Die Gegnerschaft der Vollgeld-Initiative ist breit aufgestellt, denn es stehen Interessen der Banken auf dem Spiel, die ihre grosszügige Lohnpolitik überdenken müssten, wenn sie darauf angewiesen wären, ohne das Geld auszukommen, das sie selber herstellen können. Zeit ein paar Behauptungen der Gegner zu hinterfragen, denn Argumente sind weit und breit keine in Sicht.
Das Experiment
Behauptung Nummer eins: Die Vollgeld-Initiative sei ein einmaliges Experiment, ohne Vorbild. Man solle sich deshalb auf das bewährte System verlassen.
Das Gegenteil ist der Fall. Das heutige System ist ein Experiment, Vollgeld war in der Geschichte meist die Regel. So lange es Geld gibt, haben sich die Herrschenden – das waren früher meist Könige und Kaiser, das Recht herausgenommen, Geld zu schaffen. Meist mit ihrem eigenen Bild auf der Münze. Wenn man schon die Macht hatte im Staat, gab es keinen Grund, dieses Privileg abzugeben.
Das war in der Schweiz nicht anders. Geld herzustellen war ein Privileg. Dies kam ins Wanken, als erste Banken, die meist aus Handelsgesellschaften entstanden, anfingen Papiergeld herzustellen. Allerdings mit einem recht grossen Risiko für die Besitzer dieser Banknoten. Also hat der Staat sich das Recht wieder zurückgenommen und darauf beharrt, dass nur noch die Nationalbank Papiergeld und Münzen herstellen darf. Soweit die Regel.
Nun ist wieder ein neues, das elektronische Zeitalter, angebrochen und sofort haben die Banken das Privileg, Geld zu schöpfen, an sich gerissen. Das ist das Experiment und wohin es führt, wissen wir noch nicht. Wir wissen nur, dass wenn in der Wirtschaftsgeschichte die Geldmenge so hemmungslos ausgeweitet wurde, dies meist zu einer Krise führte. Und Negativzinsen sind ebenfalls ein Phänomen, das man durchaus als experimentell bezeichnen darf. Es führt im Moment zu einer enormen Umverteilung in der Schweiz und bringt vor allem die Pensionskassen in ärgste Schwierigkeiten. Wie dieses Experiment der privaten Geldschöpfung durch die Banken ausgehen wird, ist mehr als fraglich.
Warum also vom Experiment «private Geldschöpfung» nicht auf die Regel «staatliche Geldschöpfung» gewechselt werden soll, ist von den Gegnern nie dargelegt worden. Den andern den Experimentcharakter vorzuwerfen, ist zwar politisch ein netter Versuch, aber ökonomisch belanglos.
Kreditvergabe
Zweite Behauptung: Es sei durch Privatbanken nicht mehr möglich, Kredite zu vergeben. Wer so etwas behauptet, ist entweder böswillig oder ökonomisch ungebildet. Jeder kann – unabhängig davon, wer das Geld schöpft – Kredite vergeben Das zeigt schon die triviale Tatsache, dass jeder einem andern 100 Franken ausleihen kann, auch wenn er nicht selber Geld schöpft.
Was natürlich der wesentliche Unterschied ist, wenn man selber Geld drucken darf, ist mit einem kleinen Gedankenexperiment schnell erklärt.
Stellen Sie sich zwei Nachbarn vor. Der eine davon kriegt vom Staat gratis das Recht, Geld zu schöpfen. Nun bauen beide ein Haus. Man merkt schon hier, wem es einfacher fallen wird, sein Haus zu bezahlen. Es kommt aber noch besser. Weil der Nachbar mit der Geldmacherlizenz dem andern auch sein Haus gönnt, gibt er ihm einen Kredit. Kein Problem, er kann ja Geld schöpfen. Kommt der andere aber in finanzielle Schwierigkeiten, dann fällt das Haus an jenen, der Geld schaffen konnte und ihm den Kredit gab. Dank seiner Geldschöpferlizenz hat er, trotz Krise, zwei Häuser. Das ist natürlich sehr vereinfacht, zeigt aber was wesentlich ist: Geld schöpfen ist ein Privileg mit enormen Vorteilen.
Dass die Politiker und die Verwaltung ein paar Regeln und Aufsichtsbehörden aufgestellt haben, damit nicht jeder Geld schöpfen kann, sondern nur Banken, welche diese Anforderungen erfüllen, erhöht zwar die Sicherheit des Systems, aber – und das ist der springende Punkt – es rechtfertigt in keiner Weise, weshalb jemand vom Herrscher – und in der Schweiz ist dies das Volk – kostenlos dieses Privileg erhalten soll, welches nur Vorteile beinhaltet.
In der Regel haben die Herrscher in der Vergangenheit die Experimente mit neuen Geldformen beendet und dieses Privileg, welches ihnen kurzzeitig entglitt, wieder an sich genommen.
Nicht können oder nicht wollen?
Dritte Behauptung: Die Nationalbank wolle und könne das nicht. Zu präzisieren ist: Es ist Herr Jordan, der nicht will und nicht kann. Einer, der, um es vorsichtig zu formulieren, grössere Probleme hat, die Geldmenge unter Kontrolle zu halten. Ein Nationalbankpräsident wäre nach Annahme der Initiative leicht auszuwechseln durch eine Person, die das will und kann. Die Vorgänger im Bankenpräsidium, welche das Banknotenexperiment der Privatbanken beendeten und die Noten-Geldschöpfung als Nationalbank übernahmen, konnten das auch – problemlos.
Bei der Vollgeld-Initiative geht es einzig und allein darum, ob das Volk den Banken kostenlos ein Privileg überlassen will, das eigentlich ihm zusteht. Alles andere sind, wie oben dargelegt, leere Behauptungen.