Natürlich sind wieder die Amerikaner und die Briten schuld. Doch davon später.
Im Deutschen gibt es zwei Möglichkeiten, Wortkombinationen, also Verbindungen von Substantiven (Nomen), zu schreiben: entweder man schreibt die Wörter zusammen – oder man koppelt sie mit einem Bindestrich.
Der Schneepflugmechaniker oder der Schneepflug-Mechaniker.
Ausländer schmunzeln ja immer wieder über die deutschen Bandwurmwörter. Es muss ja nicht gleich die „Hämorrhoidenmedikamentenproduktionsstätte“ sein.
Dass heute mehr und mehr lange Wörter, wenn möglich, mit Bindestrichen gespalten werden, ist sinnvoll. Das erhöht die Lesbarkeit, vor allem auch auf dem Computer, dem Smartphone oder auf dem Fernsehbildschirm.
Zudem: Früher hatten die Zeitungen vier Spalten, dann fünf, jetzt manchmal sechs oder gar sieben. Die engen Spalten, die es auch im Internet gibt, führen dazu, dass lange Wörter irgendwo in der Mitte – bevor sie zu Ende sind – gebrochen werden. Das ist hässlich. Auch aus diesem Grund verwendet man häufiger Bindestriche.
Oder eben nicht.
Der Bindestrich kommt uns nach und nach abhanden. Statt ihn zu setzen, setzt man einen Leerschlag. Die Knorr Zwiebel Suppe, das Philharmonie Orchester, der Tour de Suisse Gewinner.
Sebastian Sick, der Sprachkritiker und Bestsellerautor („Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“) sprach schon vor langer Zeit von „depperten Leer Zeichen und unerträglicher Wort Spalterei“. Auf ihn geht der Ausdruck „Deppenleerschlag“ zurück.
Sicher trägt die englische Sprache zur deutschen Deppenkultur bei.
„The G7 summit will be held in Taormina .“
„When does the NATO meeting start?“
Immer häufiger liest man: „Der G7 Gipfel in Taormina“, „das Nato Meeting in Brüssel“, „Uno Generalsekretär Guterres“, „IS Hochburg Raqqa“.
Doch der Einfluss des Englischen ist nur einer der Gründe für diese Unsitten. Vor allem den Werbern geht der Strich gegen den Strich. Auf Plakaten und Verpackungen, in Logos und Aufschriften verzichten sie auf lange Wörter, vor allem aus gestalterischen Gründen. Sie sind unschön und schwer leserlich. Oft haben sie auf einer Zeile keinen Platz. So trennt man sie eben. Ohne Bindestrich. Das geht dann so:
Dinkel Mehl, Wäsche Klammern, Stereo Anlage, Kiosk Shop, Weiss Mehl, Bibel Gesellschaft, Intelligenz Test, Bier Garten, Weizen Bier, Deutsch Kurse, ZKB Schillerpreis, Behinderten Toilette, Basler Messe, Gartenbau Firma, James Bond Filme, Do it yourself Geschäft, Mund zu Mund Beatmung, grosse BH Auswahl.
Das Thalia-Theater in Hamburg hatte früher noch einen Bindestrich, heute heisst es: Thalia Theater, Das Schillertheater in Berlin hiess vor dreissig Jahren noch „Schiller-Theater“, heute heisst es „Schiller Theater“. Das frühere Pressehaus der „Zeit“ in Hamburg heisst jetzt „Helmut Schmidt Haus“. Richtig wäre: Helmut-Schmidt-Haus.
Viele sehen den Grund für die Entwicklung auch in der Rechtschreibereform. Sie erlaube heute vermehrt getrennt geschriebene Wörter, heisst es. Sicher hat die Rechtschreibereform viel Chaos angerichtet, doch in dieser Hinsicht ist sie klipp und klar: Auch sie propagiert keinen Deppenleerschlag.
Anstatt zuzugeben, dass sie kein Deutsch können, faseln die Deppendeutsch-Werber von „Corporate Wording Vorgaben“ und Marken Architektur“. Es handle sich meist um Aufschriften für Produkte, die weltweit verkauft würden, deshalb passe man sich an. Also braucht es den Deppenleerschlag, damit ein verarmter bolivianischer Indio-Bauer in Cochabamba „Knorr Zwiebel Suppe“ kauft.
Was ein „Deppenapostroph“ ist, wissen wir schon lange: „Monika’s Schreibatelier“ oder „Giovanni’s Pizza“. Dieser falsche Apostroph greift immer weiter um sich – so, wie der Deppenleerschlag. Oder der Deppen-Lehrschlag? Oder für Bedepperte: der Deppen Lehr Schlag.