Gleich zu Anfang fasst der Film kurz und rasant die Vorgeschichte der Ereignisse von 1979 zusammen, auf deren Hintergrund er spielt, und zwar auf äusserst USA-kritische Weise: Im Iran sprudelt ja das Öl, an dessen Ausbeutung die USA von jeher interessiert und beteiligt waren.
Die Teheraner Geiselnahme
Aber unter dem 1951 demokratisch gewählten Premierminister Mohammad Mossadegh wurde die Iranische Ölindustrie nationalisiert, allerdings nur für eine kurze Zeit. Denn ein von der CIA orchestrierter Staatsstreich sorgte 1953 für Mossadeghs Sturz und Entsorgung und damit den neuerlichen Zugriff westlicher Konzerne auf das iranische Öl.
In der Folge nahm die Unzufriedenheit der Iraner mit den ausländischen Machthabern, mit denen Schah Mohammad Reza Pahlavi kollaborierte, zu, bis die Bewegung 1979 in eine Revolution mündete, welche den Schah stürzte und Ajatollah Khomeini als höchste politische und religiöse Autorität des Landes einsetzte.
Der Schah floh ins amerikanische Asyl, aber das aufgebrachte Volk forderte seine Auslieferung, um ihn vor ein reguläres Gericht bringen zu können. Die Menge stürmte die amerikanische Botschaft und nahm deren Mitarbeiter, die freilich noch rasch alle geheimen Dokumente schredderten, als Geiseln – zum allfälligen Austausch gegen den Schah. Sechs Leuten aber gelang es, in die kanadische Botschaft zu flüchten.
Die lange geheimgehaltene Geschichte
Um den Versuch, diese sechs amerikanischen BürgerInnen in die USA zurück zu holen, zu „exfiltrieren", dreht sich der Film „Argo“, der auf einer abenteuerlichen aber wahren, bis 1997 geheimgehaltenen Geschichte basiert (vgl. Antonio J. Mendez: The Master of Disguise: my secret life in the CIA, New York 1999). Es soll indessen davon hier nichts weiter verraten werden, denn „Argo“ ist ein Thriller.
Nur so viel: Hollywoods Filmindustrie spielt bei der geplanten Aktion eine zentrale Rolle, was zu vielen guten Witzen und wohltuender Selbstreflexion der Filmemacher Anlass gibt. Auch wenn das Drehbuch sich über eine in Hollywood verbreitete Ignoranz bezüglich der klassischen Antike lustig macht, gibt „Argo“, das Schiff der Argonauten, den Titel ab für den im Film geplanten Science Fiction Streifen, dem im Rahmen des Befreiungsplanes eine zentrale Rolle zukommt.
Kritik und Aufklärung
Man glaubt „Argo“ anzumerken, dass es das Werk einer gut zusammenarbeitenden Gruppe ist. Das ist bei derartigen Grossproduktionen nicht allzu häufig, wiewohl amerikanische Filmcrews sozusagen immer angeben, super-gut miteinander gearbeitet zu haben – dass Zweckgruppierungen das Bild von Einigkeit verbreiten, hat in den Vereinigten Staaten, der Heimat der Bands, Gangs, Clans und multipler Glaubensgemeinschaften, Tradition.
Hier aber hat man den Eindruck einer anderen Art von Verbundenheit, den Eindruck, dass die Produzenten von „Argo“ (2012) – George Clooney, dessen Geschäftspartner Grant Heslov und Ben Affleck – ein möglichst breites Publikum nicht nur aus Profitgründen, sondern auch darum zu erreichen suchen, weil sie ihm wirklich etwas mitteilen möchten. George Clooney beteiligt sich immer wieder an aufklärenden und kritischen Filmen für ein Millionenpublikum.
Hollywoods Ressourcen
„Argo“ ist sehr gut gemacht, in Hollywood kann ja auf enorme Ressourcen und einen Reichtum von akkumulierter Erfahrung und Professionalität im Filmemachen zurückgegriffen werden. Die DarstellerInnen überzeugen, Ben Affleck ist nicht anzumerken, dass er die Hauptrolle (Tony Mendez) unter der eigenen Regie spielt – was doch immer ein gefährliches Unternehmen ist: HauptdarstellerInnen, die sich selbst inszenieren, werden nicht selten Opfer der eigenen Eitelkeit. Die DarstellerInnen der sechs Personen, die sich über Wochen in der kanadischen Botschaft versteckt halten mussten, haben vor dem Dreh eine Woche lang isoliert, ohne Verbindung nach aussen, miteinander in einer Wohnung verbracht – um in die richtige Stimmung zu kommen.
Affleck hat verschiedene Handlungsorte auf verschiedene Weise filmen lassen: für die Szenen in der Wohnung des kanadischen Botschafters wurde improvisiert und die Kameras von Hand geführt. Die Hollywood-Szenen sind mit Zooms gespickt – einer Technik, erklärt der Regisseur, die in den 1970er Jahren gerne angewendet worden sei. Auch Ausstattung und Kostümierung tragen dazu bei, die Zeit der Handlung auf unaufdringliche Weise zu vergegenwärtigen.
US-Patriotismus und Iran-Freundlichkeit
Das wirklich Bemerkenswerte an dem Film ist aber, dass er enorm patriotisch und gleichzeitig voller Verständnis für die Wut des iranischen Volkes ist. Amerikanische Tugenden wie Klugheit, Zusammenhalt, Einsatz enormer Mittel und des eigenen Lebens für die Rettung einzelner in Not befindlicher Menschen und Mitbürger, beeindrucken das Publikum, ohne dass das Unrecht, das die USA dem Iran angetan haben, beschönigt wird und ohne dass islamfeindliche Töne aufkommen.
Es gibt in Afflecks Film keine iranischen Bösewichte, auch wenn ein hollywood-gewohntes Publikum da und dort bad-guys vermutet. Hingegen lernt gerade dieses Publikum, die persische Kultur zu achten und den Zorn eines verletzten Rechtsempfindens zu fürchten.
„Argo“ bietet gute und spannende, lehrreiche, witzige Unterhaltung für ein grosses Publikum, zu dem man sich in diesem Falle gerne zählt.