Iran und die mit den Verhandlungen betraute Sechsergruppe (USA, Russland, Frankreich, Grossbritannien, China und Deutschland) haben in intensiven Gesprächen hinter den Kulissen keine gemeinsame Gesprächsgrundlage gefunden. Auch eine Delegation der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien kehrte letzte Woche mit leeren Händen aus Teheran zurück.
Blockade der iranischen Seite
Die Delegation der IAEO will am 12. Februar einen weiteren Anlauf unternehmen, doch deren Generaldirektor Yukiya Amano ist nicht sehr zuversichtlich. Die iranische Regierung weigert sich beharrlich, den Atominspektoren eine Untersuchung der mittlerweile stillgelegten Militäranlage in Parchin zu gestatten. Dort sollen die Iraner nach westlichen Geheimdienstinformationen Supersprengstoffe zur Zündung von Atombomben getestet haben.
Die verdächtigen Werkshallen am Stadtrand von Teheran sind in den letzten Jahren mit Plachen abgedeckt und völlig gereinigt worden. Offenbar versuchten die Iraner, alle Spuren der verwendeten (nichtnuklearen) Substanzen zu beseitigen. Sie scheinen ihrer Sache aber nicht ganz sicher zu sein, denn sie machen einen Besuch der Anlagen von immer neuen Bedingungen abhängig, die die IAEO nicht erfüllen kann.
Diese Haltung steht im krassen Widerspruch zu den optimistischen Erklärungen iranischer Politiker und Diplomaten. So begrüsste der iranische Chefunterhändler Said Dschalili auf einer Pressekonferenz im Dezember in Delhi die Bereitschaft der Sechsergruppe zu weiteren Verhandlungen. Einschränkend fügte Dschalili allerdings hinzu: «Wir hoffen, dass die Grossmächte mit konstruktiven Vorschlägen kommen und nicht ihre früheren Fehler wiederholen.»
Einschneidende Wirtschaftssanktionen
Was die iranische Regierung unter «konstruktiven Vorschlägen» versteht, ist ihren Verhandlungspartnern klar geworden: Die Aufhebung der vom Weltsicherheitsrat verhängten Wirtschaftssanktionen, die das Land hart treffen. Teheran bietet aber dafür keine konkrete Gegenleistung an. Die Iraner fordern sogar die Verbriefung ihres angeblichen Rechts auf Anreicherung von Uran nach eigenem Gutdünken. Als Garantie für die ausschliesslich zivile Verwendung des Spaltmaterials soll der Welt eine «Fatwa» des geistigen Führers Ali Chamenei aus dem Jahre 2005 genügen, wonach Iran keine Atomwaffen herstellen werde, weil diese aus islamischer Sicht unmoralisch seien.
Diese Dreistigkeit treibt sogar die langmütigen Russen auf die Palme. Der russische Delegationsleiter, Vize-Aussenminister Sergej Rjabkow, erklärte dieser Tage mit diplomatischen Understatement: «Wir sind über den Stand der Dinge besorgt und arbeiten mit unseren Partnern, darunter den Iranern, weiter daran, die Probleme so rasch wie möglich zu lösen.»
Bisher ergebnislose Diplomatie
Die letzte Verhandlungsrunde endete im Juni vergangenen Jahres in Moskau ergebnislos. Nach Darstellung des französischen Aussenministeriums «weigerte sich Iran, konkrete Massnahmen in Angriff zu nehmen, bevor die Wirtschaftssanktionen in ihrer Gesamtheit aufgehoben werden.» Auf die Vorschläge der Sechsergruppe habe Iran nicht konstruktiv geantwortet.
Viele hatten gehofft, dass die Wiederwahl von Barack Obama einen Durchbruch ermöglichen werde. Während der Wahlkampagne zeigte auch der US-Präsident wenig Interesse, im Atomstreit mit dem Regime in Teheran einen Kompromiss abzuschliessen, der ihn Angriffen der Republikaner und der Israel-Lobby ausgesetzt hätte. Jetzt liegt der Ball eindeutig bei den Iranern, die aber weiterhin das Spiel blockieren.
Vorboten von Bewegung auf Seiten Irans?
Kenner der politischen Lage in Iran vermeinen allerdings Risse in der starren Haltung zu erkennen. Die UNO-Sanktionen treiben Iran an den Rand des wirtschaftlichen Zusammenbruchs. Der Vorsitzende des Budgetausschusses des iranischen Parlaments, Gholam Reza Kateb, hat kürzlich eingeräumt, dass die Einkünfte aus den Öl- und Gasexporten um 45 Prozent gefallen sind. Die iranische Währung verlor in einem Jahr 40 Prozent ihres Wertes.
Sogar im militärischen Komplex der Pasdaran, der die Wirtschaft kontrolliert, sind Spannungen sichtbar, stellen Beobachter fest. Vielen Nutzniessern gehe es hauptsächlich um die Erhaltung ihrer Einkommensquellen. In ihren Augen sei das undurchsichtige Nuklearprogramm seinen Preis nicht wert. Derzeit hätten unter den «Revolutionswächtern» aber noch die unbeugsamen Verfechter einer vermeintlichen nationalen Sicherheit das Sagen.
Machtwechsel steht bevor
Insgesamt zeichnet sich in Iran ein «fin de règne» mit seinen unvermeidlichen Machtkämpfen ab. Der 73jährige Ajatollah Chamenei erfreut sich nicht bester Gesundheit. Präsident Mahmud Ahmadinedschad muss im Juni abtreten. Ex-Präsident Ali Haschemi Rafsandschani, ein «Pragmatiker», ist überraschend auf der Seite von Chamenei aufgetaucht. Einer der Hardliner des Regimes, der Sekretär des iranischen «Hohen Rats für Menschenrechte» Dschawad Laridschani, wird mit folgenden Worten zitiert: «Um die Interessen unseres Systems zu schützen, wären wir bereit, mit den USA oder irgend einem anderen Land sogar im Abgrund der Hölle zu verhandeln.»
Zuversicht auf eine rasche Beilegung des Atomstreits lassen die widersprüchlichen Signale aus Teheran nicht aufkommen. Vielleicht ist die Lage aber nicht so hoffnungslos, wie sie auf den ersten Blick erscheint.