Er steht auf der Bühne, strahlt wie ein Bub vor dem ersten Töffli, beschreibt mit weit ausholenden Armbewegungen das Programm, das die Zuhörer erwartet und kündigt die Musiker mit einer Intensität und Begeisterung an, dass seine Worte fast übereinander purzeln. Dann begibt er sich nicht auf einen Ehrenplatz in der ersten Reihe im Saal, sondern hinter oder neben die Bühne, um umzustellen, Hand anzulegen, zu organisieren, kurz: um jederzeit zum Einsatz bereit zu sein. Hinter oder neben der Bühne sieht man ihn denn auch zuhörend, im Takt sich wiegend, mit dem Kopf Musikfolgen nachgehend, versonnen geniessend und zur Abwechslung ansatzweise dirigierend.
Er lebt die Musik, die er nach Basel geholt hat: Urs Blindenbacher, der Gymnasiallehrer aus dem basellandschaftlichen Oberwil, bringt seit 1976 Jazzkonzerte nach Basel. Seit 1990 organisiert er das Offbeat Jazzfestival Basel – auch, so der Eindruck, zu seinem eigenen Vergnügen. Denn nach den fast durchwegs gelungenen Konzerten der oft wegen ihm nach Basel gekommenen Jazz-Grössen brodelt seine Begeisterung über und es kommt vor, dass er jeden umarmt und küsst, der ihm in die Quere kommt. Auch Fremde.
Am Samstag Ende Monat ist es wieder soweit. Vom 30. April. bis 30. Mai werden 200 Musiker aus den USA, Italien, Grossbritannien, Polen, Schweden, Spanien, Frankreich und dem Nahen Osten in 28 Konzertprojekten im Casino und im Theater Basel und der Gare du Nord , auf dem Barfüsserplatz und in den Basler Strassen gastieren. (Die Konzerte ausserhalb des Casinos und des Theaters sind Jazzbegeisterten gratis zugänglich.)
Vier Themen stehen dieses Jahr im Vordergrund: Bigbands wie die von George Gruntz im Casino; die JSB Bigband und das GLJazzorchester treten auf dem Barfüsserplatz auf. Indes soll die „Funk Off“ aus Florenz die Strassen von Basel „aufheizen“. Dann grosse Stimmen wie die von Dianne Reeves, Bobby McFerrin, oder Norma Winstone, weiter legendäre Pianisten wie bei Piano Dreams im Schauspielhaus und dem Bobo Stenson Trio und schliesslich die „Strings in Jazz“ mit Nigel Kennedy, dem Zürcher Tobias Preisig und „Violin in Jazz“- Events der Jazzschule Basel. Urs Blindenbacher sagt dazu: „Geige ist ja kein typisches Jazzinstrument wie Tenorsaxaphon oder Gitarre. Dennoch bringt sie spezielle Aspekte des Jazz hervor, wie sie seit dem legendären Zusammenspiel des Gitarristen Django Reinhardt mit dem Violinisten Stéphane Grappelli bekannt sind. Dieses Duo war in den 30er-Jahren ein Sensationserfolg.“ Und diese Art von Musik wird es vielleicht auch heute wieder.
Besonders freut sich der Organisator auf Rita Marcotullis „Omaggio Ai Pink Floyd“ am 13. Mai im Stadtcasino, denn Pink Floyd ist wahrscheinlich der grösste Stern an seinem Musikfirmament, sowie die „Oriental Night“ mit dem live vertonten Stummfilm der 20er-Jahre. Woher nimmt Urs Blindenbacher neben Schule, Theaterpädagogik, Regie und Familie die Energie, um all diese Projekte zu realisieren? „Eben dies: Projektarbeit und konzeptionelles Schaffen beflügeln mich. Ausserdem hat sich das Publikum in Basel vergrössert und massiv verändert: Es ist heute nicht nur kenntnisreich, sondern direkt verwöhnt geworden.“ Dem muss ein Organisator natürlich Rechnung tragen.