Kippt Polen bei der Migrationspolitik ins rechtspopulistische Lager? Der dezidiert proeuropäische polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat eine radikale Kehrtwende angekündigt. Im Kampf gegen illegale Migration will er das Asylrecht vorübergehend aussetzen. Damit geht er auf Konfrontationskurs mit der EU. Er werde «hart und rücksichtslos» vorgehen, sagt der liberalkonservative Regierungschef.
Auf einem Parteitag seiner Bürgerkoalition (KO) betonte Tusk, dass der Staat die 100-prozentige Kontrolle darüber zurückgewinnen müsse, wer nach Polen komme und in den EU-Mitgliedsstaat einreise.
Er warf Putin und dem belarussischen Machthaber Lukaschenko vor, bewusst Migranten nach Polen zu schleusen, um das Land zu destabilisieren.
Tusks Vorstoss gefällt jenen europäischen Regierungen, die eine harte Migrations- und Asylpolitik versprechen. Der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof hat kürzlich ganz im Geist des Rechtspopulisten Geert Wilders «das strengste Asylregime aller Zeiten» angekündigt. Dafür erhielt er Unterstützung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán. Auch der slowakische Ministerpräsident Robert Fico politisiert auf dieser Linie.
Bei anderen Rechtspopulisten stiess Tusks Vorstoss bereits auf freudige Zustimmung. In einer erste Reaktion sagte Alice Weidel, die Chefin der deutschen AfD: «Dieses Recht wollen wir auch in Deutschland durchsetzen.»
Die Wahl des Proeuropäers Tusk vor einem Jahr hatte in Brüssel Erleichterung ausgelöst. Nach den schwierigen Jahren unter der rechtsnationalistischen PiS-Partei habe man nun wieder einen wahren Freund der Europäischen Union und einen liberalen Wahrer rechtsstaatlicher Prinzipien. Tusks Vorgänger-Regierung, die von der nationalkonservativen PiS dominiert wurde, hatte eine klar EU-kritische und migrationsfeindliche Politik verfolgt.
Donald Tusk war von 2014 bis 2019 Präsident des Europäischen Rates.