„Mein Vater heiratete immer dreissigjährige Frauen. Er wurde älter, aber seine Frauen blieben immer um die Dreissig“, schreibt Barbara Honigmann in ihrem soeben erschienenen Buch „Georg“, das dem Andenken ihres ebenso lebenslustigen wie unglücklichen Vaters gewidmet ist. Thomas Gottschalks Neue ist zwar keine Dreissigjährige, aber 18 Jahre jünger als seine Verflossenen ist sie allemal. Das verwundert nicht: Der Mann wird älter, die Frau an seiner Seite jünger, alles wie gehabt.
Anders ergeht es älteren Frauen, die sich nach langen Ehejahren von ihren Gatten trennen und sich einem Jüngeren zuwenden. Sie werden noch immer scheel angeschaut und nicht selten verspottet oder gar beschimpft. Was der bloss an der alten Schachtel sieht, heisst es dann. Was schöne junge Frauen an welken alten Männern sehen, scheint sich niemand zu fragen.
Wo, bitte schön, bleibt da die Forderung nach Gleichbehandlung und Gleichberechtigung? Über den Nutzen von Frauenquoten in Politik und Wirtschaft kann man ja geteilter Meinung sein. Dass es dringend mehr Frauen in Parlamenten und Unternehmen braucht, wird hingegen kaum mehr bestritten. Und es wird auch niemand mehr ernsthaft bezweifeln wollen, dass Frauen erst dann reale Chancen haben, wenn sie über gleiche Voraussetzungen verfügen und nach den gleichen Massstäben beurteilt werden wie Männer.
Dazu gehörte meines Erachtens aber auch das Recht, an der Schwelle zum Alter noch einmal neu durchzustarten und frischen Wind in den abgenutzten Beziehungsstatus zu bringen. Gewiss, es kann schön und erstrebenswert sein, gemeinsam alt zu werden. Hat man sich aber auseinandergelebt, dann sollte man auch den Mut zu Trennung und Neubeginn aufbringen. Noch immer wagen Männer diesen Schritt häufiger als Frauen und stossen dabei in der Regel auf recht viel Verständnis. Ein Gebot der Stunde wäre es, dass auch Frauen diesen Weg gehen könnten, ohne dafür verspottet oder gar beschimpft zu werden.