtuch warf, nachdem sich der Chief Financial Officer des Grosskonzerns das Leben nahm.
Die Muppet-Show
Wir wollen den Leser nicht mit den Qualifikationen der übrigen Koryphäen dieses Sink, pardon, Think Tanks langweilen. Wir wollen auch nicht darauf hinweisen, dass jedem, der sich im Finanzsektor der Schweiz etwas auskennt, spontan mindestens ein halbes Dutzend Namen von Fachleuten einfallen würden, die hier schmerzlich fehlen.
Wie diese Muppet-Show den Bundesrat ernsthaft bei der Entwicklung einer Strategie für die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz unterstützen soll, wird wohl das süsse Geheimnis der Finanzministerin bleiben. Aber man muss da eigentlich gar nicht so schwarz sehen. Für das weitere Unterzeichnen von Kapitulationsurkunden reicht’s allemal.
Prognosen, das ist bei Finanzanalysten so üblich, werden aufgrund der Fortschreibung vergangener Ereignisse erstellt. Obwohl diese Methode nicht immer eine grosse Trefferquote hat, weil die Zukunft überraschenderweise im Gegensatz zur Vergangenheit nicht vorhersehbar ist, wenden wir dieses Prinzip doch mal an. Die Strategie des Finanzplatzes Schweiz war in der Vergangenheit: Jeder gegen jeden, ständige Positionswechsel, begleitet von der Frage: Strategie, wie geht das? Ergänzt durch den Bundesrat mit seiner einfachen Strategie: Einknicken, kapitulieren, vorauseilender Gehorsam.
Braucht es da wirklich eine erweiterte Expertengruppe, um diese Strategie fortzusetzen?