40 von 150 Stellen werden gestrichen. Dies bevor die Chefetage eine eigentliche Strategie präsentiert. Die Qualität der SDA wird dem Profitdenken geopfert. Es ist Zeit zu handeln. Der fürstlich entlöhnte SDA-CEO, Markus Schwab, ist überfordert. Im Interview mit der NZZ am Sonntag erklärte Schwab, die SDA sei einzig den Aktionären etwas schuldig, jede andere Anspruchshaltung könne er nicht verstehen. Wenn der SDA-Verwaltungsrat nun nicht reagiert, dürfte die Geschichte der 124-jährigen SDA bald zu Ende sein.
So gibt es Dinge, da denkt man, die könnten im Zeitalter der Kommunikations- und Unternehmensberater, der Interviewtrainings und der Medienschulungen nicht mehr passieren. Und trotzdem passieren sie. Da lese ich in der NZZ am Sonntag vom 28. Januar ein Interview mit dem aktuellen CEO der Schweizerischen Depeschenagentur SDA, Markus Schwab, und ich kann es kaum glauben. Der Mann, der mehr als 400’000 Franken im Jahr verdient, erklärt: „Wir haben jahrelang in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt. Jetzt müssen wir dieses Geld halt beanspruchen.“ Mit diesem Satz rechtfertig der studierte Betriebsökonom die Entlassung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche älter als 60 sind. Markus Schwab gibt sich hemdsärmelig und will sich beim Abbau von niemandem etwas vorschreiben lassen. „Wieso kommt man auf die Idee, dass wir eine Verpflichtung für einen Service Public haben?“ – „Die SDA ist nur ihren Aktionären etwas schuldig. Jede andere Anspruchshaltung verstehen wir nicht.“ [sic!] Das hat Markus Schwab so gesagt. Unglaublich, aber wahr.
Ohne SDA würde vielerorts gar nichts mehr gehen
124 Jahre lang war alles anders. Seit 1894 beliefert die SDA die Schweizer Zeitungen mit ihren unaufgeregten, qualitativ hochstehenden Artikeln – Service Public pur. Später dann wurde die SDA die Basis für alle Radios, TV-Stationen und dann auch fürs Internet. Ohne die SDA würde vielerorts gar nichts mehr gehen. Ihre Qualität ist unerreicht. Doch genau diese Qualität setzt die SDA-Führung nun aufs Spiel. Der Verwaltungsrat der SDA, welcher vom ehemaligen Präsidenten der Tamedia AG Hans Heinrich Coninx präsidiert wird, hat Schwab beauftragt, die Braut SDA für die bevorstehende Fusion mit der Bildagentur Keystone fit zu machen. Profit ist nun also gefragt und nicht mehr Qualität. Ab dem Jahre 2021 soll den Aktionären eine Dividende ausbezahlt werden. Etwas, das es in der 124-jährigen Geschichte der SDA noch nie gegeben hat.
Zuerst entlassen dann eine Strategie entwickeln
Das nicht gewinnorientierte Unternehmen wird dem Profitdenken geopfert. Darauf angesprochen, dass in einer SDA-Broschüre steht, dass das Unternehmen nicht gewinnorientiert ist, erwidert Schwab, diese Broschüre sei alt und habe keine Gültigkeit mehr. Dass auf der aktuellen Homepage steht, die SDA verfolge grundsätzlich keine Gewinnzwecke, dürfte dem CEO entgangen sein. Markus Schwab macht sowieso den Anschein, dass er trotz seinen 12 Jahren CEO die SDA nicht allzu gut kennt. Oder wie ist es zu erklären, dass Schwab im Interview sagt, er habe im letzten September zum ersten Mal mit den Medienunternehmen gesprochen, welche die Dienstleistungen der SDA beanspruchen und auch bezahlen. Er habe gemerkt, dass diese unzufrieden seien. Die Konsequenzen sind bekannt: Preissenkungen bei den Abonnements, prognostizierte Verluste, Abbaupläne, Entlassungen und nun eine publizistische Strategie entwickeln. Sie haben richtig gelesen. Im Interview mit der NZZ am Sonntag gibt der CEO der SDA zu, dass er zuerst einmal abbaut und entlässt und sich erst nachher überlegt, welche Leistungen die SDA erbringen sollte. Wäre ich im Verwaltungsrat der SDA, würde ich mich dafür einsetzen, dass dieser CEO nie mehr einen Schritt in das Gebäude der Schweizerischen Depeschenagentur macht. Leider sind es aber eben genau diese Verwaltungsräte, welche Schwab zum Abbauen und Entlassen beauftragt haben.
Der Bund muss einen Plan B für die SDA entwickeln
Gefordert ist in den nächsten Wochen der Bundesrat. Er will entscheiden, ob er zusätzlich zum Abonnement des Bundes (2.7 Mio. Franken jährlich) die SDA mit zwei weiteren Millionen subventioniert. Politiker aus allen Lagern werden das zu verhindern versuchen. Denn, solange die SDA ihren Aktionären auf Kosten der Qualität die Gewinne weiterreicht, dürfte der Bund wohl kaum Geld einschiessen. Wünschenswert wäre, dass sich der Bund mit den Verlegern an einen Tisch setzt und ernsthaft diskutiert, wie die hohe Qualität der SDA in Zukunft aufrechterhalten werden kann. In diesem Fall würde möglicherweise das Parlament auch den Kauf eines grösseren Aktienpaketes unterstützen. Der Kampf für eine qualitativ hochstehende Berichterstattung bei der SDA jedenfalls lohnt sich. Denn die SDA ist die Seele der Schweizer Redaktionen.