Călin Georgescu, der ultranationalistische, rechtsextreme Putin-Anhänger, rechnete sich gute Chancen aus, die entscheidende zweite Runde der Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Doch die Stichwahl am Sonntag findet nicht statt.
Am Freitag erklärte das Oberste Rumänische Gericht den ersten Wahlgang wegen russischer Einflussnahme für ungültig. Damit muss der ganze Wahlprozess wiederholt werden. Die Richter des Verfassungsgerichts erklärten, die Regierung müsse einen neuen Termin für die Präsidentschaftswahlen festlegen. Die Kandidaten müssten sich neu registrieren.
Die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 24. November hatte der prorussische Călin Georgescu überraschend gewonnen. Er fordert unter anderem eine Einstellung der Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Verantwortlichen des rumänischen Holocaust bezeichnete er als «Helden». Zweitplatzierte war Elena Lasconi von der pro-europäischen Partei «Rettet die Rumänische Union». Umfragen im Hinblick auf die auf den kommenden Sonntag angesetzte und jetzt abgesagte Stichwahl sahen einen Sieg von Georgescu voraus.
Laut rumänischen Geheimdienstinformationen fanden während des Wahlkampfs «aggressive hybride russische Angriffe» statt. Dabei wurden massenweise Falschinformationen und Angriffe auf Elena Lasconi und die Regierung publiziert. Auf Plattformen wie Tiktok und Telegram wurde Georgescu massiv unterstützt. Dazu seien 25’000 Pro-Georgescu-Konten eröffnet worden, was gegen das Wahlgesetz verstiess. Es wird als naheliegend betrachtet, dass Russland hinter den Beeinflussungsversuchen steht.
Nach der Veröffentlichung der Geheimdienst-Dokumente gingen beim Verfassungsgericht mehrere Beschwerden ein, die forderten, dass der erste Wahlgang für ungültig erklärt werde.
Die Unterstützer von Călin Georgescu reagierten mit Bestürzung auf die Absage der Stichwahl. George Simion, Vorsitzender der oppositionellen Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR), nannte die Entscheidung einen «Staatsstreich».
«Neun politisch ernannte Richter, die befürchteten, dass ein Kandidat ausserhalb des Systems alle Chancen hätte, Rumäniens Präsident zu werden, beschlossen, den Willen der Rumänen aufzuheben», sagte Simion.
Premierminister Marcel Ciolacu hingegen unterstützte die Entscheidung des Gerichts und bezeichnete sie als «die einzig richtige Entscheidung», nachdem die freigegebenen Dokumente eine angebliche russische Einmischung belegen.
Elena Lasconi, die im ersten Wahlgang Zweitplatzierte, verurteilte das Urteil am Freitag mit den Worten: «Die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist rechtswidrig, unmoralisch und zerstört das Wesen der Demokratie: die Wahl.»
Nicht ausgeschlossen werden kann, dass der im ersten Wahlgang siegreiche Georgescu jetzt von den Wahlen ausgeschlossen wird. In diesem Fall fürchten Beobachter Aufstände von Georgescus Anhängerinnen und Anhängern.
Die Wahlen im Nato- und EU-Land Rumänien werden auch in Brüssel mit grösster Aufmerksamkeit verfolgt. Die Wahl eines prorussischen rumänischen Präsidenten wäre ein schwerer Schlag für die EU und die Nato und würde die prorussische Front um Viktor Orbán etc. erheblich stärken.