Rupert Murdoch will auch 2024 via sein globales Medienimperium Einfluss auf die amerikanische Präsidentenwahl nehmen. Doch inzwischen weiss der 92-Jährige nicht mehr, auf welchen republikanischen Kandidaten an Stelle von Donald Trump er setzen soll.
Rupert Murdoch ist es sich gewohnt, dass alle, egal ob privat oder geschäftlich, nach seiner Pfeife tanzen. Doch neuerdings scheint seine Fähigkeit zu schwinden, überall den Ton anzugeben. Er hat Ärger mit Fox News, die nach einem Gerichtsurteil dem Wahlmaschinenhersteller Dominion 787,5 Millionen Dollar Entschädigung zahlen müssen. Der Grund: die Verbreitung wider besseres Wissen von nachweisbar falschen Nachrichten im Zusammenhang mit Donald Trumps Wahl-Lüge. Dem Fernsehsender drohen weitere Verfahren, unter anderem jenes von Smartmatic, eines anderen Produzenten von Wahltechnik, über einen Streitwert von 2,7 Milliarden Dollar.
Privat hat sich Rupert Murdoch vergangenes Jahr aus heiterem Himmel von seiner vierten Ehefrau Jerry Hall getrennt, einer Ex-Freundin von Mick Jagger. Er tat dies, nicht eben galant, per Mail: «Jerry, bedauerlicherweise habe ich mich entschlossen, unsere Ehe zu beenden … Wir haben sicher einige gute Zeiten gehabt, aber ich habe viel zu tun … Mein New Yorker Anwalt wird dich umgehend kontaktieren.»
Wenige Monate später kündigte Murdoch an, er werde die 66-jährige Ann Lesley Smith heiraten, eine Evangelikale mit einem Hang zu Verschwörungstheorien. Den Heiratsantrag unterstrich er mit einem Diamantring, der angeblich mehr als 2,5 Millionen Dollar kostete. Doch nur wenige Wochen später war der Spuk vorbei und die Verlobung wurde aufgelöst. Dem Bräutigam sollen die teils abstrusen religiösen Ansichten seiner Zukünftigen auf die Nerven gegangen sein.
Eine konfliktfreie Zone ist auch Rupert Murdochs Familie nicht. Für Spannungen sorgt hier vor allem die Nachfolgefrage: Welches seiner drei Kinder aus zweiter Ehe soll dereinst die Geschäfte übernehmen? Die 54-jährige Elisabeth, die als Intelligenteste des Trios gilt, aber eben eine Frau ist? Der 51-jährige Lachlan, Vaters Liebling, aber auch ein Abenteurer? Oder der 50-jährige James, der als liberal gilt und die rechte Schlagseite des Medienimperiums korrigieren möchte?
Alle drei sitzen sie im Verwaltungsrat des Trusts, der Rupert Murdochs News Corp und Fox News kontrolliert, und keiner oder keine unter ihnen kann es ohne die Zustimmung der beiden anderen Geschwister an die Spitze schaffen. Über ihr Verhältnis zueinander kann nur spekuliert werden, wobei es heisst, Elisabeth und James würden sich näherstehen und Lachlan und James sich aus als politischen Gründen nicht besonders mögen.
Ein Erbstreit ist auf jeden Fall programmiert und die Familie Murdoch soll denn auch als Vorbild für die höchst erfolgreiche US-Fernsehserie «Succession» stehen, deren letzte Staffel im Frühling lief und deren Fans engagiert darüber spekulierten, auf welchen realen Vorkommnissen in der Familie Murdoch einzelne Episoden der Serie jeweils fussten. Nicht umsonst beinhaltet Jerry Halls Scheidungsabkommen eine Klausel, die es ihr verbietet, mit den Produzenten von «Succession» zu sprechen und sie auf neue Ideen in Sachen Plot zu bringen.
Zu Rupert Murdochs familiärem und geschäftlichem Ärger gesellt sich neuerdings noch die Unzufriedenheit, was den Verlauf des republikanischen Vorwahlkampfs um den Einzug ins Weisse Haus 2024 betrifft. Nie ein Freund Donald Trumps, den er persönlich als unkultivierten Emporkömmling verachtete, arrangierte sich Murdoch nichtsdestotrotz mit dem früheren New Yorker Immobilienunternehmer, weil er zum Beispiel von dessen Politik in Sachen der Freigabe von Land für die Erdölförderung geschäftlich profitierte. Auch Fox News liess Murdoch völlig freie Hand, sich mit einem konservativen Publikum anzubiedern, das Trump vorbehaltlos unterstützte und die Einschaltquoten hochhielt.
Doch nach Joe Bidens Einzug ins Weisse Haus 2022 setzte die Familie Murdoch auf Ron DeSantis, den Gouverneur von Florida, als künftigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten, da sie ihn für wählbarer hält als Donald Trump. Während Fox News den Ex-Präsidenten links liegen und nicht mehr auftreten liess, rollte der Sender DeSantis den roten Teppich aus.
Die Bildschirmpräsenz half dem Gouverneur, seinen Bekanntheitsgrad in konservativen Kreisen landesweit zu erhöhen. Ron DeSantis war auf dem besten Weg, zum neuen Star der amerikanischen Rechten zu werden. Eine Bilderbuchfamilie und seine ehrgeizige Frau Casey, eine frühere Fernsehmoderatorin, halfen ihm dabei.
Doch inzwischen scheint die Liebe zwischen Rupert Murdoch und Ron DeSantis zu erkalten. Der Wahlkampf des Gouverneurs von Florida ist bisher mit allerlei Pleiten, Pech und Pannen sehr erratisch verlaufen. Umfragen zufolge erscheint es immer weniger wahrscheinlich, dass es ihm mit einem Rückstand von 34 Prozentpunkten in Umfragen gelingen wird, Trump rechts zu überholen und nächstes Jahr im Vorwahlkampf zu besiegen.
Ein Indiz für Murdochs Missfallen ist der Umstand, dass Fox News und Zeitungen seines Presseimperiums wie das «Wall Street Journal» oder die «New York Post» begonnen haben, sich Ron DeSantis und dessen Politik kritischer anzunähern. So tadelte das «Journal» in einem Leitartikel unlängst ein neues Gesetz, das die Einwanderung in Florida erschweren soll, dem Wirtschaftsblatt zufolge aber lediglich den Mangel an Arbeitskräften im Staat verschärft, ohne Joe Bidens erfolglose Einwanderungspolitik zu korrigieren.
Auch die «New York Post», die De Santis einst auf der Frontseite als «DeFuture» gepriesen hatte, ist von ihrem Schmusekurs abgekommen und hat begonnen, einzelne Aspekte seiner Politik wie etwa seinen Kulturkampf gegen Disney oder Floridas angeblich linke Schulen kritisch zu hinterfragen. Selbst Fox News behandelt Ron DeSantis neuerdings nicht mehr wie einen Gesalbten, sondern wie einen normalen Politiker, dem auch unbequeme Fragen gestellt werden dürfen.
Noch aber ist Rupert Murdoch nicht bereit, Ron DeSantis als republikanischen Präsidentschaftskandidaten fallenzulassen. Denn die einzige Alternative für ihn wäre es, 2024 erneut auf den ungeliebten und nachtragenden Donald Trump setzen zu müssen. DeSantis derweil lässt kaum eine Gelegenheit aus, Amerikas Medien als ihm gegenüber negativ eingestellt zu kritisieren. Was zumindest bisher ausser seiner extrem rechten Politik wohl auch eine Folge seiner Taktik gewesen ist, nur mit Medien zu reden, die ihm genehm sind. Dem Vernehmen nach will der Gouverneur das künftig ändern.
Auf jeden Falls dürfte Rupert Murdochs verhängnisvoller Einfluss auf die amerikanische Politik nicht so rasch schwinden. Er hat sich ein Leben lang als Macher gesehen, der sich nicht scheut, seine Macht auch auszuspielen. So wie er es auch in Australien und in Grossbritannien tut, wo Zeitungen wie das Boulevardblatt «The Sun» oder die noblere «Times Of London» vehement für den Brexit votiert haben. Jüngstes Angriffsziel der «Sun»: die so skandalträchtige, durch Gebühren finanzierte BBC.
«Ich bin von meiner Unsterblichkeit überzeugt», sagte Murdoch 1999, nachdem er als 69-Jähriger Prostatakrebs überlebt hatte, Seine Mutter wurde 103 Jahre alt und sagte 2010 einen Tag nach ihrem 101. Geburtstag in einem Interview, sie sei überzeugt, Rupert werde nie in Pension gehen. Ein Bekannter der Murdochs verrät, innerhalb der Familie erzähle man sich den Witz, dass 40 das neue 30 sei, 80 aber 80 bleibe. Noch hat der 92-jährige Rupert Murdoch, von Krankheiten und Unfällen offenbar unbeeindruckt, allein das Sagen. Und Amerika, ob es will oder nicht, wird ihm und seinen konservativen Medien weiter zuhören müssen.