Als ich im Sommer 1992 in New York ankam, hatte die Uno dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) eben den offiziellen Beobachterstatus zugesprochen, und die Funktion seines Vertreters in New York war nun auch unter dem umständlichen Titel „Ständiger Beobachter bei den Vereinten Nationen“ bekannt. Zu beobachten gab’s hier tatsächlich einiges, und dieser besondere Status erlaubte nicht nur einen permanenten Zugang zum Uno-Hauptquartier, sondern gewährte dazu auch noch zwei fest reservierte Sitze in einer Seitenreihe der Vollversammlungshalle. So war jetzt unsere Organisation, wenn immer erforderlich, auch dort präsent, zwar ohne Stimmrecht oder Entscheidungsbefugnis, doch mit Zugang zur vorliegenden Information und Dokumentation wie auch der Möglichkeit, unter gewissen Umständen schriftlich oder verbal zu intervenieren. Dazu kam die Teilnahme an Sitzungen diverser anderer UN-Gremien und Kommissionen, wo Themen behandelt wurden, die für das IKRK von Belang waren. Vor allem im Sicherheitsrat war dies fast immer der Fall.
Auch gab es eine konstante Zusammenarbeit mit dem Generalsekretariat der Uno wie auch deren wichtigsten, im humanitären Bereich arbeitenden Organisationen. Allerdings erwiesen sich derartige Kontakte oft als mühsam und repetitiv und brachten nicht gerade überwältigende Resultate. Zudem war es mit meinem Vertrauen in den riesigen, kaum überschaubaren Verwaltungsapparat zugegebenermassen nicht allzu weit her, und auch die nötige Langmut gegenüber einer derartigen Monsterbürokratie war nicht eben meine starke Seite.
Antrittsgespräch beim Uno-Generalsekretär
Generalsekretär Boutros Boutros Ghali, ein früherer ägyptischer Aussenminister, hatte sein Büro im obersten Stock eines über 150 m hohen, den Plänen von Niemeyer und Le Corbusier nachempfundenen Beton- und Glas-Quaders am Ufer des East River. Anlässlich meines Antrittsgesprächs wurde Französisch gesprochen, die Sprache, welche der frankophile Ägypter nicht nur dem Englischen, sondern angeblich auch dem Arabischen vorzog. Dabei versicherte er dem IKRK-Delegationschef, dass unsere Organisation immer auf seine volle Unterstützung zählen könne.
Als wirksamste Art, die Uno auf IKRK-Anliegen aufmerksam zu machen, hatte sich bisher die Teilnahme an jenen Arbeitskommissionen erwiesen, bei denen das internationale humanitäre Recht im Vordergrund stand. Unsere Experten führten diese Tradition fort, denn konstantes Lobbying für den Schutz ziviler Opfer von Konflikten und für eine korrekte Behandlung von Sicherheits- und Kriegsgefangenen waren unser tägliches Brot. Auch wenn in den Hallen und Korridoren der Uno vor allem die Politik den Ton angab, wurde so allmählich auch die Aufmerksamkeit für die Genfer Konventionen und die entsprechenden humanitären Belange geweckt, wofür das New Yorker IKRK-Team täglich seinen unermüdlichen Beitrag leistete.
Zudem ermöglichte nun der neue Status den direkten Zugang auf Botschafterebene. Dies wiederum erleichterte persönliche Kontakte mit Vertretern von Ländern im Krisen- oder Kriegszustand oder von einflussreichen Staaten, auf deren Unterstützung das IKRK dort oft angewiesen war, zum Beispiel mit Mitgliedern des Sicherheitsrats. Das Anbahnen und Pflegen dieser Beziehungen sah ich hier als nützlichste Aufgabe für unsere Organisation und als beste Chance, unseren Mitarbeitern auf dem Terrain und den von ihnen betreuten Menschen aus der Ferne beizustehen. Darauf wollte ich mich nun während der kommenden Jahre vor allem konzentrieren.
Der UNO-Unsicherheitsrat
Der damalige Stellvertretende Uno-Generalsekretär für politische Angelegenheiten, Marrack Goulding, unterstützte mein erstes Vorhaben in dieser Richtung, nämlich die Einführung eines regelmässigen, möglichst informellen Treffens mit dem monatlich alternierenden Präsidenten des Sicherheitsrats. Dessen Agenda beinhaltete ja praktisch die Gesamtheit der weltweiten bewaffneten Konflikte, in denen das IKRK tätig war, und das Projekt wurde schlussendlich auch von den fünf ständigen Ratsmitgliedern akzeptiert. So wurden diese monatlichen Treffen während meiner kommenden Dienstjahre zu einer nie unterbrochenen Routine. Je nach Landesvertretern blieben zwar einige der Begegnungen eher förmlich und unverbindlich, doch andere entwickelten sich zu nützlichen, bleibenden und sogar freundschaftlichen Beziehungen.
Einer meiner ersten engeren Kontaktpersonen war Diego Arria, Ständiger Vertreter Venezuelas, der bald zu einem unserer treusten Ratgeber und Unterstützer wurde. Er war damals Mitglied und auch Präsident des Sicherheitsrats und zudem Initiant einer neuen, transparenteren Art von Ratsdiskussionen, wobei bei besonders heiklen Themen auch externe Experten oder Zeugen von Ereignissen angehört werden konnten. Dieses Sitzungsformat gewann seither immer mehr an Bedeutung und wird auch heute noch unter dem Namen „Arria-Formula“ regelmässig angewandt.
Hilfe von Madeleine Albright
Unter den fünf ständigen Ratsmitgliedern war die spätere US-Aussenministerin Madeleine Albright wohl die Einzige, die dem IKRK so etwas wie echte Sympathie entgegenbrachte und unsere Anliegen auch entsprechend unterstützte, wie dies die folgende kleine Episode zu illustrieren vermag: Es ging um den schon damals seit über zwanzig Jahren schwärenden Sahara-Konflikt und das schmerzliche Problem von Tausenden, sogar vom eigenen Regime „vergessenen“ marokkanischen Kriegsgefangenen. Als König Hassan II. in New York ankam um vor der Uno-Vollversammlung zu sprechen, fühlte er sich plötzlich unwohl und musste kurz hospitalisiert werden.
Nachdem ich die US-Botschafterin im Detail über das ungelöste humanitäre Problem der seit Jahren in der Wüste gefangenen Soldaten informiert hatte, stattete sie Seiner Königlichen Hoheit einen informellen Besuch am Krankenbett ab. Ihm gute und baldige Besserung wünschend, vergass sie auch nicht, an seinen royalen Einfluss zu appellieren, um den vielen, sich seit Jahren in der Gewalt der von Algerien unterstützten Polisario-Kämpfer befindenden Landsleuten die Heimkehr zu ermöglichen.
Ihre Intervention war tatsächlich von Erfolg gekrönt, denn kurz darauf begab sich eine Delegation von ranghohen Uno-Diplomaten und Sicherheitsratsmitgliedern nach Rabat und erreichte eine zumindest partielle Lösung des Problems: Tausende von Kriegsgefangenen konnten endlich wieder nach Hause. Allerdings wurde die Rückkehr für einige von ihnen zu einem weiteren Albtraum, denn da sie seit Jahren als verschollen galten, waren ihre Gemahlinnen inzwischen als Kriegswitwen deklariert worden. Und um den sozialen Status nicht zu verlieren und ihre Kinder durchbringen zu können, hatten sie sich inzwischen nach Landessitte wiederverheiratet, und dies oft mit engen Verwandten ihrer jetzt heimgekehrten Gatten …
Albrights Einladungen zu ihren Empfängen und Essen halfen auch in anderer Weise, zum Beispiel zum Herstellen persönlicher Kontakte mit hochrangigen Vertretern aus Ländern, in denen das IKRK mit Problemen kämpfte. Doch traf man in ihrer Residenz im Waldorf Astoria nicht nur Diplomaten und wichtige Politiker, sondern auch Persönlichkeiten aus dem kulturellen Establishment und Showbusiness. Und so kam es, dass ich mich zur willkommenen Abwechslung neben so ausnehmend charmanten Tischnachbarinnen wie Gloria Estefan, Judy Collins oder Barbra Streisand wiederfand.
Präsent im Uno-Sicherheitsrat
Jeden September, zur Zeit der Uno-Generalversammlung, kam auch der IKRK-Präsident für ein paar Tage nach New York, und ich arrangierte für ihn jeweils ein Arbeitsessen mit den Vertretern des Sicherheitsrats. Obwohl an diesen hektischen Tagen sowohl die Diplomaten wie das Uno-Restaurant meistens ausgebucht waren, war die Beteiligung der Ratsmitglieder immer höchst erfreulich, denn der erfahrene, immer bestens informierte und gelaunte Cornelio Sommaruga genoss einen exzellenten Ruf. Und dank seiner spontanen lateinischen Art war dann der Austausch am runden Tisch auch ebenso ungezwungen wie nachhaltig.
Der „Council“ gilt ja als das wohl mächtigste Gremium dieser Welt, zusammen vielleicht mit den Fora G7 und G20. Doch während sich letztere vor allem ökonomischer Themen annehmen, finden sich auf der Agenda des Sicherheitsrats praktisch alle jene Unruheherde und bewaffneten Konflikte, bei denen auch IKRK-Helfer im Einsatz stehen. Deshalb sass ich oft und lange in diesem Ratssaal, ein paar Meter hinter dem hufeisenförmigen Mitgliedertisch, auch wenn gelegentlich bis um drei Uhr morgens diskutiert und gestritten wurde.
Die praktisch konstante IKRK-Präsenz an diesen Sitzungen wurde von den meisten Mitgliedern gut aufgenommen, und während der Pausen ergaben sich dort natürlich gezieltere und ergiebigere Kontakte als in den umliegenden Korridoren, der geschäftigen Delegates’ Lounge oder an den üblichen, von den Landesvertretungen arrangierten, stereotypen Cocktail-Empfängen. Vom direkten Austausch von Informationen aus Krisengebieten konnten sowohl interessierte Ratsmitglieder wie auch das IKRK profitieren, besonders wenn seine Felddelegierten für die Ausübung ihrer Tätigkeit und die Sicherheit ihrer Leute die oft dringende Unterstützung einflussreicher Akteure benötigten.
Doch wie andere, vergleichbare Institutionen war auch der Sicherheitsrat schlussendlich lediglich ein Spiegelbild der Beziehungen zwischen seinen Mitgliedstaaten wie auch der in den entsprechenden Kapitalen vorherrschenden politischen Ambitionen und Realitäten. Dies zeigte sich vor allem im Umfeld der fünf über ein Vetorecht verfügenden ständigen Ratsmitglieder (USA, Russland, China, Grossbritannien, Frankreich). Neben einigen bemerkenswerten Errungenschaften hatte folglich der Rat auch diverse ernsthafte Probleme, die nicht unerwähnt bleiben sollten. Dies umso weniger, als viele seiner Entscheide oft über Leben und Tod unzähliger Menschen oder die Existenz ganzer Länder entschieden.
Schwachpunkte: Mangelnde Umsetzung von Resolutionen, überholte Zusammensetzung des Rates
Eine ernsthafte Analyse seiner oft hart erstrittenen Beschlüsse in Gegenüberstellung mit deren effektiven Ausführung würde mit Sicherheit ein klares Ungleichgewicht aufzeigen, denn allzu viele der Resolutionen oder „Presidential Statements“ landeten früher oder später lediglich in den Archiven und Statistiken, ohne auch je wirklich umgesetzt worden zu sein. Als Konsequenz daraus, und in krasser Verletzung der Pflichten des Rats und seines Mandats, Konflikte zu beenden, statt sie zu verlängern, hatte sich unter den Mitgliedern seit längerem eine ungesunde Kultur des kleinsten gemeinsamen Nenners breitgemacht, oft begleitet von einer erheblichen Dosis und Atmosphäre aus Zynismus und Resignation.
Verantwortlich dafür waren vor allem die drei mächtigsten der ständigen Mitglieder, und das namentliche Ende der Sowjetunion hatte daran wenig bis nichts geändert. Sogar auf dem ersten Höhepunkt der dem Corona-Virus geschuldeten, vielleicht grössten globalen Krise seit dem zweiten Weltkrieg, konnte sich der Rat nicht einmal dazu aufraffen das Thema auf seine Agenda zu setzen. Zwei der raren Punkte in dem sich die fünf „Permanenten“ meistens einig zeigten, war jedoch die beharrliche Ablehnung jeglicher grundlegenden Reformen der Arbeits- und Entscheidungsabläufe im Rat und, mehr noch, dessen längst nicht mehr zeitgemässe Zusammensetzung. So wurden nicht nur Zeit und dringend gebrauchte Mittel verschwendet, sondern auch das Recht hunderter Millionen von Menschen auf ein friedliches, menschenwürdiges Dasein ignoriert.
Experten für Doppelmoral
Zwar kommt hie und da etwas Bewegung in die Ratsblockade. So verweigerte erstmals ein für die Periode 2014/15 nominiertes Land die Annahme der Mitgliedschaft mit der folgenden Erklärung: „Die gegenwärtige grundsätzliche Haltung des Sicherheitsrats wie auch dessen Arbeitsmechanismen und Doppelmoral verunmöglichen es ihm, seiner Pflicht und Verantwortung für internationale Sicherheit und Frieden nachzukommen.“ Wie wahr! (Und wie ironisch, dass diese überraschende Weigerung ausgerechnet von den Saudis kam, die ja wohl wissen müssten, wovon sie reden, wenn Doppelmoral zur Diskussion stand …).
Trotz alldem bleibt es der geheime oder nicht so geheime Wunsch vieler Staaten, diesem prestigeträchtigen Rat wenigstens einmal anzugehören. Darunter befindet sich auch die neutrale Schweiz, die sich für die Periode 2023/24 als Mitglied bewirbt. Offenbar erhoffen sich einige unserer Politiker und Diplomaten während des zweijährigen Mandats nicht nur die Tücken und Fallen einer Mitgliedschaft in dieser Institution zu vermeiden, sondern sogar mithelfen zu können, den Rat zu einem effektiveren Friedensinstrument zu machen. Nun, einen Versuch ist es wohl wert, den Beteiligten wird Glück gewünscht!
Begegnungen mit Arafat, Lawrow, Clinton
Vor allem während der Zeit der Uno-Generalversammlung im Herbst hatte ich mehrmals Gelegenheit, mit einflussreichen Leuten, inklusive Staatschefs, in Kontakt zu kommen. Darunter waren Persönlichkeiten wie Benazir Bhutto, Shimon Peres, Paul Kagame und andere, oft aus Ländern in denen das IKRK seit längerem tätig war. Dabei versuchte ich, vor allem jene Politiker zu treffen, die dazu beitragen konnten, die IKRK-Arbeit auf dem Feld möglich und sicherer zu machen. Der Erfolg solcher Interventionen war zwar oft schwierig zu beurteilen, doch zumindest gab es dabei kaum etwas zu verlieren.
Dem Palästinenserführer Yassir Arafat zum Beispiel war ich bereits viele Jahre früher mehrmals begegnet, und dies unter bedeutend weniger komfortablen und harmonischen Umständen. Jetzt waren die PLO und das IKRK direkte Nachbarn auf den Uno-Beobachtersitzen, mit dem Päpstlichen Nuntius und dem Schweizer Botschafter zu unserer Linken, ein doch eher heterogenes Quartett …
Mit Radovan Karadzic, der eine Art gruseliger Verbindlichkeit ausstrahlte, hatte ich einen fast zweistündigen, nicht eben erfreulichen Austausch. Zwar war ich nie auch nur im Geringsten in Gefahr, seiner seltsamen Charme-Initiative zu verfallen, hatte ich doch genügend glaubwürdige Informationen, dass er über verschiedene von den Streitkräften seiner Partei verübten Grausamkeiten und Kriegsverbrechen zumindest bestens im Bilde war. Seine Leute waren auch die Hauptverdächtigen der Ermordung meines IKRK-Kollegen und guten Freundes Frédéric, der am 19. Mai 1992 auf einem von allen dort anwesenden Kriegsparteien offiziell genehmigten Einsatz zwischen Sarajevo und Pale gezielt aus dem Hinterhalt erschossen worden war. Zur selben Zeit waltete Karadzics Gattin Ljiljana als Präsidentin des mit Ausnahme Belgrads von niemandem anerkannten „Roten Kreuzes der Republika Srpska“ …
Wenige Monate vor meiner Abreise aus New York wurden in Tschetschenien sechs IKRK-Krankenpflegerinnen auf brutale Weise umgebracht, und ich hatte in der Folge ein besonders schwieriges Zusammentreffen mit Sergei Lawrow, einem der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats. Unsere Kolleginnen waren kaltblütig im Schlaf getötet worden, und die feigen Mörder, die das Verbrechen womöglich auf höheren Befehl verübt hatten, waren bisher noch nicht einmal identifiziert, geschweige denn vor Gericht gebracht worden. Der jetzige russische Aussenminister, zu jener Zeit noch Moskaus Vertreter bei der Uno, verneinte wiederholt und vehement, über dieses scheussliche Verbrechen irgendwelche Kenntnisse zu haben. Kurz vor meiner Abreise aus New York lud er jedoch völlig überraschenderweise zu einem grossen Essen in der Russischen Botschaft ein, „zu Ehren des IKRK“ ... Spasiba bolschoje, Sergei, und … honi soit qui mal y pense.
Auch vom US-Präsidenten Clinton erhielten ich und meine Gemahlin eine Einladung, und zwar zu einem Empfang zu Ehren des eben zum Präsidenten Südafrikas ernannten Nelson Mandela. Vom früheren Freiheitskämpfer wurden wir ganz besonders herzlich begrüsst, denn er hatte offenbar nicht vergessen, dass IKRK-Delegierte ihn mehrmals besucht und sich für ihn einsetzt hatten, als er im Gefängnis von Robben Island jahrelang unter schwierigen Bedingungen inhaftiert war. Sein eindrückliches, warmherziges Charisma entlockte meiner Gattin sogar eine kleine Träne. Bei der Gelegenheit fand auch Bill Clinton ein paar unverbindlich freundliche Worte für das IKRK.
Kofi Annan wird Generalsekretär
Im Januar 1997 übernahm Kofi Annan das Amt des Uno-Generalsekretärs, nachdem er bis anhin für die globale Friedenssicherung und die Koordination der dafür aufgebotenen Uno-Truppen zuständig gewesen war. Des Öftern hatte ich an den Diskussionen in seinem Büro teilgenommen, wo mögliche Lösungen von akuten Problemen in Krisengebieten gesucht und besprochen wurden. Nicht immer war er dabei erfolgreich, wenn ich an den fürchterlichen Genozid in Ruanda denke, dem fatalerweise erst dann mit der gebührenden Entschlossenheit und den nötigen Mitteln begegnet wurde, als es zu spät war.
Nach meinem fünfjährigen Arbeitseinsatz stand ich nun kurz vor der Abreise aus New York. Würde ich wohl den endlosen Sitzungen in den Sälen der Vollversammlung oder des Sicherheitsrats nachtrauern? Kaum. Würde ich die persönlichen Beziehungen mit zumindest einigen meiner Gesprächspartner vermissen? Sicher. Mit meiner Gemahlin wurde ich damals zu einem festlichen Mahl im Uno-Restaurant eingeladen, wo wir uns an einer ebenso rührenden wie gekonnten Darbietung des blinden Sängers Stevie Wonder erfreuten. Er sass uns direkt gegenüber am Flügel und hoffte, das musikalische Herz der anwesenden selbstherrlichen Politiker und Diplomaten zu erreichen. Mit uns zwei hatte er dabei überhaupt kein Problem.