Der 59-jährige Laschet übernimmt die Nachfolge der bisherigen CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die nach lauter gewordenen Kritik an ihrer Amtsführung den Rücktritt angekündigt hatte und sich seither auf den Kabinettsposten als Verteidigungsministerin konzentriert. Laschet gewann am Samstag mit 521 Stimmen gegenüber seinem Konkurrenten Friedrich Merz, der 466 Stimmen bekam. Norbert Röttgen, der dritte Bewerber um die Führungsposition der Kanzlerpartei ist am Samstag in der ersten Wahlrunde ausgeschieden.
Kanzlerfrage noch offen
Der deutliche Erfolg Laschets gegen Merz scheint zunächst eher überraschend. Der sechs Jahre ältere Merz schien im parteiinternen Wahlkampf jedenfalls zeitweise die Nase gegenüber Laschet vorn zu haben. Er hat vor allem in Sachen Wirtschaftspolitik ein kantigeres und konservativeres Profil als seine Mitbewerber. Er galt daher auch als Favorit des unternehmerisch orientierten Flügels in der Partei. Allerdings zweifelten manche Stimmen in der CDU an seiner Teamfähigkeit.
Als Merz 2002 den Vorsitz der CDU/CSU-Bundesratsfraktion gegen die damalige Konkurrentin Angela Merkel verlor, zog er sich verschnupft aus der aktiven Politik zurück und entschied sich für eine finanziell lukrative Karriere in der Wirtschaft Das hinderte ihn aber nicht daran, sich gelegentlich mit pointierter Kritik an bestimmten Aspekten von Merkels Politik in Erinnerung zu rufen. Insbesondere bemängelte Merz die seiner Meinung nach allzu liberale und zu wenig durchdachte Entscheidung der Kanzlerin, in der akuten Flüchtlingskrise von 2015 gegen eine Million Migranten aus nahöstlichen Regionen den Eintritt nach Deutschland zu erlauben.
Ob der neue CDU-Chef Laschet auch zum Kanzlerkandidaten der CDU/CSU für die im Herbst anstehende Bundestagswahl gekürt wird, steht noch nicht fest. Diese Entscheidung soll erst im Frühjahr fallen. Als möglicher Mitbewerber für diesen Posten gilt allgemein der jetzige Ministerpräsident von Bayern, Markus Söder.
Eingefleischter Rheinländer
Armin Laschet ist in Aachen aufgewachsen. Sein Vater war Bergmann im Kohlebergbau und liess sich später zum Lehrer ausbilden. In jungen Jahren war Laschet Mitarbeiter mehrerer CDU-Politiker im grössten Bundesland Westdeutschlands, er war aber auch zeitweise als Journalist und Chefredaktor eines katholischen Kirchenblatts in Nordrhein Westfalen tätig. Später wurde er unter dem damaligen Ministerpräsidenten Rüttgers Integrationsminister dieses Bundeslandes. Nach einem Zwischenspiel seiner Partei in der Opposition gelingt es Laschet 2017 überraschend, die CDU wieder als stärkste Partei in NRW zu etablieren und zusammen mit der FDP die Regierung in Düsseldorf zu übernehmen. Dem eingefleischten Rheinländer wird durchaus zugetraut, dass er nach der Bundestagswahl im Herbst auch bereit wäre, mit den Grünen eine neue Regierungskoalition in Berlin einzugehen – falls die Wahlarithmetik eine solche Konstellation möglich machte.