Frankreich, Grossbritannien und Deutschland haben einen diplomatischen Vorstoss unternommen, um das Blutvergiessen im Gaza-Konflikt zu beenden. Die drei führenden europäischen Staaten brachten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ein zweiseitiges Dokument in Umlauf, das „Eckpunkte“ einer rechtsverbindlichen Resolution enthält. Diese bestehen aus einem sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand zwischen Israel und der im Gazastreifen regierenden Hamas-Bewegung, der Aufhebung der israelischen Blockade gegen den Gazastreifen und die Verwaltung des Gebiets durch die in Ramallah installierte Palästinensische Behörde unter derem Präsidenten Mahmud Abbas.
Die europäische Initiative soll einen jordanischen Resolutionsentwurf ergänzen, über den die 15 Ratsmitglieder in New York seit Wochen ergebnislos verhandeln. Frankreich und Grossbritannien haben ständige Sitze mit Vetorecht im Weltsicherheitsrat. Deutschland ist derzeit nicht Mitglied des höchsten UNO-Gremiums, kann sich aber Vorschlägen als Ko-Sponsor anschliessen. Laut Diplomaten aus EU-Staaten geniesst der jüngste Vorstoss die Unterstützung der USA, die sich aber dazu noch nicht offiziell geäussert haben. Die stellvertretende Sprecherin des US-Aussenministeriums, Marie Harf, erklärte, die Haltung Washingtons hänge von der endgültigen Fassung des Resolutionsentwurfs ab. Sicher ist, dass weder die israelische Regierung noch die Hamas-Führung mit der vorgeschlagenen Regelung ihres Konflikts einverstanden sind. Ohne massiven internationalen Druck wird da nichts laufen.
Hamas will nicht teilen
Der europäische Friedensplan sieht im Wesentlichen eine Rückkehr zu den Abmachungen zwischen Israel und der Palästinensischen Behörde im Jahre 2005 vor, als die israelischen Truppen den Gazastreifen räumten und die dortigen jüdischen Kolonien auflösten. In dem Text heisst es, der „Vereinbarung von 2005 über die Bewegungsfreiheit und den Zugang“ im und zum Gazastreifen müsse „Rechnung getragen werden“. Zum damaligen Zeitpunkt amtete in Gaza noch die Palästinensische Behörde. Die Hamas gelangte bei den Wahlen von 2006 an die Macht und festigte diese ein Jahr später mit Gewalt. Sie zeigt seither keine Absicht, diese Macht mit anderen Gruppen zu teilen. Nichtsdestoweniger fordern ihre Führer bei den jetzigen indirekten Verhandlungen mit Israel in Kairo die Wiederherstellung der vor neun Jahren vereinbarten Freizügigkeiten einschliesslich der Nutzung des von der EU und der USA bei Rafah gebauten Flughafens, der von Israel zerbombt wurde.
Ein von Jordanien eingebrachter Resolutionsentwurf zur Beendigung des Gazakonflikts scheitert am Widerstand der USA, die sich auf die Seite Israels stellen. Angesichts dieser Konstellation verzichteten die arabischen Staaten bisher darauf, den Entwurf im Weltsicherheitsrat zur Abstimmung vorzulegen. „Einige Ratsmitglieder wollen abwarten, was bei den Verhandlungen in Kairo rauskommt“, erklärte der Vertreter Palästinas, Riad Mansur, diese Zurückhaltung. Die Verhandlungen in Kairo stehen aber wie nicht anders erwartet am toten Punkt. Die jüngsten Vorschläge der Europäer im Weltsicherheitsrat bieten Israel jetzt konkrete Sicherheitsgarantien an. Zu diesem Zweck soll eine Beobachtermission der Vereinten Nationen in das Krisengebiet entsandt werden. Die unbewaffneten Beobachter sollen insbesondere die Einfuhren und den übrigen Warenverkehr kontrollieren, um eine Aufrüstung des militärischen Arms der Hamas zu unterbinden.
1444 tote Zivilisten
Nach dem am Freitag veröffentlichten aktuellen Situationsbericht des UNO-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) beträgt die Zahl der zwischen dem 7. Juli und dem 21. August durch israelische Angriffe getöteten Einwohner des Gazastreifens mindestens 2030. 1444 Tote waren Zivilisten, darunter 475 Kinder und 246 Frauen. 261.341 Menschen haben wegen der israelischen Luftangriffe in Schulen der UNRWA Zuflucht gesucht. Ihre Zahl nimmt weiter zu. Wegen der anhaltenden Kämpfe musste die UNRWA vier ihrer zwölf Zentren zur Verteilung von Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern schliessen. Nur 39 Prozent der vorgesehenen Essenrationen können derzeit an die notdürftigen Familien verteilt werden, berichtet die UNRWA.