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Kommentar 21

Die deutschen Grünen und der politische Diskurs

19. April 2021
Christoph Kuhn
Eines der interessantesten Politbücher, das gegenwärtig zu lesen ist, stammt vom Bundesvorsitzenden der deutschen Grünen, Robert Habeck, und trägt den Titel «Von hier an anders».

Habeck, der viel zur jüngsten Erfolgsgeschichte der Grünen beigetragen hat und mitverantwortlich dafür ist, dass sich die einst elitäre, von vielen belächelte Bewegung zu einer veritablen Volkspatei entwickelt, will in diesen Tagen verkünden, ob er oder die Co-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock als Kanzlerkandidat(in) in die Wahlen im nächsten Herbst zieht. Im Gegensatz zum selbstmörderischen Gemetzel, das sich CDU und CSU in dieser Frage leisten, wollen die Grünen das Problem einvernehmlich lösen: die Kandidatin und der Kandidat diskutieren so lange, bis sie sich einig sind, wer in den Ring steigen soll.

Um schwierige politische Problemstellungen geht es in Habecks Buch. Rhetorisch gewandt, schon fast beschwörend, entwickelt der Autor ein Politik- und Machtverständnis, das den egomanen, autoritären oder populistischen Tendenzen, wie sie den Zeitgeist beeinflussen, entschieden zuwiderläuft. Vor allem, wenn es um die in der Politik allgegenwärtige Machtfrage geht, möchte Habeck andere Fragestellungen, andere Antworten als die gemeinhin üblichen finden und propagieren. Als ehemaliger Umweltminister von Schleswig-Holstein weiss er, wovon er spricht. Der Inhaber eines Exekutivamtes ist ein Macher, hat Macht und muss sie umsetzen. Habeck interessiert dabei das «Wie». Der Machtinhaber soll Widersprüche aushalten, Polarisierungen entgegenwirken, andere Meinungen anhören und akzeptieren. Fehler eingestehen, Zweifel äussern. Einvernehmlichkeit herstellen und danach handeln, heisst nicht, dass man seine Ueberzeugungen preisgibt, sondern nur, dass man in einem akuten Fall einen Kompromiss eingegangen ist.

Habecks Versuche, die Machtfrage neu oder anders zu stellen und zu beantworten, mag auf lauter Selbstverständlichkeiten beruhen. Das ändert nichts an der Tatsache, dass in unseren «liberalen Demokratien», wie er sie nennt, diese Selbstverständlichkeiten selten bis nie eingelöst werden. Dem flüssig geschriebenen, leicht zu lesenden Buch Habecks kommt das Verdienst zu, uns an solche missachteten Elemente im politischen Diskurs dringlich zu erinnern.

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