Die südjemenitischen Milizen, unterstützt von Teilen der jemenitischen Armee, die zu Präsident al-Hadi halten, haben Ende Juli die Hafenstadt Aden eingenommen, und sie melden nun die Eroberung der grossen Luftwaffenbasis von Anad, die etwa 60 Kilometer nördlich von Aden liegt. Es ist die grösste in Jemen.
Berichte über "fremde Truppen"
Die Huthis und die mit ihnen verbündeten Teile der jemenitischen Armee hatten die Basis seit März besetzt und zogen sich erst nach schweren Kämpfen aus ihr zurück. In der Umgebung sollen einige Kämpfe noch weiter andauern. Die Eroberer wurden durch Panzer, gepanzerte Truppentransporter und offenbar auch durch Truppen verstärkt, die aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kamen und in Aden an Land gebracht wurden.
Es gibt Meldungen, nach denen sich auch saudische Militärs unter den Verstärkungen befanden, die in Aden landeten. Doch dies wurde in Saudi Arabien dementiert.
Die Agentur "Agence France Presse" beruft sich auf ungenannte militärische Quellen, die ausgesagt hätten "ausländische Truppen von rund 1´500 Mann" hätten den Angriff auf die Luftwaffenbasis Anad vorgetragen. In Saudi Arabien ausgebildete jemenitische Truppen waren schon zuvor zu den Einheiten gestossen, die für Präsident al-Hadi kämpfen.
Minen in den Strassen von Aden
Die Kämpfe in Aden sind beendet. Doch die Strassen der während Monaten umkämpften Stadt sind weiterhin unsicher, weil die Huthis zahlreiche Minen gelegt haben. Jeden Tag soll es deswegen unter den zurückgebliebenen Bewohnern der Stadt der MinenTote und Verletzte geben. Aus diesem Grund sind die meisten der beinahe einer Million Bewohner der Stadt, die aus ihr geflohen sind, noch nicht zurückgekehrt. Die Versorgung mit Benzin und mit Lebensmitteln soll sich dank des Hafens von Aden normalisiert haben.
Doch dies gilt nicht für die grössten Teilen Jemens nördlich der Hafenstadt, wo über 20 Millionen Jemeniten leben. Wegen der Einfuhrsperren leiden sie unter täglich wachsendem Mangel an Lebensmitteln und an Treibstoff. Nach den Aussagen von "Médecins sans Frontières" befindet sich das Gesundheitswesen des Landes kurz vor dem Zusammenbruch. Im Juli schon hatte die Uno in Jemen den Notstand auf dritter und höchster Stufe ausgerufen, und die Hilfsagenturen sagen, es sei und bleibe schwierig, in vielen Fällen unmöglich, Hilfsgüter über die Fronten hinweg ins Innere des Landes zu bringen.
Bleibt der Süden bei Sanaa ?
Der Vizepräsident und Ministerpräsident der al-Hadi Regierung, Khaled Baha, ist für einen kurzen Besuch per Helikopter aus Saudi Arabien nach Aden eingeflogen. Doch zur Zeit soll er sich in Abu Dhabi aufhalten. Präsident al-Hadi erklärte aus Riad, die südlichen Milizen sollten zum Lohn für ihre Treue und Tapferkeit in die reguläre jemenitische Armee eingegliedert werden. Doch die Milizführer bedankten sich nicht für diese Gunstbezeugung, sondern schwiegen.
Das kann man sich damit erklären, dass sich in den Milizen viele Südjemeniten befinden, die eigentlich für Autonomie oder Unabhängigkeit des Südens kämpfen wollten. Sie wären wohl eher geneigt, statt in die gesamt-jemenitische Armee einzutreten, eine südliche Armee zu bilden, nach dem Vorbild der Peshmerga im kurdischen Teil des Iraks. Doch zunächst dürfte der Wiederaufbau der zerstörten Infrastrukturen der Hafenstadt Vorrang haben. Die Gelder dafür müssen aus den Golfstaaten kommen.
Die Huthis "verhandlungswillig"
Die Huthi-Führung in Sanaa lässt durchblicken, dass sie für Friedensgespräche bereit sein könnte. Abdel Malik al-Huthi erklärte in einer Fernsehrede in Sanaa, die Versöhnung mit der al-Hadi-Regierung sei nach wie vor möglich. Die Huthis würden eine neutrale Vermittlung willkommen heissen. Wahrscheinlich denkt die Huthi Führung dabei an Oman, dessen Regierung schon mehrmals versucht hatte, zwischen Riad und den Huthis zu vermitteln. Auch die Amerikaner stehen für eventuelle Friedensgespräche mit Oman in Verbindung.
Die Schwierigkeit dabei dürfte sein, dass die Huthis, die ja noch weite Teile Jemens einschliesslich der Hauptstadt beherrschen, kaum dazu bereit sein dürften, der al-Hadi Regierung alle Macht über Jemen abzutreten, während die Saudis aller Wahrscheinlichkeit nach auf einer weitgehenden, wenn nicht völligen Entmachtung ihrer Huthi-Grenznachbarn und Gegner bestehen dürften.
Die Kampfgrenze nach Saudi Arabien
Während die Saudis und ihre Verbündeten Jemen bombardierten, versuchten die Huthis, Vergeltung zu üben, indem sie mit Raketen und Artillerie saudische Ortschaften jenseits der Grenze beschossen. Dabei sollen sie 49 Saudis getötet haben, die meisten davon Soldaten. Auf der jemenitischen Seite der Grenze liegt die Zahl der Todesopfer seit dem 26. März, dem Beginn der Bombardierungen, bei 4´000. Davon sollen etwa die Hälfte Bewaffnete gewesen sein, die andere Hälfte Zivilisten.
Huthis gegen Ali Saleh Anhänger?
Die saudische Zeitung "Sharq al-Awsat" schreibt unter Berufung auf ungenannte militärische Quellen, in Militärlagern bei Sanaa sei es zu Kämpfen zwischen Huthis und jementischen militärischen Einheiten gekommen, die bisher mit ihnen verbündet waren. Der Streit sei entstanden, weil die Berufsmilitärs den Milizen vorwarfen, sie beabsichtigten, Teile Jemens zu räumen und sich nach Norden zurückzuziehen. Für die Huthis wäre es in der Tat logisch, die sunnitischen Regionen des Südens zu räumen und zu versuchen, sich im Norden zu halten, wo sie Rückhalt unter der zaiditischen Bevölkerung geniessen.
Für die Armee ist dies anders. Sie fühlt sich für ganz Jemen zuständig und verantwortlich. Im Fall einer Niederlage haben die Offiziere der regulären Armee, die dem ehemaligen Präsidenten, Ali Saleh Abdullah, die Treue hielten und auf seine Weisungen hin die Huthis unterstützten, damit zu rechnen, dass sie im besten Fall aus der Armee entlassen würden. Die Kämpfe zwischen den beiden Faktionen hätten durch das Eingreifen weiterer Truppen erstickt werden müssen, schreibt "Scharq al-Awsat".