Volkswagen gebärdet sich als reumütiger pilgernder Sünder: «Der Weg ist lang. Wir werden ihn gehen.» Mit dieser Headline auf dem Foto einer in einsame Fernen führenden Landstrasse spricht VW zur Öffentlichkeit (am Montag dieser Woche u.a. im Tages-Anzeiger). Wandernd in Sack und Asche will also der Industriegigant das Vertrauen der Kunden wiedergewinnen. Bloss wird das Kommunikationsmanagement gleich in den Tagen nach Erscheinen des ganzseitigen Büsser-Inserats durch neue Skandalmeldungen mehrfach durchkreuzt: Betrügereien bei weiteren Motorentypen und nun auch bei CO2-Werten. Dumm gelaufen!
Allerdings hätte man dem Konzern die Reue auch ohne dieses peinliche Zusammentreffen nicht recht glauben mögen. Die Schuldeingeständnisse kommen einfach zu flott daher. Bereits vor gut drei Wochen – die Liste der bekannten Gaunereien war da noch ziemlich lückenhaft – trat VW mit einem Inserat die Flucht nach vorn an, damals mit der Überschrift «Wir haben das wichtigste Teil unserer Autos kaputtgemacht: Ihr Vertrauen.»
Das wirkte angesichts der kriminellen Umstände einen Tick zu clever, indem der Selbstkasteiung ein Schuss Schmeichelei und eine Prise Witz beigemischt waren. Der Absender dieser schillernden Botschaft behielt beim öffentlichen Beichten den seit Jahren gepflegten Werbestil bei: Inszenierung von Werthaltigkeit – hier ausgedrückt durch minimalistische Gestaltung des Textes auf grosser weisser Fläche – und witzig-ironische Untertöne.
Die gleiche, jetzt aber noch deutlichere Wendung vom Schuldeingeständnis zur positiven Markenbotschaft enthält auch das jüngste VW-Skandalinserat vom Montag mit dem Landstrassenmotiv. Unter dem Bild steht: «Wir wollen Ihr Vertrauen wieder verdienen, damit Sie weiter gerne mit uns fahren.»
Damit ist das Zauberwort der Autowerbung gefallen: fahren. Schon das Bild mit der aus dem Vordergrund in die geheimnisvolle Ferne führenden – natürlich völlig verkehrsfreien – Landstrasse ruft nach dieser Parole. Ungehindertes, anstrengungsfreies Fahren in unberührter Landschaft ist immer noch und in Zeiten allgegenwärtiger Staus erst recht das magische Versprechen, mit dem für Autos geworben wird.
Die VW-Werbung hat rasch mit markigen Schuldbekenntnissen und hochherzigen Transparenzversprechen auf den Skandal reagiert. Professionelle Krisenkommunikation will es so. Im Hause VW aber liess man es damit nicht genug sein. Und so hat man denn mit diesen Büsser-Inseraten auf halb verdeckte Art das angestrebt, wofür VW-Werbung im Normalfall da ist: der Marke Leuchtkraft geben und Autos verkaufen.
Es könnte allerdings sein, dass die Konsumenten diese kommunikative Manipulation nicht witzig finden.