In immer mehr Kreisen der Schweizer Bevölkerung steigt die Skepsis gegenüber der Zuwanderung in unser Land. Kritik an der gegenwärtigen Situation weitet sich aus. Handeln ist angesagt.
Dichtestress, Wohnungsmangel, Verkehrsüberlastung, drohende Überforderung der Notfallstationen in Spitälern, steigende finanzielle Belastung des Sozialstaates, Raum- Engpässe und schlechte Erfahrungen im Schulbereich: Die Liste der negativen Folgen der zunehmenden Einwanderung wird länger und länger. Natürlich sind bei dieser Aufzählung auch andere Gründe wirksam, doch ist es nicht von der Hand zu weisen: Der Zuwachs der Bevölkerung in der Schweiz um 150’000 Personen im Jahr 2023 ist zu hoch. Gemäss einer neuen repräsentativen Befragung sind zwei Drittel der Befragten beunruhigt und erwarten von Bern eine Reaktion. Dort herrscht Ratlosigkeit.
Parteipolitischer Zankapfel
Wenn in unserem Land drängende Probleme während Jahren zuerst mehrheitlich ignoriert, dann schöngeredet, zuletzt für offenen Schlagabtausch zwischen den Parteien sorgen, spätestens dann können wir davon ausgehen, dass es so nicht weitergehen kann. Mit der einst vielgerühmten Konsensfähigkeit der Schweizer Demokratie ist es ja eh längst vorbei. Die Partikularinteressen der Parteien verhindern die ganzheitliche Sicht auf jene Konflikte, deren Lösungen prioritär verhandelt werden müssten. Sie verzögern und verhindern überfällige, mutige und zukunftsfähige Entscheidungen, ja, sie führen zu Lähmung und Stillstand. So seit Jahren im Gesundheitswesen und in der Altersvorsorge, neu auch im Zuwanderungsbereich?
Das Palaver um Massnahmen und Anreize
Geredet wird im Bundeshaus viel. In Aussicht gestellt werden im Migrationsbereich Massnahmen im Asylbereich, Integrationsanreize, Gespräche mit der EU über eine Schutzklausel – wenn möglich, irgendwann, in Zukunft? Vielleicht halten sich die politischen Parteien deshalb vornehm zurück, weil sie den Eindruck verhindern möchten, sie wollten auf dem SVP-Dampfer «Keine 10-Millionen-Schweiz» an Bord gehen. Wenn unsere National- und Ständeräte befürchten, dass ihr Einsatz für Sofortlösungen im Volk deswegen falsch verstanden wird, darf im Gegenteil spekuliert werden: Diese Zurückhaltung und der bisher fehlende Wille zu mehr Engagement im Asylwesen haben zur Folge, dass in der Bevölkerung der Unmut wächst. «Die da oben» würden ja nichts gegen das aufkommende Malaise unternehmen.
Wie auch in anderen europäischen Ländern mit ähnlichen Zuwanderungsproblemen besteht in der Schweiz die latente Gefahr, mit dieser Haltung die extremen Rechtsaussenkräfte zu stärken. Diese plädieren bekanntlich für eine Alternative zum bestehenden Demokratiesystem, eine Aussicht, die abschrecken muss. Denn was ist ihr Ziel? Ein autoritäres, ultranationalistisches Gesellschaftssystem anstelle unserer Demokratie.
Schweizer Politikerinnen und Politiker, die dem Volk wiederholt erklären, weshalb ihnen die Hände gebunden sind, um griffige Massnahmen gegen einen zu grossen Zuwanderungsstrom zu unterstützen, sollten rasch umdenken. Handeln lautet das Gebot der Stunde, um Schlimmeres zu vermeiden. Auch EU-Länder denken so.
Illegale Migration nicht länger dulden
Auch wenn wir wissen, dass Menschen auf der ganzen Welt versuchen, Armut, Konflikten oder Kriegen zu entfliehen, heisst das nicht, dass wir aus humanitären Gründen so viele von ihnen aufzunehmen haben, dass unser eigenes demokratisches System aus den Fugen gerät. Ob Beat Jans und sein Departement dies überhaupt realisieren, wenn der Bundesrat behauptet, sein Spielraum sei ausgeschöpft? Wir werden nicht darum herumkommen, eine wirksame Schutzklausel einzuführen. Die entsprechenden Verhandlungen mit der EU müssen mit Druck, hoher Motivation und belegbaren Zahlen geführt werden.
Es gilt insbesondere, beim unablässigen Zustrom junger, muslimischer Männer ohne völkerrechtlichen Flüchtlingsgrund und deshalb ohne Asylberechtigung konsequent durchzugreifen. Dies müssen wir zum Beispiel vor dem Hintergrund der Millionen junger Maghrebiner tun, die aus Perspektivenlosigkeit in ihrer Heimat Arbeitsplätze im Ausland suchen wollen.
Abgewiesenen Asylbewerbern, die vorläufig aufgenommen sind, muss der zu einfache Zugang zu unserem Gesundheits- und Sozialsystem eingeschränkt werden. Zum Beispiel beklagt sich das Personal der Notfallstationen der Spitäler darüber, dass «Patienten» mit kleinsten Übeln einfach bei ihnen hereinmarschieren und so die Kapazitäten (reserviert für Notfälle) blockieren. Dass unser Land solche Situationen nicht in den Griff bekommt, ist sicher ein Grund für die andauernde Attraktivität der Schweiz als Zielland.
Da wir uns aber durchaus bewusst sind, dass unsere Wirtschaft auf Fachkräftenachwuchs aus dem Ausland angewiesen ist, sollten auch störende, interne Fehlanreize ausgemerzt werden. Warum erschweren wir den Zugang zum Ärzteberuf mit einem Numerus clausus und beklagen gleichzeitig den akuten Ärztemangel?
Vorbild Schweden?
Schweden (Mitglied der EU) hat vor mehreren Jahren seine früher grosszügigen Einwanderungsbedingungen angesichts von katastrophalen Erfahrungen drastisch verschärft. Die Konsequenzen sprechen für sich: Im ersten Halbjahr 2024 zählte das Land noch 5600 Asylgesuche (Schweiz: 14’000). Zum ersten Mal wanderten dort mehr Menschen aus statt ein (Schweiz: Einwanderungssaldo 41’000 im gleichen Zeitraum). Dies dank radikaler Grenzkontrollen. Im Gegenzug in der Schweiz die Situation im Zug von Mailand in Chiasso: Wer kommen will, kommt. Es patrouillieren zwar auf den Perrons eindrücklich ausgerüstete Personen des Grenzschutzes, doch von einer wirksamen Kontrolle kann keine Rede sein.
Neu wird in Schweden der Flüchtlingsstatus nach drei Jahren überprüft. Er kann verfallen, wenn sich im Herkunftsland die Situation geändert hat. 2023 wurden so 11’000 Aufenthaltsbewilligungen entzogen (Schweiz: ?). Überdies wird der Familiennachzug erschwert und es werden finanzielle Anreize zur freiwilligen Rückkehr der Asylanten ausgerichtet.
Situation in unseren Nachbarländern
Über 70 Prozent beträgt der Anteil der Einwanderung in die Schweiz aus EU- und Efta-Ländern. Diese Menschen finden in den meisten Fällen in der Wirtschaft Arbeit und sind dort sehr willkommen. Es stellt sich jedoch die Frage, weshalb vor allem aus Deutschland, Frankreich, Italien so viele freiwillig in der Schweiz leben und arbeiten wollen. Könnte es sein, dass dies mit den politischen Situationen in diesen Ländern zu tun hat? Ampel-Regierung, Macron-Regierungsdebakel, Meloni-Zerwürfnis? Der wirtschaftliche Stillstand in diesen Ländern hängt unmittelbar mit dem Politstillstand zusammen.
Im September 2024 hat Deutschland erneut seine Grenzkontrollen gegen die illegale Einwanderung verstärkt. Unsere Behörden wiegeln ab. Sie behaupten, diese Massnahme sei wenig wirksam. Könnten wir da in der Schweiz als Nicht-EU-Land das Gegenteil beweisen? Und gar etwas lernen?
Konklusion
In Zeiten, in denen auch der Menschenstrom von Asylsuchenden von ausserhalb der EU-Länder anschwillt, ist von den verantwortlichen Behörden neues Denken gefordert. Das heutige System ist überfordert, es bedroht die Sicherheit, die Stabilität und den politischen Konsenswillen unseres Landes. Es kann nicht sein, dass Asylgewährung und Unmöglichkeit der Rückführung abgelehnter Asylgesuche zu einer Situation führen, in der diese Richtlinien höher gewichtet werden als die geltenden Spielregeln unserer relativ stabilen Konkordanzdemokratie.
Längst haben auch EU-Staaten (z. B. Schweden und Dänemark) diesbezüglich reagiert und ignorieren die entsprechenden EU-Richtlinien. Es muss – als Beispiel – eine Option sein, Menschen mit abgelehntem Asylgesuch, die nicht gewillt sind auszureisen, zu inhaftieren. Zu lasche Tätigkeit der verantwortlichen Behörden («uns sind die Hände gebunden») führt dazu, dass die Schweiz immer stärker als Auswanderungsziel in den Fokus jener jungen Menschen gerät, die ihre Heimat verlassen wollen, auf Arbeitssuche, ohne politische Verfolgung. Dieses falsche Signal muss geändert werden.