Amerikanische Kriegsschiffe zerstörten, den amerikanischen Aussagen nach, drei Radarstationen an der jemenitischen Küste in jenem Teil Jemens, der von den Huthis beherrscht wird. Dies kam, nachdem die Huthis versucht hatten, von der Küste aus amerikanische Kriegsschiffe mit Raketen zu treffen, sie aber verfehlt hatten.
Die Raketen der Huthis
Zwei der Raketen, die auf den amerikanischen Kreuzer "Mason" zielten, waren am 9. Oktober nach amerikanischen Angaben harmlos ins Wasser gefallen. Eine weitere, die am nächsten Tag auf das Kriegsschiff "Nitze" abgefeuert wurde, habe ebenfalls keinen Schaden angerichtet, weil sie entdeckt worden sei und der Kreuzer Schritte zu seiner Verteidigung unternommen habe, sagten die amerikanischen Sprecher
Die Raketen der Huthis waren der Versuch einer Antwort auf den Luftangriff der saudischen Koalition auf eine Begräbnisversammlung in Sanaa vom 7. Oktober, der 140 Menschenleben kostete und über 500 Personen verwundete. Bei den Begräbnissen in den Tagen danach, die in Sanaa stattfanden, wurde klar, dass sich unter den Opfern des Luftangriffs mehrere hoch gestellte politische und militärische Führungspersonen der Huthis befanden. Einige waren von Generalsrang, andere Oberste und Brigadiere.
Raketen auch gegen Saudi Arabien
Die Huthis feuerten auch, nach saudischen Angaben, eine Rakete auf die saudische Luftbasis von Khamis Mushait ab. Sie wurde, so die saudischen Militärs, abgefangen und in der Luft zerstört. Khamis Mushait, rund hundert Kilometer von der jemenitischen Grenze entfernt, ist die Hauptbasis, von der aus die saudischen Luftangriffe auf Jemen geführt werden.
Der erwähnte Angriff war der fünfte Versuch der Huthis, diese Basis mit Raketen zu treffen. Die Huthis sollen auch eine ballistische Rakete auf den Luftstützpunkt der Stadt Taif abgefeuert haben, die weit entfernt von Jemen liegt. Ebenso eine Rakete auf die jemenitische Stadt Marib, östlich von Sanaa, die von den jemenitischen Gegnern der Huthis besetzt ist. Keine soll Schaden angerichtet haben.
Raketen – iranischer Herkunft?
Diese Raketen sind in erster Linie erwähnenswert, weil sie sich im Arsenal der Huthis befanden. Die Huthis können sie nur von Iran erhalten haben. Schon vor dem blutigen Luftangriff von Sanaa auf die Begräbnisversammlung hatten die Huthis ein Handelsschiff der VAE (Vereinigte Arabische Emirate) in der Meerenge von Bab al-Mandeb mit einer Rakete angegriffen, und diese erreichte ihr Ziel. Die Behörden der VAR erklärten, einige Mitglieder der Besatzung seien verwundet worden. Die VAE ist zusammen mit Saudi Arabien das aktivste Mitglied der sechs Staaten umfassenden saudischen Koalition gegen die Huthis.
Washington aktionsbereit
Die Amerikaner erklärten, sie würden alle Angriffe auf ihre Kriegsflotte beantworten und sie seien auch bereit, die freie Seefahrt auf der Wasserstrasse durchs Rote Meer zu gewährleisten. Die jemenitischen Radarstationen, die sie zerstörten, seien an den Raketengriffen beteiligt gewesen. Sie erwähnten auch, Obama selbst habe den Gegenangriff bewilligt.
Die Huthis liessen ihrerseits dementieren, dass sie die amerikanischen Schiffe angegriffen hätten. Ihre Propaganda-Organe erklärten, es handle sich um einen amerikanischen Versuch, die Angriffe gegen Jemen zu rechtfertigen. Doch solche Dementis sind nicht ernst zu nehmen.
Der Einfluss Irans
Die Huthi-Flagge besteht aus fünf Slogans, die übereinander geschrieben sind. Zuoberst grün: "Gott ist am grössten", der klassische Schlachtruf der Muslime. Darunter dreimal in roter Fabe untereinander: "Tod für Amerika"; "Tod für Israel"; "Verdammnis für die Juden". Darunter wieder in grün: "Der Sieg kommt von Gott". "Tod für Israel" und "Tod für Amerika", ist aus dem Persischen übernommen. In Iran unter Chomeini waren dies die meist gerufenen Slogans.
Die Hizbullah im Libanon führte eine grosse Massenkundgebung durch, um gegen die Bombardierung der jemenitischen Trauerversammlung zu protestieren. Der Hizbullah-Anführer, Schaich Nasarallah, trat persönlich auf – was überaus selten ist, normalerweise erscheint er nur auf dem Bildschirm – und erklärte: "Wir alle sind Huthis!" Die Hizbullah ist eng mit Iran verbunden, vor allem mit den Revolutionswächtern, welche sie einst gründen halfen. Die Kundgebungen zu Gunsten der Huthis in Libanon wollen den Eindruck erwecken, die Huthis seien gewissermassen eine Schwesterbewegung der Hizbullah und Iran der gemeinsame Vater. Es gibt Parallelen zwischen den beiden und ihrer Beziehung zu Iran, und die Saudis fürchten, dass in der Tat die Huthis "ein Werkzeug Irans" seien. Doch das Verhältnis von Iran zur Hizbullah ist enger und baut auf der Basis einer gemeinsamen Ausprägung des Schiismus auf, die man den 12er Schiismus nennt. Jener der Huthis, der 5er Schiismus oder Zaidismus, ist unterschiedlich, und politisch hat sich Iran nie so explizit mit den Huthis engagiert wie mit der libanesischen Hizbullah.
Politische Folgen des Bombenkrieges
Doch die saudische Einschätzung der iranischen Rolle als Stütze und heimlicher Antreiber der Huthis wirkt als eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Weil die Saudis eine enge Beziehung sehen und fürchten, bekriegen sie die Huthis, und durch ihre Kriegsmassnahmen – in erster Linie die Bombardierungen – bewirken sie, dass die Huthis und die iranische Revolution immer enger zusammenrücken.
Man kann vermuten, dass in Iran die Unterstützung der Huthis vorwiegend ein Anliegen der Revolutionswächter ist. Ihr innenpolitischer Gegenpol, die Regierung Präsident Ruhanis, die eine Normalisierung der iranischen Aussenbeziehungen anstrebt, dürfte vorsichtiger als die Wächter auf die Zusammenarbeit mit den Huthis blicken. Doch den Konkurrenzkampf mit Saudi-Arabien kann der Präsident nicht ganz ignorieren, und der Huthi-Krieg in Jemen gehört in diesen Zusammenhang.
Je länger der Bombenkrieg dauert, desto mehr wird Iran sich veranlasst sehen, "seine Seite" in diesem Krieg soweit wie möglich zu unterstützen. Die Raketen im Besitz der Huthis dürften eine der Früchte dieser durch den Krieg geförderten und langsam anwachsenden Zusammenarbeit sein. Bis jetzt haben sie sich, wie jene Kämpfer der Hizbullah gegen Israel, als wenig zielsicher erwiesen. Doch der Tag könnte kommen, an dem sie zum ersten Mal ernsthaften Schaden anrichten.