Rund 25 Millionen Italienerinnen und Italiener nehmen am 2. Juni 1946 an der Volksabstimmung teil. Es geht um die Frage, ob die Monarchie in Italien abgeschafft und ob die parlamentarische Demokratie eingeführt werden soll. Es war die erste freie Wahl seit der über 20-jährigen Mussolini-Diktatur. Erstmals konnten auch die Italienerinnen auf nationaler Ebene an einer Wahl und einer Abstimmung teilnehmen.
53,3 Prozent der Stimmberechtigten stimmten für die Republik. Doch innerhalb des Landes tat sich ein tiefer Nord-Süd-Graben auf. Vor allem der Norden stimmte für die Abschaffung der Monarchie. Der Süden hingegen, inklusive die Inseln Sardinien und Sizilien, wollte die Monarchie beibehalten.
Seit der Vereinigung Italiens im Jahr 1861 war Italien eine Monarchie unter der Herrschaft des Hauses Savoyen. Während des Faschismus kooperierte das Königshaus mit Mussolini. Damit erlitten die regierenden blaublütigen Savoyer einen schweren Reputationsverlust – der sich schliesslich im Gesamtergebnis der Abstimmung manifestierte.
Traurige Rolle des Königshauses
Die Mitglieder des Königshauses Savoyen wurden ins Exil geschickt und spielten nach ihrer Entmachtung eine eher traurige Rolle. König Umberto II., für 40 Tage lang der letzte König Italiens, ging zunächst ins portugiesische Exil; er starb 1983 in Genf. Seine Absetzung und die Einführung der Republik erkannte er nie an. Laut Gesetz wurde ihm verboten, italienischen Boden zu betreten.
Auch heute noch anerkennen viele Abkömmlinge des Hauses Savoyen die Abschaffung der Monarchie nicht an. Sie schmücken sich nach wie vor mit erlauchten Titeln und betrachten sich noch immer als rechtmässige Herrscher Italiens. Mehrere Nachkommen des Königshauses leben heute in Genf.
Stimmbeteiligung fast 90 Prozent
10’719’284 Italienerinnen und Italiener stimmten für die Beibehaltung der Monarchie, 12’771’923 für die Republik. Eineinhalb Millionen Stimmzettel waren leer oder ungültig. Die Stimmbeteiligung betrug 89,08 Prozent. Nicht stimmberechtigt waren die militärischen Kriegsgefangenen in den alliierten Lagern. Auch die Bewohner der Provinzen Bozen, Triest, Pola, Fiume und Zara durften nicht am Referendum teilnehmen.
Für die Beibehaltung der Monarchie stimmten nicht nur die Süditaliener und -italienerinnen, sondern auch Latium (mit der Hauptstadt Rom) mit 51,37 Prozent, ebenso die Abruzzen, Molise, Kampagnien (Neapel), Apulien, Basilicata, Kalabrien, Sizilien und Sardinien.
Über 70 Prozent Ja-Stimmen für die Republik gab es in den Regionen Emilia-Romagna, Toskana, Marken und Umbrien.
Gleichzeitig mit der Abstimmung über die Einführung der Republik wurde am 2. Juni 1946 eine verfassunggebende Versammlung gewählt, die Ende 1947 die Verfassung der Italienischen Republik verabschiedete. Bei diesen Wahlen wurde die Democrazia Cristiana (DC) mit 207 Sitzen stärkste Partei, gefolgt von den Sozialisten mit 115 und den Kommunisten mit 104 Sitzen.
Der 2. Juni ist in Italien Nationalfeiertag.
(J21)