Auf dem Bürgenstock oberhalb des Vierwaldtättersees hat am Nachmittag der zweitägige Ukraine-Gipfel begonnen. Dabei sind neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj unter anderen auch die amerikanische Vizepräsidentin Kamala Harris, Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen. 160 Staaten sind eingeladen worden. Delegationen aus 92 Ländern sind vertreten, 57 davon auf höchster Ebene. 90 Länder fehlen.
«Nur Putin will diesen Krieg», erklärte der ukrainische Präsident vor den Medien auf dem Bürgenstock. Die Ukraine habe den Krieg nicht gewollt, er sei von Russland provoziert worden. Der einzige, der den Krieg wolle sei Putin. Selenskyj zeigte sich erfreut, dass so viele Länder an dem Ukraine-Gipfel teilnehmen.
Bundespräsidentin Amherd sagte, man wolle «mit diesem Ukraine-Gipfel einen Prozess für einen dauerhaften Frieden inspierieren». Russland verletzte mit seinem Angriffskrieg die Uno-Charta. Irgendwann müsse aber auch Russland in diesen Prozess miteinbezogen werden. «Als internationale Gemeinschaft können wir uns dafür einsetzen, das Terrain für Frieden vorzubereiten.» Diskutiert würden am Ukraine-Gipfel vor allem drei Themen: Die nukleare Sicherheit, die Ernährungssicherheit und die menschliche Dimension.
Der Gipfel geht auf einen Vorschlag von Präsident Selenski zurück. Er wollte möglichst viele Staats- und Regierungsoberhäupter auf seinen 10-Punkte-Friedensplan einschwören. Dafür suchte er ein Gastgeberland. Bundespräsidentin Viola Amherd versprach, den Gipfel in der Schweiz auszurichten. Die Schweiz bestimmt die Tagesordnung. 500 Medienleute, einige auch auch Russland, verfolgen die Konferenz. In einer Tennishallte wurde ein Medienzentrum eingerichtet.
Abwesend sind neben dem nicht eingeladenen Wladimir Putin der chinesische Machthaber Xi Jinping, Uno-Generalsekretär António Guterres, der eben wiedergewählte indische Premierminister Naranda Modi, der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, der brasilianische Präsident Lula da Silva und auch zahlreiche Eingeladene aus dem Globalen Süden.
Putin bezeichnet den Gipfel als «absolut bedeutungslos»; dennoch schiesst er aus allen Rohren gegen das Treffen.
Die Schweizer Armee hat den Bürgenstock zur Festung aufgebaut. Für die Konferenzteilnehmer wurde eigens ein Heliport gebaut. Bis zu 4000 Soldaten stehen für die Konferenz im Einsatz.
Kamala Harris war am Samstagvormittag in Zürich-Kloten eingetroffen.
Während die Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock eröffnet wurde, demonstrierten in Luzern Ukrainerinnen und Ukrainer gegen Putin und den Krieg und verlangten die Freilassung der Kriegsgefangenen.
G7: Scharfe Kritik an China
Die G7, die diese Woche in Süditalien tagte, hat in ihrem Schlusscommuniqué China mit scharfen Worten krisitiert. Einige der G7-Teilnehmer waren nach Abschluss der Tagung in Apulien direkt auf den Brügenstock gereist.
Chinas Unterstützung für Russland «ermögliche» den russischen Krieg in der Ukraine. Gleichzeitig drohten die G7-Teilnehmer mit weiteren Sanktionen gegen Länder, die «die Moskauer Kriegsmaschinerie materiell unterstützen». Beobachter erklären, es sei offensichtlich, dass die USA ein härtere Gangart gegenüber China einschlügen.
«Chinas anhaltende Unterstützung für die russische Rüstungsindustrie ermöglicht es Russland, seinen illegalen Krieg in der Ukraine fortzusetzen», so die G7-Staats- und Regierungschefs in ihrem am Freitag verabschiedeten Schlusscommuniqué
«Wir fordern China auf, den Transfer von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, einschließlich Waffenkomponenten und Ausrüstung, einzustellen, die für Russlands Verteidigungssektor von Bedeutung sind.»
Die USA beschuldigen China, Russland mit Halbleitern und Werkzeugmaschinen zu unterstützen. Diese würden Moskau in die Lage versetzen, die Produktion von Panzern, Munition und gepanzerten Fahrzeugen zu steigern.
China dementiert
Peking hat diese Anschuldigung zurückgewiesen und erklärt, dass es weder an die eine noch an die andere Seite Waffen geliefert hat und strenge Ausfuhrkontrollen für Güter mit doppeltem Verwendungszweck aufrechterhält.
Die USA und die Europäische Union haben bereits Sanktionen gegen chinesische Unternehmen beschlossen. Diese Woche verhängten die USA neue Sanktionen gegen in China ansässige Unternehmen, die Halbleiter an Russland liefern.
«China liefert keine Waffen, sondern die Fähigkeit, diese Waffen zu produzieren, und die dafür verfügbare Technologie», sagte Präsident Biden auf dem G7-Gipfel am Donnerstag. «Es hilft also tatsächlich Russland.»