In Paris findet soeben der zweite virtuelle Salon für Senioren statt - zugänglich nur über Internet. Soviel numerisches Geschick, mit weniger Mobilität, traut die Privatwirtschaft uns Alten zu. Zur Sicherheit kommt dann aber im November auch die dreitägige traditionelle Messe. Auf Englisch heisst die Seniorenwirtschaft hübscher "Silver Economy" in Anspielung auf unsere weissen Haare, sofern noch vorhanden. Die erste europäische Konferenz zur Seniorenwirtschaft war 2005 in Deutschland organisiert worden. Seither etabliert sie sich langsam, aber sicher als ein eigenständiger Wirtschaftszweig.
Während sich die Regierungen zunehmend ernstere Sorgen über die Finanzierung der wegen der Überalterung unaufhaltsam steigenden Gesundheitskosten, Pensionen und Sozialausgaben machen - man spricht von einem "Tsunami"! - freut sich die Privatwirtschaft auf steigende Einnahmen. Im Jahr 2020 wollen die alten Franzosen offenbar 130 Milliarden Euro ausgeben. Sie sparen weniger, aber konsumieren mehr. Nur der Automarkt nimmt um etwa 3 Prozent ab, weil die Alten keine neuen Autos mehr kaufen, die sie nicht mehr fahren dürfen.
Die Überalterung ist ein scheussliches Wort. Es suggeriert, dass wir eigentlich nicht mehr auf Erden sein sollten, obwohl die arbeitslosen, längst erwachsenen Kinder unsere finanzielle Hilfe brauchen. Und dies übrigens zur Entlastung des Staates. Sie hat zwei Gründe: den sogenannten Baby-Boom (auch so ein Wort) nach dem Zweiten Weltkrieg und die immer noch steigende Lebenserwartung (mit der Kehrseite der degenerativen Krankheiten). Seither hat man sich an die Ein- und Zweikinder-Familien gewöhnt, auch bei den Zugezogenen (auch so ein Wort), und damit an einen Rückgang der eingesessenen Bevölkerung.
In Frankreich wird 2030 ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Das sind dann nicht mehr nur die "Boomer", wie die Soziologen uns nennen. Aber sicher viele Neuabonnenten für "Unsere Zeit" (!) oder "Erfülltes Leben", wie die Seniorenzeitschriften hier heissen. Die sind für die "aktiven" Senioren - die überbeschäftigt sind - oder das "Drittel Alter". Denn bereits gibt es auch das "Vierte Alter": die, die nicht mehr recht mögen. Und da werden Sozialausgaben und kommerzielle Lockangebote nicht helfen. Menschliches wäre gefragt.
Die einträglichen Alten
Die Alten sind eine Belastung für den Staat. Und ein noch unausgeschöpftes Potential für die Seniorenwirtschaft.