Im jungen neuen Jahrtausend häufen sich Skandale, Kriege, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Religionskriege und Unterdrückung von Minderheiten. Wie eh und je in der Weltgeschichte, also wie gewohnt, wird man sagen. Aber immer mehr erfolgen auch militärische Interventionen und wirtschaftliche Sanktionen unter neuem Recht - oft gedeckt durch die UNO oder den Sicherheitsrat im Namen von Menschen- oder Völkerrecht und der Demokratie. Die UNO und der Sicherheitsrat haben aber nichts Demokratisches an sich. Es geht um reine Macht- und Wirtschaftspolitik. In Afghanistan und Irak war trotz massiver amerikanischer Mittel keine Demokratie einführbar. Der sogenannte "arabische Frühling" für mehr Demokratie kehrte sich in sein Gegenteil um. In Mali zieht sich Frankreich zurück, bevor überhaupt ein demokratischer Anlauf erfolgt ist. Libyen erwies sich als Desaster, von Syrien nicht zu reden. - Man könnte sagen, dass die demokratischen Ideen sich fortpflanzen werden und dass es mehr Geduld braucht, wo die historischen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Schlimmer ist die demokratische Rezession in den europäischen Stammländern. Wenn aufgrund der Wirtschaftskrise, einer demagogisch erlebten Immigration, dem Ungleichgewicht der europäischen Integration und der EU-Überheblichkeit (siehe Zypern), aufgrund ferner von Blindheit gegenüber Aufsteigernationen im fernen Ausland und gegenüber den mittelständischen Opfern des eigenen Kontinents der "faschistoide" Populismus gewinnen würde, hätte auch der staatstragende Kapitalismus des "alten Europa" verloren. Und die Demokratie. (Ulrich Meister, Paris)