Der Republikaner taugt nicht einmal als Anti-Politiker. Die Demokratin spielt aussenpolitisch mit dem Feuer. - Ein Kommentar.
Die Österreicher sollen froh sein: Sie haben wenigstens einen geeigneten Präsidentschaftskandidaten, den überparteilich Grünen Alexander Van der Bellen. In den USA kann davon keine Rede sein. Denn ich halte weder Hillary Clinton noch Donald Trump für geeignet für das Amt. Letztlich haben beide das gleiche Problem: Sie haben mit den real sich stellenden Fragen der amerikanischen Innen- und Aussenpolitik nichts zu tun. Sie wollen eine USA repräsentieren, die es nicht mehr gibt.
Bei Donald Trump leuchtet das sofort ein. Abgesehen von seinem untragbaren Brutalo-Sexismus und seinem Rassismus geht ihm jede Fähigkeit zu einer auch nur ansatzweise greifbaren politischen Programmatik ab. Ein Weltbild ist bei ihm nicht erkennbar. Er geisselt zwar mit vielmals gutem Grund den Freihandel, was auch auf seiner isolationistischen Linie liegt. Er kann aber nicht einmal Ansätze eines Programms für Arbeitsplatzerhalt und soziale Absicherung erkennen lassen. Da sind ihm dann die Multimillionäre aller Höhen doch zu lieb. Trump ist kein Politiker. Aber er taugt auch nicht als Anti-Politiker im Zeitalter der Postdemokratie. Ich glaube nicht, dass dieser Trump nach der verlorenen Wahl auf der grossen Politbühne noch einmal in Erscheinung treten wird.
Clinton – eine Gefahr für den Weltfrieden?
Hillary Clinton spricht die intellektuelle Eignung für das Amt niemand ab. Erstaunlich ist die Breite der Anhängerschaft, über die sie im amerikanischen Intellektuellen- und Kultur-Establishment verfügt. Kaum ein Hollywoodstar, der sich nicht zu ihr bekennt. Mit allerdings einer gewichtigen Ausnahme: Oliver Stone. Er gehört nicht zu den vielen Freunden des Clinton-Clans. Im Gegenteil: In einem kürzlich im Tages-Anzeiger erschienenen Interview erklärte er: „Hillary Clinton könnte zu einer Gefahr werden.“ Die Europäer hätten noch nicht begriffen, dass sie auf eine aggressive Politik dränge gegen Länder, deren Regierung ihr nicht passe. Damit hat Stone den Kern der Sache getroffen, wo das Problem bei ihr liegt: bei ihrer aggressiven Aussenpolitik. Darüber aber wurde wenig gesprochen in diesem Wahlkampf.
Dabei ist zuerst einmal die bei vielen vorhandene Fehlannahme zu korrigieren, Hillary Clinton habe sich immer im Anti-Bush-Lager befunden. Vielmehr befürwortete sie im März 2003 im Gegensatz zu Barack Obama die Irak-Intervention von Bush. Auch als Aussenministerin fiel sie als Hardlinerin auf. Vor allem die auf ihr Drängen erfolgte Intervention in Libyen führte zum gleichen Resultat wie zuvor im Irak: Zerfall der staatlichen Strukturen und Infrastrukturen, Chaos und Nischen für IS und al-Kaida. Zudem verschärfte sich die Flüchtlingskrise. Wäre es nach Clinton gegangen, hätten die USA auch in Syrien militärisch interveniert und eine Flugverbotszone durchzusetzen versucht, was zur Grosskonfrontation mit Russland geführt hätte.
Clinton – für Israel die beste Wahl
Obama verhinderte das mit gutem Grund. Details und Hintergründe von Clintons Aussenpoitk sind gut ausgeleuchtet in „Die Chaos-Königin“ von Diana Johnstone.
Unter Kerry begann sich fraglos eine gewisse Änderung in der US-Aussenpolitik durchzusetzen. Allerdings scheiterte Kerry deutlich damit, in der Palästinafrage weiterzukommen, was Hillary Clinton freilich schon gar nicht versucht hatte, weil für sie die israelische Siedlungspolitik ein Tabu bleibt. Obama hat gegenüber Netanjahu Grenzen markiert, die Clinton nicht akzeptiert; für die Israellobby ist sie sicher die bestmögliche Präsidentin. Den Höhepunkt der neuen Ära bildete aber fraglos das Iranabkommen, das unter ihr nie zustande gekommen wäre. Clinton befürwortet das Abkommen zwar heute, um gleichzeitig Netanjahu zu versichern, der Iran bleibe auch für sie nach wie vor der Hauptfeind.
Kriegsgurgel Clinton?
Wenn ich die Artikel zu den amerikanischen Wahlen in deutschsprachigen Medien anschaue, fällt mir auf, wie wenig Clintons Aussenpolitik beleuchtet wird. Dabei ist sie das, was Europa am meisten angeht. Eine grosse Ausnahme machte jüngst Jakob Augstein in einer Kolumne auf „Spiegel online“. Dort bezeichnete er Clinton als aussenpolitisch grösseres Risiko als Trump. Das sieht er mit Recht darin begründet, dass Clinton noch immer für eine Flugverbotszone in Syrien einritt und dies mit dem Argument begründet: „Wir brauchen einen Hebel gegen die Russen.“
Clinton spielt offensichtlich mit dem Feuer und meint den Syrienkonflikt mit einer militärisch durchgesetzten „Pax Americana“ lösen zu können. Braucht es einen weiteren Beweis dafür, dass sie eine Kriegsgurgel ist? Vor allem aber hat sie im Gegensatz zu Obama nicht begriffen, dass das Zeitalter der „Pax Americana“ vorbei ist.