
Südkoreas Verfassungsgericht hat die Absetzung des angeklagten Präsidenten Yoon Suk Yeol bestätigt. Erleichterte Menschen in der Nähe des Amtssitzes des Präsidenten in Seoul äussern ihre Freude darüber, den ungeliebten Yoon definitiv losgeworden zu sein. Yoon war seines Amtes enthoben worden, weil er ohne triftigen Grund das Kriegsrecht verhängt hatte. Nach einem längerem Hin und Her, das Südkoreas Gesellschaft gespalten hatte, ist er jetzt rechtsgültig aus dem Amt entfernt.
Das Gericht begründete sein einstimmig getroffenes Urteil damit, dass Yoon das Kriegsrecht nicht hätte verhängen dürfen, weil es keine nationale Krise gab. Ausserdem habe er gegen das Gesetz verstossen, als er Soldaten zur Nationalversammlung beorderte, um eine Aufhebung des Kriegsrechts durch das Parlament zu verhindern.
Die regierende rechtskonservative People Power Party (PPP) teilte mit, den Schritt zu akzeptieren. Das sagte Interimsvorsitzender Kwon Young Se. Als Interimspräsident fungiert derzeit Premier Han Duck Soo. Der 75-Jährige versprach in einer ersten Stellungnahme, alles dafür zu tun, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
Die Staatskrise begann am Abend des 3. Dezember vergangenen Jahres, als Yoon überraschend das Kriegsrecht ausrief. Hintergrund war ein Budgetstreit mit den Oppositionsparteien, die seine Gesetzesvorhaben weitgehend blockiert hatten. Yoon begründete seine Kriegsrechtsentscheidung unter anderem mit dem Vorwurf, die linke Opposition agiere staatsfeindlich und sei von kommunistischen Kräften unterwandert. Beweise gibt es dafür bis heute nicht.
Die anhaltende Staatskrise hat nicht nur die politische Reputation der demokratischen Republik Südkorea beschädigt, sondern auch die Wirtschaft gebremst. Die Zentralbank in Seoul senkte in den vergangenen Monaten ihre Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wiederholt, was massgeblich mit den politischen Ereignissen zusammenhängt. Ausländische Unternehmen hielten sich aufgrund des Machtvakuums und fehlender Planbarkeit mit Investitionen stark zurück.
Ob das Land mit dem höchstrichterlichen Urteil nun wieder in ruhigere Fahrwasser zurückkehren wird, muss sich noch zeigen. Zum einen haben sich die politischen Gräben in der ohnehin polarisierten Gesellschaft Südkoreas vertieft. Zum anderen wird befürchtet, dass die Anhängerinnen und Anhänger Yoons den Urteilsspruch des Verfassungsgerichts nicht akzeptieren und Widerstand leisten könnten.