Portugiesische Frauen und Männer mit künstlerischem Talent kommen im Ausland oft leichter zu Ruhm als im eigenen Land. Vor allem von London aus wirkte die international bekannte Malerin Paula Rego, die vor einigen Tagen im Alter von 87 Jahren gestorben ist.
«Ich male, um der Angst ein Gesicht zu geben», sagte einmal Paula Rego, die selbst Angst vor der Dunkelheit hatte und zeitweise an Depressionen litt. Wenn sie aus ihrem eigenen Leben erzählte, dann war ihre Sprache mitunter so entwaffnend direkt und grob wie die Pinselstriche auf ihren Bildern von Frauen, die sich zu Abtreibungen entschlossen hatten. Sie malte aber nicht nur Ängste. Auf Bildern mit Fabelgestalten, Monstern, bizarren Figuren und religiösen Anspielungen verspottete sie etwa auch die faschistoide Salazar-Diktatur, die in Portugal wütete. Ein Bild aus dem Jahr 1960 trägt den englischen Titel «Salazar Vomiting the Homeland».
Portugal war nicht das Land für sie
Ihre Gemälde, Zeichnungen und Gravuren, in denen sich Expressionismus, Surrealismus und Popart treffen und kreuzen, sprechen nicht immer auf den ersten Blick für sich. Für Klarsicht sorgt da die von ihrem Sohn Nick Willing gedrehte BBC-Dokumentation «Paula Rego, Secrets & Stories», der 2017 in die Kinos kam. Paula Rego erzählt darin unter anderem von ihrer Kindheit und von der Sexualität, die damals tabu war, von der ersten Menstruation und von den Belehrungen, dass sie Männern möglichst fernbleiben sollte. In ihren oft schreienden Bildern sind Kindheit und spätere Lebenserfahrung vielfach präsent.
Paula Rego kam 1935 in Lissabon als Kind einer gutbürgerlichen und liberal inspirierten Familie zur Welt. Portugal sei nicht das Land für sie, sagte ihr Vater. Mit nur 17 Jahren zog es Paula Rego an die Slade School of Fine Art in London, wo sie ihren späteren Ehemann und Vater ihrer drei Kinder, Victor Willing (1928–88), kennenlernte. Sie erzählte im Film nicht nur, wie sie ahnungslos die Jungfräulichkeit verlor, sondern auch, wie sie selbst mehrmals abtrieb, weil Empfängnisverhütung damals kein grosses Thema war.
Fortgezogen aber doch präsent
Die junge Frau kehrte 1957 nach Portugal zurück und lebte eine zeitlang im Fischerort Ericeira, nordwestlich von Lissabon. Sie liess sich in den 1970er Jahren aber endgültig in England nieder. Zwei Stipendien der reichen (im Jahr 1956 gegründeten) portugiesischen Stiftung Calouste Gulbenkian halfen ihr, wirtschaftliche Schwierigkeiten zu überwinden. Ab den 1980er Jahren lehrte sie zeitweise selbst an der Slade School of Fine Arts und machte sich international einen Namen.
Zu Ehren der Malerin gelte es nun, dafür zu sorgen, dass ein grosser Teil ihres Werkes in Portugal verbleibe, sagte Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa nach ihrem Tod. Paula Rego habe zwar nicht mehr in Portugal gelebt, aber ihr Land nicht verlassen.
Abtreibung auf Bildern im Präsidentenpalast
Ihre Verbundenheit mit Portugal trug Paula Rego sehr eindrucksvoll zur Schau, nachdem sich bei einem Referendum im Jahr 1998 nicht genügend Stimmen für eine Fristenlösung bei der Abtreibung gefunden hatten. Sie widmete den Frauen ihres Landes und dem Thema der illegalen Abtreibung einen Zyklus von Bildern, die der sozialistische Staatspräsident der Jahre 1996 bis 2006, Jorge Sampaio im Palácio de Belém, dem Amtssitz des Präsidenten, ausstellen liess.
Der im letzten September verstorbene Sampaio wie auch die Malerin waren dem Zeitgeist ihres Landes mit seiner oft provinziellen Mentalität voraus – und verstanden sich miteinander gut. Von Paula Rego stammt das offizielle Porträt von Sampaio. Sie durfte als erste Frau einen Präsidenten der Republik offiziell porträtieren.
Ein Orden von der Queen
In Portugal ist seit einigen Jahren schon ein Museum der Malerin und ihrem Werk gewidmet, nämlich die Casa das Histórias Paula Rego in Cascais, knapp 30 Kilometer westlich von Lissabon. In mehreren Ländern stand das Werk der Portugiesin aber auch im Zentrum von Retrospektiven, zuletzt im Picasso-Museum im südspanischen Málaga.
Paula Rego, 2010 von Queen Elizabeth zur «Dame Commander of the most Excellent Order of the British Empire» ernannt, ist am Mittwoch im Alter von 87 Jahren im Kreis der Familie in London gestorben. Portugal ehrte sie mit einer Staatstrauer.