Traditionsgemäss folgen an dieser Stelle zum Jahresanfang einige vielversprechende Innovations-Beispiele. Sie sollen zeigen, dass der globale Wandel – von vielen misstrauisch beobachtet – auch Hoffnungen weckt, Fortschritt bereithält, Technologien verändert – good news – obwohl sich schlechte besser verkaufen.
Zuversicht statt Angst
Mitten in der globalen Internetumwälzung sei wieder einmal daran erinnert, dass keine der drei bisherigen industriellen Revolutionen dazu geführt haben, dass als Folge Heerscharen von Arbeitslosen auf die Strasse gestellt worden wären. Im Gegenteil: die neuen Maschinen erschlossen stets neue wirtschaftliche Möglichkeiten, die sich in der Folge positiv in der Beschäftigungs- und Lohnentwicklung niederschlugen.
Da wir nicht wissen, was wir nicht wissen – oder anders: da wir gar nicht wissen können, welche Innovationen in den nächsten Jahrzehnten unser Leben umkrempeln werden, sollten wir – statt in Schwarzmalerei zu verfallen – neugierig in die Zukunft blicken.
Optimismus und Tatendrang
Die Schweizer Wissenschaft ist Weltspitze. Die Schweiz ist auch das innovationsstärkste Land der Welt – sagt der Indikator des Deutschen Zentrums für europäische Wirtschaftsförderung. Optimismus und Tatendrang der Jugend in Ausbildung wirken ansteckend. Hier einige spannende Entwicklungen mit Fokus auf Zürich, ETH und Unternehmungen. Zürich wird, zum Beispiel, dank des ETH-Labors von Roland Siegwart zur Robotics-Stadt, es zählt zu den besten weltweit. Gemäss BILANZ ist es führend in der Forschung von selbständigen Robotern. Etwa eine Drohne, die Objekte lokalisieren und greifen kann, oder der Laufroboter, der bei der Bergung von Menschen hilft.
Allein in den letzten 10 Jahren sind über ein Dutzend Robotik-Spin-offs entstanden. Erfolg spricht sich herum: Google, Apple und Facebook haben inzwischen zahlreiche ETH-Abgänger abgeworben. Doch immerhin bleiben solche Arbeitsplätze im Land. Die grossen Drei haben alle Zweigniederlassungen in Zürich.
Ratschläge in den Wind geschlagen
Immer wieder revolutionieren Wissenschaftler den aktuellen Stand des Wissens, obwohl man ihnen abgeraten hat, z. B. Physik oder Informationssicherheit zu studieren. Prominentestes Beispiel: Albert Einstein hat man in der Mittelschule davor gewarnt, Physik zu studieren, „da diese im Wesentlichen bekannt sei“. Adrian Perrig, Professor an der ETH Zürich, erhielt seinerzeit die Warnung „beschäftige dich nicht mit Informationssicherheit“; schien es doch damals, als gäbe es für einen jungen Wissenschaftler da nichts mehr zu holen. Heute ist Perrig drauf und dran, eine neue Internet-Architektur zu etablieren: „Scion-Scalability, Control, Isolation on Next-Generation Networks“ (NZZ). Rund 80 Wissenschaftler haben dazu beigetragen. Damit soll die Netz-Sicherheit verbessert und die Verfügbarkeit des Internets erhöht werden.
Sie verstehen unsere Sprache
2021 sollen bei ihnen in Zürich 5’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten, dabei ist Zürich schon heute der wichtigste Forschungs-Standort von Google. Alles begann 2004 mit zwei Personen am Limmatquai. Der Basler Urs Hölzle war einer der Ersten, die von den Google-Gründern Page und Brin am Anfang eingestellt worden waren. Der Fokus in Zürich liegt beim Forschungsteam Google Research Europe, dessen Leute sich mit maschinellem Lernen beschäftigen. Über den Google-Assistant lassen sich z. B. Hotels buchen oder Verkehrsdichte abfragen – mittels Sprachbefehlen, die Software versteht die natürliche Sprechweise und kann einen Dialog verfolgen.
Hölzle, der massgeblich dazu beigetragen hat, dass Google nach Zürich kam, ist überzeugt davon, dass sich funktionierende Wirtschaftsstandorte meistens in der Nähe von guten Universitäten entwickeln, die dann in der Folge Start-ups und Spin-offs hervorbringen. Diese weiteren Google-Projekte werden in Zürich vorangetrieben: Google-Suche, YouTube, Google-Anzeigen, Google-Calendar, Gmail/Inbox, Google Maps, Google Earth, Google Flights, Google Trips (TA).
Aus Uhren werden Wearables
Schweizer waren schon immer gute Uhrmacher. Neuerdings stossen sie ins Wearable-Neuland vor: gemeint sind tragbare Geräte, die Körpersignale so exakt messen, dass sie als Medizingeräte gelten. Die Zürcher Firma Ava verkauft für 250 Franken ein Armband für Frauen, das mit hoher Genauigkeit die fruchtbaren Tage pro Zyklus erkennt und damit den Frauen hilft, schwanger zu werden.
Biovotion, mit Sitz in Zürich, wurde 2011 gegründet und ist heute ein führendes Wearable Physiology Monitoring Unternehmen, das integrierte Lösungen im Gesundheitswesen anbietet, welche die Benützer bei der Beachtung eines gesunden Lebensstils unterstützen. Gleichzeitig helfen sie, die Behandlungsergebnisse im Gesundheitswesen zu optimieren, und zielen darauf ab, die Kosten für die Gesundheitsversorgung zu senken.
Intelligente Maschinen können sehen
Ein weiteres ETH-Start-up Unternehmen ist PXL Vision in Zürich (pxl-vision.com). Die beiden Gründer Michael Born und Karim Nemr arbeiten mit ihren rund 20 Mitarbeitern mit Hochdruck am Projekt Computer-Vision, bei dem Daten und Bilder mit der Handykamera in Echtzeit erfasst werden. Ihr neues App ist in der Lage, die digitale Identifikation sicherzustellen, mittels Algorithmen, die in Sekundenbruchteilen erkennen, interpretieren und aufbereiten können. „Maschinen können Gesichter zuverlässiger erkennen als Menschen“, sagt Born, und „wir wollen Maschinen das Sehen beibringen“ (TA).
Aus Kohlendioxid wird Methanol
Unterwegs zu einem CO2-neutralen Energiekreislauf ist ein Forscherteam der ETH damit beschäftigt, mit seinem interdisziplinären Ansatz „aus CO2 etwas Vernünftiges zu machen“, wie Professor Philipp Rudolf von Rohr sagt. Das Team besteht aus rund einem Dutzend Forscherinnen und Forschern aus acht Ländern, das mit weiteren vier Teams zusammen arbeitet. Es geht nicht nur darum, Kohlendioxid aus der Luft zu holen. Ums Klima geht es aber doch auch. Die Idee ist, einen nächsten Schritt zu ermöglichen, sozusagen CO2 zu einem flüssigen Rohstoff aufzubereiten. Dabei soll das schädliche Treibhausgas mithilfe von Wasserstoff in Rohstoffe verwandelt werden, aus denen wieder Nützliches hergestellt werden kann wie etwa Brennstoffe. Der Clou dabei: CO2 als Gas zu speichern ist mit einem riesigen Aufwand verbunden. Kann es dagegen in flüssige Stoffe umgebaut werden, lassen diese sich problemlos lagern und transportieren (Schweizerischer Nationalfonds, snf.ch, „Horizonte“).
Holz, Baustoff des 21. Jahrhunderts
„Holz muss der Baustoff des 21. Jahrhunderts werden“, sagt Firmengründer Michael Klippel von Swiss Timber Solutions (swisstimbersolutions.ch), einem weiteren ETH-Spin-off, einem von insgesamt 25 Firmengründungen allein 2016. Auch Klippels Doktorvater, Andrea Frangi, der die Forschung begleitet hat, ist überzeugt von der rosigen Zukunft des Holzbaus (TA). Verdichtetes Bauen ruft – wo es Statik und Bauordnung erlauben – nach Aufstockung von bestehenden Gebäuden. Entscheidend ist dabei, mit Holz weniger Gewicht zu erzeugen. Die modernen Produktionsmethoden sind digitalisiert und hoch technologisiert; computergesteuerte CNC-Maschinen fräsen Bauteile, ganze Häuser entstehen in der Produktionshalle. Entscheidend für den Boom mehrgeschossiger Bauten war die Anpassung der Brandschutzvorschriften 2005 gewesen.
Innovationen treiben die Schweizer Wirtschaft und den erfolgreichen Export in eine vielversprechende Zukunft.