Das Abgeordnetenhaus in Washington D.C. hat in zwei Anklagepunkten entschieden, Präsident Donald Trump seines Amtes zu entheben. Überraschend war das Ergebnis der Abstimmung nicht, denn sie verlief mit wenigen Ausnahmen entlang den Parteilinien: Demokraten dafür, Republikaner dagegen. Nun muss der Senat dem Präsidenten den Prozess machen und er wird ihn aller Wahrscheinlichkeit nach freisprechen, erneut entlang Parteilinien: Demokraten dagegen, Republikaner, in der kleinen Kammer die Mehrheit, dafür.
Die Debatte vor der Abstimmung im «House» jedoch war ein Schauspiel, wie es einer Demokratie wie der amerikanischen höchst unwürdig ist – trotz aller politischen Differenzen. Während die Repräsentanten auf der einen Seite in erster Linie aufgrund von Fakten argumentierten, die sie aufgrund von Befragungen erhärtet hatten, flüchteten sich die Abgeordneten der anderen Seite in Beschimpfungen, Lügen und Verschwörungstheorien.
Statt Donald Trump aufgrund der Faktenlage zu verteidigen, griffen die Republikaner die Demokraten in einer Art und Weise an, die sie diskreditieren und unwählbar machen würde, gäbe es im Lande nicht jenen Kosmos alternativer Fakten, den rechte Medien wider besseres Wissen zynisch befeuern. Ein Republikaner aus Georgia verglich den politischen Gegner mit Pontius Pilatus, ein Parteikollege aus Pennsylvania sah in den Demokraten jene, die Jesus töteten und nicht wissen, was sie tun.
Ein anderer Repräsentant aus Pennsylvania setzte das Impeachment-Verfahren mit dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbour gleich, während ein republikanischer Abgeordneter aus Iowa sagte, die Demokraten seien «in die grösste und massivste Vertuschung einer solchen Liste von Verbrechen gegen unser Land» involviert. Niemand stehe über dem Gesetz, argumentierten wiederholt die Demokraten, von einer «Farce» und einem «traurigen Tag» sprachen unermüdlich die Republikaner.
Auch Donald Trump mischte sich, wenig überraschend, via Twitter in die Debatte ein und ortete in Grossbuchstaben «SCHÄNDLICHE LÜGEN» oder einen «ANGRIFF AUF AMERIKA». Und beleidigte in der Folge bei einem Wahlkampfauftritt in Michigan die lokale Abgeordnete Debbie Dingell, die für ihren verstorbenen Mann John ins Haus nachgerückt war und gegen den Präsidenten gestimmt hatte. Er würde ihr vielleicht «von unten», d. h. aus der Hölle zusehen, twitterte Trump. «Es war, als hätte er (Trump) mich in den Bauch getreten», erinnerte sich die Politikerin gegenüber CNN.
In ihrem Leitartikel nach der Abstimmung hat die «New York Times» eingeräumt, dass zwar auch die Demokraten nicht davor gefeit sind, parteipolitische Spiele zu spielen. Sie hätten aber zumindest Anhörungen abgehalten und versucht, Belege zu finden für Donald Trumps Machtmissbrauch im Fall der Ukraine und den Versuch, diesen zu vertuschen.
Die Republikaner aber, so das Weltblatt, würden im Senat wahrscheinlich beides nicht tun, wie das Mehrheitsführer Mitch McConnell bereits angekündigt hat. Der Politiker aus Kentucky hat auch versprochen hat, das ganze Verfahren mit dem Weissen Haus abzusprechen. Der Angeklagte soll entscheiden können, wie gegen ihn prozessiert wird, allenfalls ohne Zeugenaufruf.
«Am Ende dürfte die Amtsenthebung im Haus das Land kaum vor Mr. Trumps Machtmissbrauch bewahren, weil seinen führenden Parteikollegen der Machterhalt wichtiger ist als die Prinzipien, für die sie angeblich stehen», heisst es im «Times»-Leitartikel: «Der einzige Weg, die Demokratie in Amerika zu beschützen für jene, die das wollen, ist es, sie umzusetzen und diese Leute abzuwählen.»