Jahrelang bestand der Fortschritt in der Erhöhung der Pixelzahl. Je mehr Pixel, desto besser. Das ist nachvollziehbar, denn mit der Erhöhung der Pixelzahlen steigt die Abbildungsgenauigkeit und die Vergrösserungsfähigkeit der Bilder. Pixel sind das, was beim konventionellen Film das Korn ist. Sie sind elektronische Nachbildungen des Korns. Ein klassische Analogfilm hat bis heute wesentlich mehr Körner als ein Sensor Pixel, sieht man einmal von Spitzenmodellen im Profibereich ab.
In dem Masse, wie die Pixelzahlen steigen, konzentrieren sich die Konstrukteure auf die Objektive. Solange die Sensoren relativ ungenaue Abbildungen lieferten, konnte man die Qualität der Objektive vernachlässigen. Das änderte sich, und zudem entstanden ganz neue Herausforderungen. Denn in der Regel sind Sensoren deutlich kleiner als die 24 x 36 mm grosse Fläche eines Kleinbildfilms. Entsprechend mussten die Objektive für diese zum Teil winzig kleinen Flächen vollkommen neu konstruiert werden.
Das Problem der Lichtstärke
Eine weitere Anforderung an die Objektive kommt hinzu. Die Objektive sollen stufenlos einen möglichst grossen Brennweitenbereich abdecken, also zoomen können. Das ist im Prinzip nichts Neues. Zoomobjektive gibt es schon lange. Aber sie haben den erheblichen Nachteil, dass ihre Abbildungsgenauigkeit schlechter ist als die der Objektive mit festen Brennweiten - jedenfalls im Consumerbereich. Und: Die Lichtstärke liegt deutlich unter den Werten der festen Brennweiten – jedenfalls im Durchschnitt.
Was ist Lichtstärke? Es geht dabei um die Frage, wie viel Licht ein Objektiv in die Kamera lenkt. So ist ein Objektiv mit 1:2.0 deutlich lichtstärker als eines 1:2.8. Wenn man zum Beispiel mit Blende 2,0 eine 1/100 Sekunde belichten kann, ist man bei Blende 2,8 schon bei 1/50 Sekunde. Bei Blende 5,6 muss man auf 1/25 Sekunde gehen. Spätestens ab dieser Belichtungsdauer besteht, jedenfalls ohne Bildstabilisator, die Gefahr der Verwackelung.
Zoomobjektive haben mehrheitlich geringere Lichtstärken als Festobjektive. Die angegebenen Lichtstärken schwanken zudem, je nachdem, welchen Zoomfaktor man gerade wählt. Nutzt man den Zoomeffekt in der Weise, dass man entfernte Objekte heranzoomt, gilt der ungünstigste Wert, der vorne auf dem Objektiv angegeben ist.
Elektronische Kompensation
Die digitalen Kameras kompensieren diesen Nachteil der Objektive elektronisch, indem sie die schwächeren Lichtimpulse in stärkere elektrische Signale umsetzen. Es ist so, als ob man einen empfindlicheren Film einsetzte. Für die meisten Benutzer läuft dieser elektronische Trick unbemerkt ab. Inzwischen ist die Technik auch so weit, dass elektronisch simulierte Filmempfindlichkeiten von deutlich über 800 ASA ohne störende Nebeneffekte wie Bildrauschen möglich sind, wobei man jeweils die einschlägigen Testberichte konsultieren sollte, weil es da zwischen den einzelnen Kameras erhebliche Unterschiede gibt.
In den vergangenen beiden Jahrzehnten haben die Konstrukteure der Objektive Erstaunliches geleistet. Die Abbildungsschärfe hat trotz der leichten und kompakten Bauweise enorm zugelegt, ebenso die Verzeichnungsfreiheit. Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass der massenhafte Einsatz von kompakten Überwachungskameras einen wichtigen Beitrag zu diesem Innovationsschub geleistet hat.
Die kleinen Bildsensoren
Von einer herkömmlichen analogen Kamera unterscheidet sich eine digitale nicht einfach durch die Tatsache, dass an die Stelle eines Films ein Sensor eingebracht worden ist. Vielmehr sind diese Kameras hoch komplexe Rechner, die die eingefangenen Lichtimpulse sofort nach ganz bestimmten Kriterien verarbeiten. Es finden erste Farbkorrekturen statt und dort, wo das Programm klare Linien erkennt, werden diese sauber abgebildet. Das führt dazu, dass eine Digitalkamera im unteren und mittleren Preissegment klare Konturen sehr schön wiedergibt. Wenn aber aus der Ferne Laub, Rasen oder leicht gekräuselte Wasserflächen abzubilden sind, weiss das Programm nicht weiter und liefert nur noch unstrukturierte Flächen. Man merkt richtig, wie das Programm „rät“.
Nicht nur die Objektive sind von erstaunlich kleinen Ausmassen, sondern auch die Bildsensoren. Die Hersteller verschleiern diese Tatsache, indem sie die Masse nur indirekt angeben. Dazu folgende Vergleiche: Das Kleinbildformat des klassischen Films hat 24 x 36 Millimeter. In den mittelpreisigen digitalen Kameras zwischen 600 und 1000 Franken werden überwiegend Sensoren eingebaut, die irgendwo zwischen 1/1,6 Zoll und 1/ 2,3 Zoll liegen. Im Klartext heisst das: 1/1,6“ entspricht 8,44 x 6,33 mm, 1/ 2,3“ entspricht 9 x 6,75 mm. Es geht auch noch kleiner: 1 /2,5“ bedeutet 5,40 x 4,05 mm. Und auf diesen kleinen Sensoren werden bis zu 14 Millionen Pixel untergebracht !
Sony macht in diesem Preissegment neuerdings mit einer kompakten Kamera für Wechselobjektive eine Ausnahme und liefert einen Sensor mit 23,4 x 15,6 mm. Sensoren in dieser Grössenordnung findet man sonst nur im Segment der semiprofessionellen und professionellen Kameras, die bis zum Kleinbildformat oder im obersten Preissegment sogar darüber hinaus gehen können. Diese Kameras sind nicht nur teuer, sondern auch gross und schwer. Das kompakte Gehäuse von Sony wiederum ist so klein und so leicht, dass es hinter den meisten Objektiven geradezu verschwindet und auch kein gutes Gleichgewicht mit ihnen bildet.
Minicomputer mit Sensor und Objektiv
Kleine Sensoren haben den Vorteil, dass man (Zoom-) Objektive mit langen Brennweiten extrem kompakt, also auch kurz bauen kann. Der Nachteil liegt zum einen in der Abbildungsgenauigkeit. Zum anderen haben die Hersteller in den vergangenen Jahren erkannt, dass zu viele Pixel auf zu kleinen Flächen eher zu schlechterer Signalverarbeitung führen. Deswegen haben sie im mittelpreisigen Segment für anspruchsvollere Fotografen die Pixelzahl auf 10 Millionen beschränkt.
Trotz aller Nachteile sind die winzigen Sensoren Wunderwerke der Technik, die ohne die ausgeklügelten Computerprogramme keine brauchbaren Ergebnisse liefern würden. Man hält einen Minicomputer mit Sensor und Objektiv in der Hand. Hierin liegt die eigentliche Problematik. Denn eine Kamera ist heute auch deswegen „besser“ als die Vorgänger, weil sie viele Funktionen anbietet, die sich aus der Computerisierung wie von allein ergeben. Dazu gehören diverse Motivprogramme, Video und eine „Benutzerfreundlichkeit“, die dem „Einsteiger“ oder „der ganzen Familie“ entgegen kommt. Natürlich kann man das alles abschalten und sich die Kamera selber einrichten, aber es bleibt das fade Gefühl, etwas zu kaufen, das an den Vorstellungen einigermassen kundiger Fotografen von einer „guten Kamera“ weit vorbei geht.
Wie wirkt sich diese Benutzerfreundlichkeit auf die Bedienung aus, wie ist überhaupt das Handling der digitalen Alleskönner? Dazu die nächste Folge der Notizen zur Fotografie.