Ein grosser Teil der Kunstsammlung des Waffenfabrikanten und -lieferanten Emil G. Bührle (1890–1956) wird als Leihgabe im Erweiterungsbau des Zürcher Kunsthauses ausgestellt werden. Es handelt sich um ein hochkarätiges Ensemble mit Schwergewicht auf den Impressionisten. Das Kunsthaus, Stadt und Kanton erhoffen sich eine Steigerung des Renommees für das Museum, mehr Beachtung im In- und Ausland.
Nun hat sich in den letzten Jahren in Teilen des kunstaffinen Publikums eine neue Sensibilität, ein Bewusstsein entwickelt: Man will Transparenz, man möchte wissen, unter welchen Umständen gesammelt wurde und wie die ausgestellten Kunstwerke in den Besitz eines Sammlers, eines Museums gekommen sind. Das alte Sprichwort, nach dem man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schauen soll, gilt nicht mehr; eher schon die Warnung – um im Pferdestall zu bleiben – vor Scheuklappen, die einen daran hindern könnten, genau hinzuschauen. Bührle war ein von keinen Skrupeln geplagter Industrieller, der Nazideutschland mit Waffen beliefert hat. Dass er sich auch beim Einkauf seiner kostbaren Meisterwerke nicht gross um die Gegebenheiten ihrer Herkunft kümmerte, wurde vor ein paar Jahren im «Schwarzbuch Bührle», einer sorgfältigen Dokumentation, herausgegeben von Guido Magnaguagno und Thomas Buomberger, publik.
Stadt und Kanton Zürich haben zwei Historiker der Universität Zürich damit beauftragt, die Kunstsammlung Bührle zu untersuchen. Eine löbliche Initiative, die kurz vor ihrer Einlösung ins Stocken gerät. Wie einer Recherche der «Wochenzeitung» zu entnehmen ist, beklagt sich einer der Beauftragten über Einmischung seitens der Auftraggeber, über sogenannte Redigiermassnahmen, die eher nach Zensur aussähen und ihn jetzt dazu brachten, auszusteigen. Ein paar Politiker sind alarmiert. Den Vorwürfen des Aussteigers wird nachgegangen.
Dass im Umfeld von schönen Bildern, die man sich im Museum anschaut, die hässlichsten Dinge passiert sein können, dass ein kostbares Meisterwerk nicht automatisch seinen Erwerber adelt, dass es Kunst und Raubkunst gibt, dürfte sich herumgesprochen haben. Wer Kunst im subventionierten Museum, im öffentlichen Raum anschaut, hat ein Recht, ungeschönt zu erfahren, wer der war, der das Bild gekauft hat und unter welchen Umständen es in die Sammlung kam. Und die Stadt Zürich tut gut daran, solche Fragen zu klären, bevor der Erweiterungsbau feierlich eröffnet wird.