Heran zu galoppieren und dann das Pferd jäh in den Stand zu bringen, so dass genügend Staub aufgewirbelt wurde, um jeden Kameramann verzweifeln zu lassen, weil er wieder keine klare Aufnahme des Filmhelden im Kasten hatte – das war ein beliebtes Spiel des Revolutionshelden und Filmstars Francisco Villa. „Langsam, General, bitte“, flehten die Kameracrews regelmäßig. Und mit der Zeit gewöhnte sich der General an das Geschäft und lernte. Schließlich brauchte er Geld für seine Armee, die gefürchtete „División del Norte“, die als die beste Kavallerie der Welt gerühmt wurde. Früh erkannte er die Bedeutung des Kinos als Propagandamittel.
Daher stieg Francisco „Pancho“ Villa – anders als Ronald Reagan 50 Jahre später, der die Filmerei aufgab, um Politik zu machen – von der Politik in die Filmkarriere ein, freilich ohne die Schlachtfelder der mexikanischen Revolution deswegen aufzugeben. Am 3. Januar 1914 unterschrieb Villa in Ciudad Juarez einen Exklusivvertrag über 25 000 Dollar bei der Mutual Film Corporation. Der Deal verpflichtete den General, seine Schlachten bei Tageslicht zu schlagen, die Konkurrenz vom Drehort fernzuhalten und notfalls Schlachten zu inszenieren, wenn das echte Kampfgetümmel die Dreharbeiten zu gefährlich machte. Villa akzeptierte sogar, bei seinen „Filmauftritten“ eine extra für ihn von den Kostümschneidern des Studios entworfene Uniform zu tragen (die bei anderen Gelegenheiten ihm untersagt war zu tragen).
Ein abendfüllender Revolutionsfilm
Hollywood wünschte ein großes Revolutionsspektakel. Der Revolutionär sollte sich selbst spielen, den Part des jungen Villa übernahm Raoul Walsh, der auch die Kameraführung innehatte. Weitere Rollen wurden an die Stummfilmstars Mae Marsh, Robert Herron, Irene Hunt und Walter Long vergeben. Für die Regie war zunächst kein Geringerer als D.W. Griffith vorgesehen. Als dieser absagte, weil er mit seinem Kolossalepos „The Birth of a Nation“ nicht rechtzeitig fertig wurde, sprang Christy Cabanne ein.
In seinen Memoiren erzählte Raoul Walsh, später einer der bedeutendsten Western-Regisseure Hollywoods, wie er Villa überzeugte, seine Manöver von fünf Uhr früh auf sieben Uhr zu verlegen – „weil dann das Licht besser war.“ Die Schlachten, die „wir mit Villa filmten, waren nicht sehr aufregend. Wir mussten sie in den Vereinigten Staaten nachdrehen.“ Die Originalbilder fanden erst viel später in einer Dokumentation des englischen Fernsehens „The Ragged Revolution“ Verwendung: Villas Soldaten kämpften in philippinischen Armeeuniformen.
Manchmal wurde die Filmerei aber auch zu realistisch für die geplante Hollywoodschnulze. „Wir stellten die Kamera vor der Mauer auf, an der die Gefangenen erschossen werden sollten“, berichtet Memoirenschreiber Walsh, „und drehten die Hinrichtung vor Ort. Eine Reihe von Männern stürzte sich mit Steinen auf die Leichen, öffnete ihnen den Mund und brach die Goldzähne heraus. Andere ergatterten Stiefel.“
Am 9. Mai 1914 schliesslich fand im New Yorker „Lyrik-Theater“ die Premiere des Streifens „Das Leben des Generals Villa“ statt. Der erste Teil zeigte den echten Pancho Villa in mehreren Schlachten, der zweite Teil erzählte unter dem Titel „Die tragische Karriere des Generals Villa“ von der Jugend des Revolutionärs. Da lebt der junge Doroteo Arango friedlich mit seiner Familie auf einem kleinen Stück Land, bis ein böser Leutnant der Regierungsarmee seine Schwester entführt und ihren Tod verursacht. (Villa selbst diktierte die Geschichte seinem Biographen Martín Luis Guzmán ähnlich, doch mit dem kleinen Unterschied, dass ein Grossgrundbesitzer seine Schwester kidnappen wollte, er jedoch rechtzeitig zur Stelle war, um den Wüstling zusammenzuschiessen.) Natürlich erschiesst Villa alias Walsh den Filmoffizier und flieht in die Berge, wo seine Legende als Robin-Hood-ähnlicher Bandit Pancho Villa beginnt. Bei Ausbruch der Revolution schließt er sich begeistert den Truppen gegen die verhasste Regierung an und eilt von Sieg zu Sieg. Zum guten Ende wird er – ganz in Übereinstimmung mit Washingtons Wünschen – gar Präsident von Mexiko.
Denn damals, 1914, war Villa für Präsident Woodrow Wilson der Gute unter all den bösen Mexikanern. Immerhin hatte er versprochen, amerikanischen Besitz in seinem Land zu respektieren – und der war gross: Allein im Norden, in Villas Operationsgebiet, besassen acht US-Firmen über 220 000 Quadratkilometer Wald und fruchtbaren Ackerboden. Doch nur zwei Jahre später wurde aus dem „sozialen Banditen“ ein „Wilder, den nach amerikanischem Blut dürstet“, wie eine US-Zeitung schrieb. Und ganz so wie Präsident Wilson das vormachte, so vollzog auch Hollywood eine 180-Grad-Wende.
„Das Leben des Generals Villa“ verschwand in den Archiven. Anstelle des tragischen ehrenwerten Generals, der nach Gerechtigkeit strebt, zeigten die Kinos nun einen grausamen Schlächter, der „alles Nordamerikanische – oder alles, was in Mexiko für Freiheit und Gerechtigkeit stand – zerstört“, so die mexikanische Filmhistorikerin Margarita de Orellana. In „Liberty: A Daughter of the United States“ ist Pancho Villa ein kaltblütiger Killer, der der Freiheit nach dem Leben trachtet. (Libertad ist in Mexiko auch ein Frauenname.) In „Leutnant Danny USA“ tritt Pancho Villa unter dem Namen Pedro Lopez auf, wird jedoch nur „der Schlächter“ genannt. Diese Filme wurden erst 1916 gedreht, als sich Villa vom Freund zum Feind gewandelt hatte.
Überfall in den Vereinigten Staaten
Am 9. März 1916 hallte der Ruf, Gringos umzubringen, durch die Strassen des kleinen Ortes Columbus: „Vamanos, amigos! Viva Villa! Viva Mexico! Matemos a los gringos!“ Im Zentrum brannte das „Hotel Commercial“ mit Sam Ravels Warenhaus. „Donde está Ravel?“ Wütend suchten mexikanische Offiziere nach dem amerikanischen Unternehmer. Am Ortseingang brannte das Eisenwaren- und Waffenkaufhaus, in dem sich die Bauern und Bergarbeiter auszurüsten pflegten, die Firma Ketelsen & Degetau ging in Rauch auf.
Mit dem „Hotel Hoover“ an der linken und der „Columbus State Bank“ an der rechten Flanke baute Leutnant James Castleman eine Verteidigungslinie auf. Entlang der Bahnlinie besetzten Maschinengewehrschützen unter Leutnant John Lucas strategische Positionen, während sich die in Camp Furlong zurückgebliebenen Köche des 13. Kavallerie-Regiments der US-Armee in hitzigen Nahkämpfen zu verteidigen suchten. Als die Angreifer den Ort geplündert und nach etwas mehr als einer Stunde verliessen, gegen 05.45 Uhr, hatten die Verteidiger 18 Tote zu beklagen.
Es geschah nicht am 9. Dezember 1941, als japanische Verbände den US-Flottenstützpunkt auf Hawai bombardierten. Vor 100 Jahren schon hatte der mexikanische Revolutionsgeneral Francisco „Pancho“ Villa im Grenzstädtchen Columbus, nur wenige Meilen westlich von El Paso und einen Steinwurf von der Grenze entfernt, die Vereinigten Staaten zum ersten Mal in ihrer Geschichte auf dem eigenen Territorium angegriffen.[1] Die Gründe für Villas aberwitziges Unternehmen sind umstritten. Der US-Historiker Jack Sweetman führt „Logistikprobleme“, der mexikanische Villa-Biograph Luis Grafias „unbändigen Hass auf die Yankees“, die ihn „verraten“ hatten, an. Die US-Behörden ermittelten erfolglos gegen Ravel, der schon lange im Verdacht stand, durch Waffenhandel an den mexikanischen Revolutionswirren gut zu verdienen.
In den ersten Jahren der mexikanischen Revolution war Villa Washingtons Mann. Weniger politischen Analysen als schmalzigen Hollywood-Legenden folgend, sah Präsident Woodrow Wilson in dem einstigen Banditen Doroteo Arrango mal einen Robin Hood, dann einen Napoleon oder gar einen Garanten politischer Stabilität. Doch als der Villa-Kontrahent Álvaro Obregón den „Zentaur des Nordens“ in vier Schlachten in Celaya, in León, Agua Prieta sowie Hermosillo besiegte und aus der einst 50 000 Mann starken „División del Norte“ einen Haufen versprengter und flüchtiger Ex-Revolutionäre machte, hatte die Karte Villa im Washingtoner Interessenspiel ausgedient. Villa war nur noch ein Outlaw. Die Grenzen nach Texas und Neu-Mexiko, wo er jahrelang ungehindert Waffen und Munition hatte einkaufen können, blieben ihm fortan verschlossen.
Invasion in Mexiko
„Senator Fall von Neu-Mexiko“ habe einen Gesetzesvorschlag eingebracht, „500 000 Soldaten einzuberufen und einzugreifen“, berichtete bereits am nächsten Tag die „El Paso Morning Times“.
Am 15. März, sechs Tage nach Villas Überfall in Columbus, erhielt Brigadegeneral John „Black Jack“ Pershing den Befehl des Kriegsministers, „sofort die Grenze zu überschreiten, um die mexikanische Bande zu verfolgen.“ Als Aide-de-Camps heuerte Pershing seinen Schwager, Leutnant George Patton, an. Mit 6600 Mann, 54 Lastwagen, einer ganzen Herde gerade erst zugerittener Pferde, den ersten Panzern der Army und der gesamten US-Luftwaffe, den acht Curtiss JN-38-Flugzeugen der Ersten Luftschwadron, zog die Invasionsarmee durch die Einöden Chihuahuas.
Präsident Carranza wurde von der US-Aktion überrascht. Er hatte zuvor nach Washington telegraphiert, US-Streitkräfte könnten sein Land betreten, um mexikanische Gesetzlose zu verfolgen, „wenn der Überfall auf Columbus unglücklicherweise wiederholt werden sollte.“ Er warf Washington vor, ihn getäuscht zu haben und drohte, „die Republik von Mexiko wäre gezwungen, ihr Territorium zu verteidigen“, sollte sich Pershing nicht zurückziehen.
„Mexiko, Vaterland, am 23. Februar/ ließ Carranza die Amis passieren:/ 2000 Soldaten, 200 Flugzeuge/ suchten Villa und wollten ihn töten“, verklären Corridos, Volkslieder, noch heute Villas Flucht vor den US-Truppen. Doch nichts von den Legenden ist wahr. Schon das Datum ist falsch. Villa konnte sich nie eines US-Flugzeugs bemächtigen und Pershings Truppen überfliegen, wie es ein Corrido besingt: „Von oben rief er ihnen zu: Gud bay.“ Nie schickte er geschlagene US-Soldaten und Carranza-Truppen mit abgeschnittenen Ohren über die internationale Brücke von Ciudad Juarez in die US-Zwillingsstadt El Paso: „All die Gringos dachten in ihrer Erhabenheit, / kämpfen sei ein Corquis-Tanz, / und mit schamrotem Gesicht/ kehrten sie eiligst in ihr Land zurück.“
„Tatsächlich trat der einst mächtige und unerschrockene Kommandeur der División del Norte nie gegen die US-Soldaten an, die auf seiner Verfolgung in Mexiko eindrangen“, stellte Luis Garfias kühl fest. Die einzigen, die Pershings Soldaten ernsthaft Schwierigkeiten machten, waren jene Regierungstruppen Carranzas, die den Amerikanern in der „kleinen Schlacht von Carrizal“ eine demütigende Niederlage beibrachten und eine Elsässerin namens Elisa Griensen, die den verletzt in Parral in einem Versteck kauernden Caudillo vor der Entdeckung schützte.
Deutsche Agenten und deutsche Verbündete?
Als eine Abteilung der US-Kavallerie auf dem Platz vor der Schule von Parral ankam, sah sie sich plötzlich einer „Viva Villa! Viva Mexico!“ skandierenden Menge gegenüber, angeführt von einer schönen jungen Frau, die „die Eindringlinge aus dem Norden“ wüst beschimpfte. Immer bedrohlicher rückte die Menge vor. „Als sich das Kommando dem Ortsausgang näherte, feuerte die grünäugige, elsässische Schönheit den ersten Schuss auf die Amerikaner“, behauptete der Historiker Haldeen Braddy in seinem Buch „Pershing’s Mission in Mexico“. Die Journalistin Eileen Welsome hingegen berichtet in ihrem weit umfangreicheren „The General & the Jaguar. Pershing’s Hunt For Pancho Villa“, dass die amerikanischen Invasionstruppen praktisch ständig von starken mexikanischen Regierungsverbänden beobachtet worden seien. Aus deren Reihen sei der erste Schuss gefallen, der einen US-Soldaten getötet habe. In dem folgenden Gefecht starben 40 mexikanische Soldaten. Die US-Truppen hatten zwei Tote sowie sechs Verwundete zu beklagen. Zudem hatten sie 36 Pferde und fünf Maultiere verloren.
Bis heute konnte nicht schlüssig geklärt werden, was Elisa Griensen zu ihrem historischen Auftritt an jenem 12. April 1916 bewog. Sie war die Schwägerin eines Villa-Offiziers, in dessen Haus der verwundete Revolutionär angeblich behandelt wurde. Jene Theorie aber, die dieser Fussnote der Geschichte eine weit größere Bedeutung beimass, beschreibt sie als deutsche Agentin. „Elisa, die ihre Mauser-Pistole mit tödlicher Treffsicherheit abfeuern konnte, arbeitete für die deutsche Regierung und handelte auf Befehl“, schrieb Braddy. Deutschland befand sich damals im Krieg mit Russland, England und Frankreich, mit einem Kriegseintritt der USA war bald zu rechnen. Ein Krieg der USA aber im eigenen Hinterhof – gegen Mexiko – wäre Deutschland sehr gelegen gekommen.
Während die Berliner Presse enthusiastisch falsche Spuren legte und von japanischer Unterstützung für Villa schwafelte, telegraphierte der amerikanische Botschafter an der Spree an seine Vorgesetzten am Potomac: „Bin sicher, Villas Angriffe sind von den Deutschen gesteuert.“ Parral „wäre Deutschlands zweite Front geworden“, glaubt auch Braddy und führt Zeugen an, die bestätigen, dass diese „zweite Front“ Elisa Griensens Ziel war. Schon seit geraumer Zeit hatte das Berliner Aussenministerium Diplomaten, Offiziere, Agenten, Journalisten, Firmenvertreter, Professoren und Auslandsdeutsche mobilisiert, um „Probleme zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko zu schüren“, wie der Bericht eines amerikanischen militärischen Nachrichtendienstes aus jener Zeit festhielt.
Auch dem unkontrollierbaren Revolutionsgeneral hatten die Deutschen große Versprechungen gemacht. Von einem grössenwahnsinnigen „Plan von San Diego“ war die Rede, demzufolge in Texas ein Aufstand angezettelt werden sollte, der sich später nach Neu Mexiko, Kalifornien, Nevada, Colorado, Arizona und Utah ausbreiten sollte. Nach dem Sieg dieser Revolution sollte in diesen ehemals mexikanischen Provinzen, die Mexiko im amerikanisch-mexikanischen Krieg (1846-48) verloren hatte, eine unabhängige Republik von Mexikanern, Schwarzen und Indianern ausgerufen werden, die dann irgendwann von einem germanophilen Mexiko annektiert würde. Und siegesgewiss prahlte Villa in einem Interview, das er der „New York World“ gab: „Ich verjage sie, und wenn sie gegangen sind, werde ich eine Schlucht zwischen beiden Ländern graben, so tief und so breit, dass kein Americano jemals wieder in der Lage sein wird, mexikanisches Land, Gold oder Öl zu rauben.“
Kriegsgefahr
Pershing indes, dessen Streitmacht inzwischen auf 12'000 Mann angeschwollen war, stöberte immer noch erfolglos durch die Wildnis von Chihuahuas Sierra Madre Occidental, näher an einem unerwünschten Zusammenstoss mit den Truppen Carranzas, der den deutschen Sirenengesängen ebenfalls gerne zuhörte, als an Villa. Im Juni schliesslich passierte, was passieren mußte. Als eine amerikanische Aufklärungseinheit die Warnung, amerikanische Truppen dürften bei ihrer Suche nach Villa nur im Norden operieren, missachtete, griffen Carranzas Truppen bei Carrizal an, töten nach einigen Angaben 44 US-Soldaten, anderen Quellen zufolge zwölf und nahmen 24 weitere gefangen.
Präsident Wilson, der von der Niederlage durch Zeitungsverkäufer erfuhr, die in den Strassen Washingtons lautstark Extraausgaben anpriesen, bat den Kongress um Genehmigung, alle „notwenigen Massnahmen“ zu ergreifen, um die Grenzen zu Mexiko zu sichern – wenn nötig, auch alle mexikanischen Bundesstaaten entlang der US-Grenze so lange zu besetzen, bis in Mexiko eine verantwortungsvolle Regierung installiert sei. Hätte Mexiko eine legitime Regierung, hätte er den Kongress um eine formale Kriegserklärung gebeten. Schliesslich fiel ihm aber rechtzeitig ein, ehe sich der Deutschen Wunsch nach einer „zweiten Front“ doch noch erfüllen konnte, dass „ich nicht der Diener jener bin, die den Wert ihrer mexikanischen Investitionen erhöhen wollen, sondern der Diener der einfachen Menschen der Vereinigten Staaten.“ Beide Seiten einigten sich auf den Austausch der Gefangenen und die Rückgabe der Toten.
Der Carrizal-Zwischenfall war die letzte Kampfhandlung der Strafexpedition. Seine Vorgesetzten verboten General Pershing sogar, Patrouillen auszusenden. Er und seine Männer hatten nichts zu tun. Sie konnten nur noch auf den Befehl zum Rückzug warten, der erst sieben Monate später kam.
Im Februar 1917, just als Pershings Expeditionskorps nach Columbus zurückkehrte, schlug die deutsche Reichsregierung Carranza eine gemeinsame Offensive gegen die USA vor. General Obregón, Präsident Carranzas Militärchef, beeilte sich sofort, Washington zu versichern, dass die gesamte mexikanische Regierung „proamerikanisch und antideutsch eingestellt“ sei.
Während der inzwischen zum Generalmajor beförderte Pershing das Kommando der US-Verbände an Europas Westfront übernahm, stieg Pancho Villa in den mexikanischen Nordstaaten Chihuahua, Sonora und Durango noch einmal zu alter Guerillagrösse auf, ehe er sich 1920 auf einer Hazienda in Parral ins Zivilleben zurückzog und dort erfolgreich eine Musterfarm bewirtschaftete. Am 20. Juni 1923 wurde der Ex-Revolutionär in Parral umgebracht. Präsident Carranza war bereits drei Jahre zuvor in Ttlaxcalantongo von eigenen Soldaten im Schlaf ermordet worden. Álvaro Obregón wurde mexikanischer Präsident (1920-1924), nur zwei Wochen nach seiner Wiederwahl, am 17. Juli 1929, starb auch er durch Mörderhand.
1966 schliesslich, zum 50. Jahrestag der Militärexpedition, gab der offizielle Bericht Pershings Mission in Mexiko einen Ehrenplatz in der amerikanischen Militärgeschichte. Im gleichen Jahr wurde Francisco Villa zum ersten Mal in einem öffentlichen Akt geehrt, als sein Name in goldenen Lettern in der Abgeordnetenkammer angebracht wurde. Drei Jahre später errichteten ihm die Mexikaner gegen den Protest der US-Botschaft ein Denkmal in ihrer Hauptstadt. 1976 endlich wurden seine sterblichen Überreste auf Anweisung des Präsidenten in das „Monument der Revolution“ überführt – auch wenn Historiker und Villa-Fans bis heute darüber streiten, ob das wirklich der Schädel des „Zentauren des Nordens“ ist, der dort liegt.
[1] Wenige Monate später kam es zu einem ähnlichen Zwischenfall, als Truppen des mexikanischen Präsidenten Venustiano Carranza in Texas die Grenze überquerten und amerikanischen Truppen ein Feuergefecht lieferten.