Es gibt einen Tunnel am Ende des Lichts - könnte man in Umkehrung der alten Redewendungsagen. Ein Tunnel, der nach einer relativ ruhigen und «sonnigen» Phase des Schweizer Zusammenlebens eine neue polemische Phase eröffnet: Zwischen Parteien, Regionen, Interessensvertretern und Vertretern von keinen Interessen (vielleicht auch Ausländer), die zeigen möchten, dass sie gegen jeden menschlichen Eingriff in die Umwelt sind (die Erfahrung der TAV-Linie Turin-Lyon zeigt, dass solche Grossbauten mehr als andere die kollektive Wahrnehmung treffen).
Theoretisch ist das Thema abgeschlossen. Der Bundesrat hat im Juni beschlossen, dass es neben dem aktuellen Strassentunnel des Gotthards einen zweiten Tunnel geben wird, um die Kapazität zu erweitern. Wie schon oft passiert, ist es Bern gelungen, das Einvernehmen zu schaffen...zwischen den Gegnern! Aber statt die bisher unter Experten geführte Debatte abzuschliessen, wurde sie neu entfacht und die Alternativen werden wieder in Betracht gezogen. Sehen wir uns diese im Überblick an.
Option Null
Sie ist einfach zu beschreiben: Man tut gar nichts. An einem gewissen Punkt, vor dem Jahr 2025 wird der Gotthard-Strassentunnel während 24 Monaten komplett geschlossen werden müssen, um die notwendigen Sanierungsarbeiten bei einem fast 50 Jahre alten Tunnel vorzunehmen. Der San Bernardino, nur dem Namen nach eine Autobahn, kann nur teilweise als Lösung dienen, so wie der Gotthardpass.
Vorteile: Erstens kostet diese Lösung nichts, auch wenn einige hundert Millionen Franken ausgegeben werden müssen, um einige Engpässe des Gotthardpasses und des San Bernardino zu verbessern und um Verladesysteme zu bauen, mit Park+Ride in Bellinzona, Lugano, Zug oder Altdorf. Zweitens ist das konsequent gemäss Wunsch der Wähler und der Regierungspolitik, die auf eine Verlagerung auf die Schiene setzen.
Nachteile: Voraussehbar sind lange Staus in verschiedenen Alpentälern und damit verbunden Lärm und Luftverschmutzung. Eventuell könnte man mit Hilfe von GPS und Natel ein System finden, um wenigstens teilweise den Ansturm vor allem des Schwerverkehrs zu reduzieren. Das Tessin hätte sicher von einer Schliessung seiner Hauptarterie keinen Vorteil. Das Wirtschaftssystem, der Tourismus an erster Stelle, sind zu Recht besorgt.
Option «Null + »
Eine noch grössere Folgerichtigkeit ergibt sich, wenn man beschliesst, während der Schliessung des Tunnels einen Autozug anzubieten. Vorteile: Es wäre eine gute Gelegenheit, die Menschen dazu zu zwingen, den intermodalen Verkehr als Alternative zu erwägen. Die Idee, dass man sich am Abreiseort ins Auto setzt und erst am Ziel wieder aussteigt, scheint unverzichtbar. Von Macht der Gewohnheit hätte man übrigens auch sprechen können, als es um das Rauchen in Kinos oder Zigarre im Restaurant ging. In wenigen Jahren ist diese Gewohnheit vergessen worden und wir sind sogar erstaunt, wenn wir in einem alten Film ein Bild eines Rauchers im Lokal sehen. Ein kolossales Experiment des intermodalen Verkehrs könnte auch eine erzieherische Funktion haben.
Nachteile: Ähnliche Lösungen sind noch nie in so grossem Umfang getestet worden. Die verfügbaren Daten (eventuell mit etwas Übertreibung) sprechen von einem enormen Platzverbrauch und von erheblichen Kosten (1,8 Milliarden?) für eine zeitlich sicherlich begrenzte Lösung.
Zweite Röhre
Die von der Regierung im Juni vorgeschlagene Lösung ist einfach: Den bestehenden Rettungsstollen zum zweiten Tunnel ausbauen. Für den Bau sind 2,8 Milliarden nötig und XX Jahre. Wenn man sofort beginnen würde, könnte man die Sanierungsarbeiten des «alten» Tunnels verschieben bis der neue bereit ist.
Vorteile: Zu einem erheblichen Preis würde sich die Eidgenossenschaft mit einer festen Infrastruktur ausrüsten und nicht nur mit einem Provisorium. Durch die globale Kapazitätserhöhung wäre die Nord-Süd-Verbindung schneller und vor allem sicherer. Die Auswirkung auf die angrenzenden Regionen wäre bedeutend, aber kleiner als die des Gotthard-Basistunnels.
Nachteile: Der Geist, wenn nicht sogar die Praxis, dieser Lösung steht im Widerspruch zur Anti-Strassen-Strategie, die das Volk ausgedrückt hat und mit riesigen Summen für den NEAT-Alpentransit in Praxis umgesetzt wurde.
Dazu kommt auch wieder die übliche Frage des Flaschenhalses, denn die Kapazitätserweiterung am Gotthard hätte eine Verkehrszunahme zur Folge, die zu Staus weiter südlich führen würden: Auf der Strecke Lugano-Mendrisio, die zu Stosszeiten bereits an der Kapazitätsgrenze ist und im Gebiet Brogeda.
Zweite Röhre oder Verdoppelung mit PPP
Es handelt sich eigentlich nicht um eine alternative Lösung, sondern um eine Ergänzung zum Regierungsvorschlag. Die Finanzierung der Verdoppelung (und der Unterhaltsarbeiten) erfolgt durch das Einbeziehen von Privaten (man denkt besonders an die Pensionskassen), die ihre Investitionen durch eine Transitgebühr hereinholen (Gebühr wie am Monte Bianco oder Frejus). Dieser Vorschlag «von rechts» würde den Alp-Transit der Bahn (teuer) gleichsetzen mit dem Strassentransit (gratis). Vorteile: Wenn die Schweiz auch eines der wenigen Länder ist, die es sich leisten können, ist doch die Aussicht auf Einsparungen von einigen Milliarden Franken immer willkommen. Indem man die Aktivität den Privaten überlässt, könnte man der Regierung nicht vorwerfen, es sei ein «Unterstützen» des Strassen-Güterverkehrs, wobei sie im Widerspruch zu sich selbst und dem Willen von Volk und Ständen stehen. Eine vernünftige Gebühr wäre kein bedeutendes Hindernis für die Tourismustreibenden im Tessin.
Nachteile:
Die Gebühr für die Durchquerung des Tunnels würde Staus verursachen, ausserdem sind die Schweizer nicht gewohnt, diese Kosten zu zahlen. Das Einbeziehen von Privaten würde das politische Gewicht und die Medienpräsenz der Projekt-Macher erhöhen und das könnte ein Thema werden, wenn es in der Bauphase zu Problemen kommen sollte.
TES bezieht keine Position, aber ist der Meinung, das Gotthard-Thema ist eine Debatte über die Zukunft der Schweiz und des Kantons Tessin, dessen Existenz vom Nord-Süd-Verkehr geformt wurde und zu dessen Geschichtsdaten die Bauten gehören, mit denen der Mensch die unwirtliche Geologie der Umwelt zu bezwingen versuchte: Gotthardpass und Eisenbahntunnel, Autobahntunnel (und Verlängerung der Autobahn nach Italien) und Eisenbahn-Basistunnel.
Unser Kanton ist kein Jugendlicher, sondern ein erwachsener Mensch, dessen Lebensqualität und Lebensdauer zu einem grossen Teil von seinen Arterien abhängt. Der Kanton muss eine Position finden, die am besten seine Bedürfnisse darstellt, und sich im Entscheidungsprozess Gehör verschaffen, statt sich in Jammern und Prinzipien zu verlieren, und dann später kleine nebensächliche Vorteile zu suchen (die Vergabe von Aufträgen, der Verkauf von Grund, die temporäre Anstellung).
"Herausforderung der Zukunft": Adriano Cavadini, Wirtschaftsberater, ehemaliger FDP-Nationalrat
Mit dem 1882 eröffneten Eisenbahntunnel durch das Gotthardmassiv und fast 100 Jahre später mit dem Autotunnel verfügen die Schweiz und Europa über neue attraktive Verbindungswege über die Alpen, sowohl für den Güter- als auch für den Personenverkehr. Diese beiden Infrastrukturen haben auch zur Entwicklung des Tessins beigetragen, indem sie es aus der Isolation und Randlage herausholten. Jedoch nicht ohne neue Schwierigkeiten wegen des starken Zuwachses des Strassenverkehrs in den vergangenen Jahren.
1988 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament seinen Vorschlag für einen neuen Gotthard-Basistunnel, und zwar weil die alte aus dem Jahr 1882 stammende Linie den weiteren Zuwachs des Güterverkehrs nicht bewältigen konnte und weil die zunehmende Mobilität nach einer konkurrenzfähigen Hochgeschwindigkeitslinie für den Personenverkehr verlangte, um sich mit den bereits bestehenden oder im Bau befindlichen Linien im Norden und Süden der Schweiz verbinden zu können. Die erste Idee des Bundesrates sah eine neue schnelle Linie von Basel nach Chiasso vor. Die Reaktionen in den Nationalratskommissionen führten dazu, dass der Bundesrat sein intelligentes, ehrgeiziges Projekt auf den Bau von zwei komplexeren Lösungen reduzierte: Den Gotthard-Basistunnel und den durch den Monte Ceneri. Hinzugefügt wurde noch ein weiterer Basistunnel durch den Lötschberg, um den Erwartungen vor allem aus den Westschweizer Kantonen entgegenzukommen. Die Alpeninitiative war in der Zwischenzeit vom Volk angenommen worden, mit der man diese alpinen Regionen vor einem exzessiven Autoverkehr schützen will. Man war der Ansicht, mit den beiden Basistunnels könnte man einen Ansporn dazu geben, einen Grossteil des Schwerverkehrs in der Schweiz auf die Schienen zu verlagern. Die Autobahn sollte damit von dieser Fahrzeugkategorie entlastet werden und könnte so eine grössere Rolle im Personenverkehr spielen.
Seit einigen Jahren ist der Lötschberg mit Erfolg in Funktion und scheint seine Transportkapazität schon ausgelastet zu haben, auch weil er auf einem erheblichen Teil nur einspurig ist. 2016 wird der neue Bahntunnel zwischen Erstfeld und Pollegio (57 km) eröffnet und um 2019-2020 auch derjenige am Monte Ceneri. Uns stehen dann moderne Verkehrsbauten zur Verfügung, die mehr Personen- und Güterzüge zulassen. Doch auch mit der Fertigstellung dieser für den Nord-Süd-Verkehr wichtigen Infrastruktur bleiben noch einige Fragen offen.
Offene Fragen: Die vollständige Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, insbesonders des Transitverkehrs, wird auch nach 2020 nicht möglich sein, denn die Kapazitäten der Bahn sind nicht unbegrenzt und in Bezug auf die Kosten ist die Konkurrenz des Strassenverkehrs immer noch zu gross, trotz der Einführung der Schwerverkehrsabgabe. Letztere kann auch nicht über eine gewisse Höhe angehoben werden, denn dann würde man gegen die Abkommen mit der EU verstossen. Andererseits darf man nicht vergessen, dass die Gotthard-Bahnlinie nicht ausschliesslich für den Gütertransport sein kann. Vor allem für den Kanton Tessin bietet die Bahn eine wesentliche Verbindung für den Berufsverkehr und den Tourismus. Ausserdem wird diese Linie auch innerhalb des Kantons eine immer grössere Rolle spielen, als Regionalverbindung zwischen Bellinzona, Lugano und den anderen wichtigsten Orten des Kantons. Folglich werden die zukünftigen Verkehrskapazitäten der Bahn diesen drei Anforderungen gewachsen sein müssen (Güterverkehr und Personenverkehr auf der Nord-Süd-Achse, Reisende des Regionalverkehrs). In Anbetracht der ständigen Zunahme des Schwerverkehrs und vor allem des Autoverkehrs ist es unrealistisch zu glauben, der gesamte Güterverkehr zwischen Nord und Süd könnte auf die Schiene verlagert werden.
Abgesehen von der fehlenden ausreichenden Kapazität, muss gesagt werden, dass es für die kleinen und mittleren Tessiner Unternehmen oder für kleinere Lieferungen aus der Deutschschweiz an Tessiner Firmen sehr schwierig sein wird, nur die Bahn zu benutzen, aus Kostengründen und weil die Lieferung per LKW schneller und direkter zum Endkunden kommt. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie einige Grossverteiler, die täglich erhebliche Mengen durch den Gotthard bewegen.
Eine weitere offene Frage bleibt bei den Zufahrtsrampen nördlich und südlich des Gotthards. Sobald der Ceneritunnel fertig ist, müssen die Züge auf der bestehenden Linie zwischen Biasca Süd und Camorino fahren, und von Vezia nach Chiasso. Auch im Norden werden nicht alle heutigen Strecken angepasst sein. Diese Begrenzung wird die Kapazität der Linie beeinträchtigen, trotz der zahlreichen vorgesehenen technischen Verbesserungen und die geplante Hochgeschwindigkeit. Leider werden die Strukturen von Alptransit, die in Luzern und im Kanton Tessin in den letzten Zwanzig Jahren entstanden sind, nach 2020 abgebaut und die erwähnten Zufahrtsrampen werden erst in zirka 25-35 Jahren zur Verfügung stehen. Der Bundesrat sagt, die finanziellen Mittel seien begrenzt und er müsse zuerst andere Anfragen aus der restlichen Schweiz berücksichtigen. Deshalb glaube ich nicht, dass wir in den nächsten acht bis zehn Jahren einen Kreditantrag für die Fertigstellung der fehlenden Streckenteile am Gotthard erwarten können.
Ungelöst bleibt auch das Problem des Autobahntunnels, für den es Zeit wird, eine radikale Sanierung vorzunehmen, die eine komplette Schliessung für fast drei Jahre verlangen würde. Eine Lösung, die für das Tessin unakzeptabel ist. Wie kann man daran denken, die Hauptverbindungsstrecke zwischen unserem Kanton und der restlichen Schweiz für eine so lange Zeit für den Autoverkehr zu schliessen? Die Bürokraten, die an eine solche Hypothese gedacht haben, haben keine Sensibilität für unseren Kanton gezeigt, denn eine solche Massnahme würde unsere Unternehmen und den Tourismus stark treffen, die bereits in Schwierigkeit stecken. Zum Glück ist der Bundesrat diesem Vorschlag nicht gefolgt, sondern hat beschlossen, dass der Bau einer zweiten Autobahn-Tunnelröhre die einzige Alternative zur Schliessung ist. Mit dem Hinweis, dass nach Abschluss der Sanierungsarbeiten die beiden Röhren je für eine Fahrtrichtung verwendet werden können. Auf diese Weise werden wir auch endlich das Sicherheitsproblem lösen können, das eine tägliche Gefahr darstellt für alle Personen, die sich in einem Fahrzeug unter dem Gotthardmassiv befinden. Den Gegnern dieser Lösung könnte man das gedankliche Experiment vorschlagen, wie zum Beispiel der Kanton Wallis reagieren würde, wenn man alle Zufahrtsstrassen von Martigny an unterbrechen würde.
Es gibt auch die Idee, den zweiten Tunnel durch eine Sondergebühr zu finanzieren. Auch hierbei wird vergessen, dass der Automobilist in keinem anderen Teil der Schweiz eine Gebühr zahlen muss, auch nicht für weit entfernte Ort oder Regionen. Es fehlte noch, dass gerade das Tessin und seine Unternehmen mit einer solche Steuer belastet werden, um ihren Kanton von Norden her zu erreichen oder um auf die andere Seite des Gotthards zu gelangen, denn es wird unmöglich sein, nur die ausländischen Fahrzeuge zu belasten.
Viele wichtige Fragen sind also wie gesagt noch nicht gelöst. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundespolitik die Investitionen auf der Gotthardachse nicht einzig als Geschenk an den Kanton Tessin betrachtet, sondern als Projekt von nationaler und internationaler Wichtigkeit. Die regionalen Forderungen aus der restlichen Schweiz sind folglich nicht vergleichbar mit der Notwendigkeit, die Alptransit zu vervollständigen und den zweiten Autobahntunnel zu bauen.
Aus historischer Sicht: Der Gotthard – von Verkehrslandschaft zur Tourismusdestination - von Kilian T. Elsasser, Historiker
Der Gotthard steht regelmässig im Fokus verkehrspolitischer Fragen. Der Gotthardbasistunnel (Eröffnung 2016) und die Zustimmung zur Alpeninitiative sollen Basis einer ökologischen Verkehrspolitik sein. Die regelmässig aufflackernden Diskussionen, den Gotthardstrassentunnel auf vier Spuren auszubauen, werden zum Bekenntnis für den Strassenverkehr emporstilisiert. Diese grosse Bedeutung des Gotthardpasses ist eine Folge der 1882 eröffneten Eisenbahnstrecke mit dem damals längsten Tunnel der Welt. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Gotthard wichtiger als der Brenner und alle anderen Alpenpässe. Die Gotthardlinie band die neutrale Schweiz als Transitdienstleister in die europäische Staatengemeinschaft ein. Um den Erfolg der Bahnlinie zu sichern, organisierte der Bundesrat kurz nach der Eröffnung eine internationale Konferenz, an der technische Standards, wie Lichtraumprofil, Position der Puffer und Haken, festgelegt wurden.
Das Abkommen stellte sicher, dass Eisenbahnwagen grenzüberschreitend eingesetzt werden konnten und der ökonomische Erfolg der ersten international ausgerichteten Eisenbahnlinie nicht gefährdet würde. Noch heute sind diese Standards gültig. Im Zweiten Weltkrieg war der befestigte Gotthardtunnel neben dem Bankenwesen gemäss Bergierbericht der wichtigste Trumpf, um von Nazideutschland nicht erobert zu werden. Bis zur Eröffnung der Autobahn 1980 war die Gotthardlinie die Cashcow der SBB. Mit den Erträgen konnten andere unrentable Bereiche subventioniert werden. Danach begannen die SBB durchwegs rote Zahlen zu schreiben.
Wenig bekannt ist, dass die Gotthardlinie um 1900 für die wohlhabenden fast ausschliesslich ausländischen Touristen eine der wichtigsten Attraktionen der Schweiz war. Die Hälfte aller in der Schweiz verkauften Erstklassbillets wurden für eine Fahrt auf der Strecke Basel, Luzern, Chiasso gekauft. Die Gotthardbahn-Gesellschaft vermarktete die Bahnlinie europaweit als technisches Wunderwerk, das am Rütli und der Wirkungsstätte Wilhelm Tells vorbei in den sonnigen Süden führte. Carl Spitteler prophezeite einen Bauboom im Tessin, in einem europaweit in allen wichtigen Nobelhotels verteilten Führer «Der Gotthard» von 1889 mit folgenden Worten: «Ein beträchtlicher Teil der Uferparadiese Luganer- und Langensee steht leer und ist zu haben». Nach 1900 begann die Armee den Gotthard zu «besetzen» und baute diesen zur Festung aus. Die Touristen wurden mehr und mehr verdrängt. Diese begannen Tourismuszentren, wie Locarno, St. Moritz und Zermatt, zu bevorzugen. Mit der Stilllegung der unterirdischen Verteidigungslandschaft entstand nach 1989 eine Brache. Mit dem Projekt Andermatt Swiss Alps von Samih Sawiris wird die Entwicklung der Gotthardbahn-Gesellschaft des 19. Jahrhunderts wieder aufgenommen, die Region als attraktive Tourismusdestination zu verstehen. Dazu erhält die Gotthardregion ein Zentrum, von dem ausgehend die bestehenden und zukünftigen Tourismusattraktionen in der vom Verkehr geprägten Landschaft wieder neu entdeckt werden können.