Die Amtszeit von Staatspräsident Sergio Mattarella läuft im kommenden Februar aus. Wird der fast 80-Jährige erneut für eine siebenjährige Amtszeit kandidieren? Längst schon wird spekuliert, wer ihm folgen könnte.
Der Rechtspopulist Matteo Salvini hat da einen Plan. Er will die zersplitterten Rechtsparteien vereinigen. Vor allem will er eine Allianz zwischen seiner Lega und Berlusconis Forza Italia zimmern. Zusammen hätten die beiden im Parlament einiges Gewicht. Doch der bald 85-jährige Berlusconi weiss, dass er dann vom 48-jährigen Salvini an die Wand gespielt würde. Deshalb hält ihm Salvini eine Rübe vor die Nase. Er schlägt ihm vor: Wir von der Lega wählen dich, Berlusconi, zum Staatspräsidenten – und deine Forza Italia unterstützt mich, Salvini, bei der Wahl zum Ministerpräsidenten.
Für die meisten Italienerinnen und Italiener wäre das ein Horror im Doppelpack.
Salvini als Regierungschef? Soll ein Mann die Regierung führen, der sich als Freund von Marine Le Pen, Viktor Orbán und Wladimir Putin ausgibt? Ein Mann, der immer wieder als Rassist auffiel und Kontakte zu italienischen Rechtsextremen pflegt? Den meisten Italienern läuft es bei dieser Vorstellung kalt über den Rücken.
Und dazu Berlusconi als Staatspräsident – er, der mehrmals Vorbestrafte, der enge Beziehungen zur Mafia und den Faschisten hatte, der minderjährigen Mädchen sehr nahe gekommen ist und das Land ins wirtschaftliche Schlamassel geritten hat? Er soll also – als Krönung seiner Laufbahn – das Amt des „Presidente della Repubblica“ übernehmen, ein Amt mit moralischer Autorität? Berlusconi als moralische Instanz? Ausgerechnet.
Noch ist es nicht soweit. Eine Fusion der Lega und Forza Italia stösst auch im rechten Lager nicht nur auf Wohlwollen. Viele wissen: Ein Zusammenschluss wäre das Ende der Berlusconi-Partei. Forza Italia würde schnell von der Lega aufgesogen. Namhafte Persönlichkeiten von Forza Italia wenden sich offen gegen eine Vereinigung der beiden Parteien. Unter ihnen Mariastella Gelmini, die einflussreiche Ministerin für regionale Angelegenheiten, eine enge Vertraute des Forza Italia-Chefs.
Auch Berlusconi selbst zögerte zunächst. Er weiss, eine Verschmelzung würde das Ende seines politischen Lebenswerks bedeuten. Doch jetzt sagt er plötzlich: „Subito il partito unico tra Lega e Forza Italia.“ Seine Kehrtwende ist aus der Not geboren. Seine Partei zerbröckelt. Bereits haben sich über drei Dutzend Parlamentarier von ihm losgesagt und eigene Gruppierungen gegründet. Er will retten, was noch zu retten ist. Besser in einem rechten Bündnis eine zwar untergeordnete, aber doch noch wichtige Rolle spielen, als gar keine Rolle mehr spielen.
Zudem: Die Lega und Forza Italia könnten ihren Plan nicht allein durchsetzen. Dazu bräuchten sie die dritte Rechtspartei. Doch der Versuch, auch die aufstrebende postfaschistische Partei Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni ins Boot zu ziehen, ist bisher gescheitert. Meloni will sich nicht in einem rechtsgerichteten Sammelbecken einbinden lassen. Mit gutem Grund: Die Oppositionsrolle bekommt ihr gut. Ihre Popularität steigt; sie hat Salvini bereits überholt. Und vor allem ködert sie immer mehr Mitglieder der Lega und der Berlusconi-Partei. Ob Salvinis kühner Plan aufgeht, ist also mehr als ungewiss.
Dazu kommt: Niemand weiss, ob der Posten des Regierungschefs bald einmal frei wird. Die nächsten Parlamentswahlen finden in knapp zwei Jahren, im Mai 2023, statt. Bis dann fliesst noch viel Wasser den Tiber hinunter. Wird dann Ministerpräsident Mario Draghi erneut kandidieren, oder tritt er schon vorher zurück?
Er war als Troubleshooter geholt worden, weil das Politpersonal in Rom nicht fähig war, einen Plan für die Verteilung der EU-Hilfsgelder auszuarbeiten. Jetzt hat Draghi, der Mohr, seine Arbeit getan: der Plan steht. Will er weitermachen? Oder kann der Mohr jetzt gehen?
Salvini hat noch einen weiteren Plan in der Hinterhand: Er will Draghi ins Amt des Staatspräsidenten hissen. Dann wäre der Platz für ihn als Regierungschef frei. Berlusconi ginge dann leer aus.
Das Schöne an der italienischen Politik ist: Man kann jeden Tag neu spekulieren.