Am Wochenende haben in Spanien bei den Regional- und Gemeindewahlen Podemos und gleichgesinnte Linksbündnisse die zwei grossen Parteien, den konservativen Partido Popular und die Sozialistische Arbeiterpartei, arg in Bedrängnis gebracht. Madrid und Barcelona werden wohl bald Stadpräsidenten dieser Linkskoalition, die es vor einem Jahr noch nicht gab, haben. Das wäre an sich schon eine kleine gewaltlose "Revolution". Ende Jahr finden dann die Parlamentswahlen statt. Das Ende des Zweiparteien-Systems, das Spanien seit Franco regiert hat (aber nie in Koalition), wird denkbar - vor allem nach dem Wahlsieg von Syriza in Griechenland.
Aber Spanien ist nicht Griechenland und Podemos nicht Syriza und hat auch mit dem clownesken Movimiento 5 Stelle von Beppe Grillo in Italien, noch mit den alternativen linken Kleinparteien in Frankreich und Deutschland viel gemeinsam. Der Gründer von Podemos, der 42jährige Pablo Iglesias, trägt denselben Namen wie der Gründer der Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (1879), aber denkt nicht wie dieser an die II. Sozialistische Internationale, sondern an die EU. Er ist, anders als der Grieche Tsipras, jetzt schon gegen eine Neuverhandlung der spanischen Schuld, aber auch gegen die Austeritätspolitik - Spanien geht es wirtschaftlich wieder besser. Das muss er noch zusammenreimen , vor allem auf regionaler Ebene, wo seine Koalitionspartner stark sind.
Podemos bedeutet: "Yes we can". Die Partei ist aus der 2011 wegen der Krise aufgesprungenen Bewegung der "Empörten" hervorgegangen, die Sitzproteste in Madrid veranstaltet haben. Der französische Widerstandskämpfer, Diplomat und Menschenrechtler Hessel, inzwischen verstorben, hatte dazu den Ton in einer kleinen Fibel angegeben, die eine Auflage von 4 Millionen erzielt hat. Das Bedürfnis nach Idealismus, sozialem Engagement, gerechterer Umverteilung des Reichtums war und bleibt schwer zu befriedigen.
Aber in Spanien stehen neben Podemos auch die Ciudadanos (Bürger), die wir vielleicht als Jungfreisinnige oder Linksliberale bezeichnet hätten, die auch gegen das korrupte System sind. Der Ruf nach Erneuerung - der politischen Kaste - ist unüberhörbar. Die Schwierigkeiten eines demokratischen Systemwechsels auch, denn niemand weiss, ob die Stimmen für Podemos nur Proteststimmen waren oder einer echten Zuneigung entsprachen.