So viele Bewegte und Betroffene äussern ihr Entsetzen über die Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer. Welche Schande, welche Pein. Ein Schiff mit mehr als 500 Asylsuchenden an Bord geht unter, mehr als 300 sterben. Menschenverachtend, unerträglich, ungeheuerlich. Aber es gibt auch mehr als 150 Überlebende. Wer von diesen Heuchlern würde es begrüssen, wenn neben seinem gepflegten Reiheneinfamilienhaus, neben seiner Mietwohnung ein Asylantenheim für diese Überlebenden eröffnet würde? Keiner. Ein zu extremes Beispiel? Nehmen wir ein ganz normales, ein noch entlarvenderes. Wir sind ja alle einig, dass die Ausbeutung der Dritten Welt durch uns eine der Ursachen für ihr Elend darstellt. Habgierige Konzerne beuten rücksichtslos Rohstoffe aus, zwingen die Einheimischen zu Sklavenarbeit, beschäftigen Kinder, unter unerträglichen und gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen. Eine Riesensauerei.
Nun ist es jedem Schweizer unbenommen, ein ganz kleines Zeichen dagegen zu setzen. Indem er beispielsweise «Fair Trade»-Produkte kauft. Dieses Gütesiegel garantiert immerhin, dass man einigermassen sicher sein kann, dass die Waren ohne Sklaven- und ohne Kinderarbeit hergestellt wurden, mehr oder weniger unter menschenwürdigen Umständen. Da müsste man sich nicht um das Grosseganze kümmern, sich über Ertrunkene im Mittelmeer echauffieren, unverbindlich und ohne eigene Verantwortung zu übernehmen eine Veränderung dieser menschenverachtenden europäischen Abwehr fordern. Helfen, Mitgefühl zeigen, handeln. Mit dem Kauf von «Fair Trade» könnte jeder einzelne so furchtbar humane Schweizer ein einfaches, simples Zeichen setzen, dass er wenigstens in seinem Konsumverhalten seinen Worten Taten folgen lässt. Also macht doch der Verkauf von «Fair Trade»-Produkten einen bedeutenden Anteil bei Kleidern, Lebensmitteln und anderen Produkten aus? Nicht wirklich, pro Kopf gibt jeder Schweizer dafür 50 Franken aus. Im Jahr. Sonst noch Fragen?