Giuseppe Conte hatte am Mittwoch Staatspräsident Mattarella seine Ministerliste präsentiert. „Die neue Regierung steht“, kommentierte Mattarella, „jetzt hat das Parlament das Wort“.
Um 10.00 Uhr am Donnerstag war die Regierungsmannschaft, „Conte-bis“, im Quirinal-Palast vereidigt worden.
Anschliessend schüttelten alle Minister und Ministerinnen dem alten und neuen Regierungschef die Hand, auch Luigi Di Maio.
In den kommenden Tagen muss sich das neue Kabinett in beiden italienischen Kammern, dem Abgeordnetenhaus und dem Senat, der Vertrauensabstimmung stellen. Am kommenden Montag wird die Camera dei Deputati als erste Kammer über die neue Crew befinden. Vor allem im Senat muss Conte um jede Stimme kämpfen.
Von den 21 Ministern sind sieben Frauen. Zehn gehören den Cinque Stelle an, neun den Sozialdemokraten und einer der linksstehenden Partei „Leu“ (Liberi e Uguali). Dazu kommt eine Fachfrau, die eines der wichtigsten Ministerien übernimmt.
Einen oder zwei Vize-Ministerpräsidenten gibt es nicht mehr. Im ersten Kabinett Conte waren Matteo Salvini und Luigi Di Maio Vize-Regierungschefs. Mehrere der neuen Minister gelten als klare Pro-Europäer.
Gespannt war man auf die Besetzung der zwei wichtigsten Ministerien: das Innenministerium und das Wirtschaftsministerium.
Das Innenministerium übernimmt eine Frau: Luciana Lamborgese. Die 66-jährige Anwältin und ehemalige Präfektin von Mailand löst den Hardliner Matteo Salvini ab. In Rom rechnet man damit, dass die im süditalienischen Potenza Geborene einen wesentlich gemässigteren Kurs als Salvini fahren wird. Lamborgese gilt als „überparteilich“, steht aber den Sozialdemokraten nahe. Sie war früher Kabinettsvorsteherin der damaligen Innenminister Alfano und Minetti. Sie gilt als äusserst kompetent und war eben dabei, in Pension zu gehen, als sie nun zur Innenministerin berufen wurde.
Das wichtige Amt des Wirtschafts- und Finanzministers übernimmt ein Sozialdemokrat: Der Römer Geschichtsprofessor und Europarlamentarier Roberto Gualtieri. Er hat gute Beziehungen zu Brüssel, gilt als überzeugter Pro-Europäaer und löst den Technokraten Giovanni Tria ab.
Aussenminister wird Luigi Di Maio, der „Capo politico“ der Cinque Stelle, der wie ein Löwe um ein einflussreiches Amt kämpfte. Di Maio war im ersten Kabinett Conte Minister für wirtschaftliche Entwicklung. Zudem war er – zusammen mit Matteo Salvini – einer der zwei Vize-Ministerpräsidenten. Die Ernennung Di Maios zum Aussenminister hat in Rom da und dort Kopfschütteln ausgelöst. Der 33-Jährige kann keine Fremdsprache, hat Mühe mit der Geografie und ist aussenpolitisch völlig unbedarft. Das Amt ist zwar prestigeträchtig, doch viel Schaden kann Di Maio nicht anrichten. Aussenpolitisch spielt Italien ohnehin auf der internationalen Bühne nur eine Nebenrolle. Di Maio war es, der zu den Gilets jaunes nach Frankreich reiste und sie zu ihrem Aufstand beglückwünschte.
Verteidigungsminister wird der Sozialdemokrat Lorenzo Guerini. Der 1966 geborene Politologe stammt aus dem lombardischen Lodi, wo er Provinzpräsident und Bürgermeister war.
Justizminister wird Alfonso Bonafede. Der Anwalt war schon im ersten Kabinett Contes Justizminister. Der 53-jährige Sizilianer gehört den Cinque Stelle an.
Das Kulturministerium übernimmt erneut der 60-jährige aus Ferrara stammente Sozialdemokrat Dario Franceschini. Er war 2009 Vorsitzender der Sozialdemokraten und von 2014 bis 2018 Kulturminister. Sicher ist, dass mit der Wahl Franceschinis viele Kulturschaffende und Museumsdirektoren aufatmen.
Zum Minister für wirtschaftliche Entwicklung hat Conte Stefano Patuanelli ernannt. Er gehört den Cinque Stelle an und übernimmt das Ministerium, das früher Luigi Di Maio innehatte. Patuanelli war „Speaker“ der Cinque Stelle im Senat. Er wurde 1974 in Triest geboren.
Infrastruktur- und Transportministerin wird Paola De Micheli. Die 46-jährige aus Piacenza stammende gehört den Sozialdemokraten an.
Der frühere Ministerpräsident Renzi sagte, das Kabinett sei nicht sein „Dreamteam“, doch es sei „solide“.
Kurz nach der Vereidigung trat das neue Kabinett zusammen und entschied, Paolo Gentiloni als EU-Kommissar nach Brüssel zu schicken. Der frühere sozialdemokratische Ministerpräsident und Renzi-Nachfolger ist ein politisches Schwergewicht. Er gilt als überzeugter Europäer.
Seine Ernennung zum EU-Kommissar ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die neue Regierung einen pro-europäischen Kurs steuert und ihr Verhältnis zu Brüssel, das unter Salvini stark beschädigt wurde, wieder ins Lot bringen will.
(J21/hh)