Vor anderthalb Jahren gelang dem Präsidenten Kolumbiens, Juan Manuel Santos, etwas, was ihm zu Recht den Friedensnobelpreis eingebracht hat: Die Regierung und die Guerilla-Organisation Farc (Fuerzas armadas revolucionarias de Colombia) schlossen einen Friedensvertrag ab und beendeten 50 Jahre Bürgerkrieg. Der Frieden hat bis heute gehalten, die Farc-Rebellen gaben ihre Waffen ab und verwandelten sich in eine politische Partei.
Um sich für die Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende in Position zu bringen, fiel den Farc-Verantwortlichen etwas vermeintlich ganz Schlaues ein – sie übernahmen die Worthülse und füllten sie neu. Farc heisst jetzt „Fuerza alternativa revolucionaria del común“, was wörtlich übersetzt „alternative revolutionäre Kraft des Gemeinwesens“ heissen würde. Nun, dieses „Gemeinwesen“ (das Volk, die Kolumbianer) hat den Sprachzaubertrick nicht honoriert und die Farc an den Urnen abgestraft. Sie kamen auf ein halbes Prozent der Wählerstimmen. Im Senat wie in der Abgeordnetenkammer belegen sie trotzdem je fünf Sitze. Das ist ein Teil des Preises, den die Regierung für den Abschluss des Friedensvertrages zahlen muss. Der andere, schwerer zu schluckende Teil besteht aus der weitgehenden Straflosigkeit für begangene Bürgerkriegsverbrechen.
Mit dem Dilemma wird Kolumbien weiter leben müssen. Den Frieden hat sich das Volk sehnlichst gewünscht – den Preis, der dafür zu zahlen ist, scheint ihm zu hoch. Im neuen Parlament sind die Rechtskonservativen, die das Friedensabkommen im Prinzip ablehnen, erstarkt und werden versuchen, den Vertrag mindestens zu verändern. Die Farc wiederum stehen, auch unter neuer Etikette, erst am Anfang eines langen Gangs durch die Institutionen und müssen beweisen, dass es ihnen als kleine, machtlose Splitterpartei ernst ist mit der Verwandlung, die aus der „Fuerza armada“ eine „Fuerza alternativa“ machen soll.