Die letzte Runde fand im Oktober 2009 in Genf statt. Sie zeitigte einen Durchbruch in einer Nebenfrage, doch schon einen Monat später zogen die Iraner ihre Zugeständnisse wieder zurück. Diesmal möchten sich die Westmächte und die am gleichen Strang ziehenden Russen und Chinesen nicht ein weiteres Mal verprellen lassen. Die iranischen Diplomaten weichen seit nunmehr acht Jahren jeder konkreten Vereinbarung aus.
Ihr vorrangiges Ziel scheint Zeitgewinn zu sein, um bei der Entwicklung von Atomwaffen die Welt eines Tages vor vollendete Tatsachen zu stellen. Diese Einschätzung wird mittlerweile auch von Moskau und Peking geteilt. Unterschiedliche Meinungen bestehen nur in der Frage, ob das Mullah-Regime tatsächlich die Bombe bauen oder bloss die technischen Voraussetzungen dafür schaffen will.
Gerangel hinter den Kulissen
Die von der einen oder der anderen Seite vorgeschlagenen Verhandlungsdaten verstrichen bisher ungenutzt. Der jüngste Vorschlag der 5+1-Gruppe, übermittelt von der EU-Aussenministerin Catherine Ashton, ist ein Treffen am 5. Dezember in Genf. Die Iraner weisen das Datum nicht zurück, schlagen aber Istanbul als Austragungsort vor.
Wo die nächste Verhandlungsrunde über die Bühne geht, ist indessen völlig belanglos. Wichtig ist, worüber verhandelt werden soll. Der Sechsergruppe geht es um die Transparenz des iranischen Nuklearprogramms und Garantien, dass der Iran kein waffenfähiges Spaltmaterial herstellt. Die iranische Regierung verweigert aber Verhandlungen über ihr Nuklearprogramm mit dem Argument, dass dieses ausschliesslich friedlichen Zwecken diene und daher rechtmässig sei. Stattdessen will Teheran über die grundsätzlichen Aspekte der Sicherheit im Nahen und Mittleren Osten diskutieren – sprich: über die israelischen Atomwaffen.
Hinter den Kulissen wird heftig gerangelt. Vergangene Woche traf Russlands Präsident Dmitrij Medwedew seine iranischen Amtskollegen Mahmud Ahmadinedschad in Baku. Fortschritte im Atomdossier wurden keine gemeldet. Ahmadinedschad hielt an der harten Linie fest und forderte die Sechsergruppe auf, ihre „Aggressionen“ gegen den Iran einzustellen, wenn sie Verhandlungsergebnisse anstrebe. Die Sanktionen gegen sein Land verglich er mit „Mückenstichen“.
Wirksame Sanktionen
Der Westen setzt auf eine Mischung von Strafen und Anreizen, um den Iran auf den Weg der Vernunft zu bringen. Die Experten sind sich einig, dass die vom UNO-Sicherheitsrat verhängten und damit weltweit verbindlichen Wirtschaftssanktionen gegen Teheran weitaus wirksamer sind als die iranische Führung eingesteht. Uneinigkeit herrscht aber bezüglich der Zückerchen, die man den Iranern anbieten soll, um sie zum Einlenken zu bewegen.
US-Präsident Barack Obama will dem Iran „die Hand reichen“. Er schlägt eine Abänderung des vor einem Jahr misslungenen Deals vor. Danach sollten 1200 Kilo leicht angereicherten iranischen Urans zwecks Weiterverarbeitung zu Reaktorbrennstäben nach Russland und Frankreich transportiert werden. Der Iran besass damals 1800 Kilo auf knapp unter fünf Prozent angereichertes Uran. Die verbleibenden 600 Kilo hätten nicht genügt, nukleare Sprengsätze herzustellen. Bei der erforderlichen Anreicherung auf 90 Prozent des Isotops U-235 würden nämlich nur sechs Kilo übrig bleiben. Für eine Bombe des Hiroshima-Typs bräuchte es 15 Kilo.
Kritik an Obamas Plan
Seither sind aber die iranischen Bestände an leicht angereichertem Uran nach den Berichten der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) auf 2800 Kilo angewachsen. Es müssten also mindestens 2000 Kilo in Drittstaaten ausgelagert werden, um den Bau von Atombomben zu verunmöglichen. Es gibt keine Anzeichen, dass der Iran zu einer solchen Vereinbarung bereit wäre. Obamas Plan ist auch bei den westlichen Alliierten auf Kritik gestossen. Frankreich, Grossbritannien und Deutschland wenden ein, dass auf diese Weise die Anreicherung von Uran durch Teheran indirekt legitimiert und das vom Weltsicherheitsrat beschlossene Verbot unterlaufen würde.
Ungelöst bliebe auch die Frage, was mit den 30 Kilo Uran geschehen soll, das die Iraner nach eigenen Angaben bereits auf 20 Prozent angereichert haben. Diese Menge übersteigt bei weitem den Bedarf eines Forschungsreaktors in Teheran, dessen Brennstäbe nächstes Jahr erneuert werden müssen.
Als Mitglied des Atomwaffensperrvertrags hat der Iran durchaus das Recht, Spaltmaterial für zivile Zwecke herzustellen. Andere Nichtatomwaffenstaaten wie Deutschland, die Niederlande, Japan und Brasilien tun dies auch. Der Unterschied ist, dass der Iran schon mehrmals Uran-Anreicherungsanlagen versteckte und die Inspektoren der IAEO bei ihrer Arbeit behindert. In der explosiven Gegend sind Transparenz und Vertrauensbildung unerlässlich. Das gilt übrigens auch für Israel.