Dem in Burgdorf geborenen Künstler, in der Schweiz heute unbekannt und vergessen, widmet das Kunstmuseum Bern kleine aber feine und absolut sehenswerte Ausstellung (bis 21. April 2014). Samuel Hieronymus Grimm interessierte sich schon in jungen Jahren für Malerei und war anfänglich auch der Dichtkunst zugetan. Doch das Zeichnen war seine große Begabung. In der Natur, im Berner Oberland, entstanden seine ersten Werke und Illustrationen. Er bildete sich in Bern weiter. Bald verliess er jedoch die Schweiz und fand in Paris neue Möglichkeiten, sein Kunstverständnis zu schärfen und das Können zu erweitern. Er durchreiste Frankreich und zahlreiche Bilder zeugen vom aussergewöhnlichen Talent Grimms. Nach nur wenigen Jahren liess er auch den Eifelturm und Frankreichs Schlösser hinter sich zurück. Er reiste weiter nach England und liess sich in London nieder. Für immer. Der Wahlheimat blieb er bis zu seinem Tode treu.
Gigantisches Oeuvre
In England erlangte der Schweizer rasch einen hohen Bekanntheitsgrad und fand grösste Beachtung. Liebevoll nannten ihn die Engländer „A Very English Swiss“. Dank seiner Bescheidenheit und seiner günstigen Preise wurde er mit Aufträgen aus allen Kreisen überhäuft. Als Topograph, Illustrator, Aquarellist und Karikaturist machte er eine brillante Karriere. Grimm hat ein gigantisches Oeuvre hinterlassen bestehend aus einigen tausend Arbeiten. In der Schweiz gibt es nur wenige Bilder dieses Künstlers. Das Berner Kunstmuseum besitzt immerhin, neben dem Kunstmuseum Basel, einige Arbeiten aus der Frühzeit. Der Zeitpunkt war gekommen, dem Vergessenen und Unbekannten in seiner Heimat eine gebührende Retrospektive zu widmen.
Die in der Ausstellung vereinten Zeichnungen und Aquarelle sind von einer verblüffenden Schönheit. Die Bilder bestechen durch die Genauigkeit, die Feinheit der technischen „Fertigung“, soweit man diesen Begriff in diesem Zusammenhang verwenden darf. „Eine wahre bildnerische Enzyklopädie zum Georgianischen britischen Alltag“ ist entstanden, wie Matthias Frehner, Direktor des Kunstmuseums Bern bemerkt. Beachtung fanden auch die Karikaturen, in denen er gesellschaftskritisch und humorvoll seine Beobachtungen im britischen Alltag zum Ausdruck brachte. Grimm ist in der Tat kein Detail entgangen, ob es sich nun um menschliche Präsenz, Eigenheiten der Natur oder architektonische Merkmale und Szenen aus dem englischen Alltag handelt. Die Beobachtungsgabe des Berner war verblüffend. Die Exaktheit des Dargestellten lässt den legendären helvetischen Hang zur Perfektion erkennen. Mit jedem Strich beweist er die vollendete Beherrschung der Malkunst und einen unverkennbaren persönlichen Stil. Der Landschaftsmalerei des 18. Jahrhundert in England hat Grimm ungeahnte Grösse verliehen. Dann und wann, vor allem in der Anfangszeit, lassen sich noch nostalgische Spuren aus seiner Schweizer-Zeit ausmachen, wenn er beispielweise, bewusst oder gar unbewusst, vertraute Berglandschaften in englische Umgebungen hervorbringt.
Die Ausstellung
Die Ausstellung ist äusserst klug und professionell aufgebaut. Eine höchst selektive Auswahl der Werke und der Verzicht auf das Spektakuläre machen die Präsentation übersichtlich. Das Wesentliche wird wahrnehmbar. Grimm zeigt nicht bloss Landschaften und Denkmäler, er lässt in jedem Bild schöpferische Kräfte erahnen. Der aus Amerika stammende Gastkurator, William Hauptman, hat in enger Zusammenarbeit mit der langjährigen Kuratorin des Hauses, Therese Bhattacharya, Grimms Schaffen und Denken aufleben lassen. Hauptman gilt als grosser Kenner und Forscher von Grimm und seiner Kunst. Mit grossem Enthusiasmus und einem typisch britischen Charme, gepaart mit der ebenso typisch amerikanischen Spontaneität, hat er eine schöne Schau aufgebaut. Dank auch den unzähligen Leihgebern aus Grossbritannien und den USA sowie den grossen Museen und Kulturinstitutionen der beiden Länder. Quasi als Wegweiser und Reisebegleiter durch Grimms Landschaften und durch sein Oeuvre ist ein schöner Katalog entstanden. Auffallend durch eine schlichte übersichtliche Gestaltung, die Wort und Bild in den Mittelpunkt rücken und dem Museumserlebnis nachhaltig Wirkung verleihen.
Ausblick zu Höhepunkten
Besucherzahlen 2013
Das Kunstmuseum Bern meldet für 2013 eine Zunahme der Besucher-zahlen. Mit ca. 100'000 Eintritten liegen die Frequenzen deutlich über den beiden Vorjahren mit 77'725 bzw. 81'765. Noch weniger waren es 2009, nämlich 70'600. Ein Rekord hingegen wurde 2010 mit 168 919 Eintritten verbucht. Albert Anker erwies sich als ein Magnet. Auch Hodler lockte 2008 nahezu 120'000 Besucherinnen und Besucher ins Haus. Letztes Jahr waren es zwei Ausstellungen, die besonders erfolgreich waren: Itten – Klee, Kosmos Farbe und Hannes Schmid. Das Kunstmuseum erwartet ferner für 2013 eine ausgeglichene Rechnung. Das Museum konnte 2013 die Sammlung durch zahlreiche Neueingänge bereichern (Ankäufe und Schenkungen).
Das Zentrum Paul Klee kann mit über 100'000 Eintritten eine leichte Steigerung ausweisen. Hinzu kommen knapp 20'000 Besucher des Kindermuseums Creaviva.
Das Kunsthaus Zürich meldet für 2013 eine Steigerung der Eintritte um 25 Prozent auf 315'000. Auf die große Chagall-Ausstellung entfallen 123'000 Eintritte. pf
Die zum Wochenende eröffnete Ausstellung ist ein Vorgeschmack dessen was den Kunstfreunden noch bevorsteht. Das Kunstmuseum Bern hat nämlich für 2014 ein äusserst abwechslungsreiches und attraktives Programm zusammengestellt. Hier nur einige Beispiele der angekündigten Höhepunkte und Glanzlichter,. Bereits am 31 dieses Monats wird eine umfassende Retrospektive zu Markus Raetz eröffnet (bis 18. 9. 14). Druckgrafik und Skulpturen des 73jährigen, renommiertesten Berner Künstlers der Gegenwart bilden den Mittelpunkt. Raetz wird als zentrale Figur der Generation von „künstlerischen Wahrnehmungsforschern“ beschrieben.
Ab 12. April und bis 20. Juli wird Bill Viola, der berühmte amerikanische Videokünstler in Bern zu Gast sein. Eine recht spektakuläre Ausstellung ist angekündigt. Der 1951 geborene Künstler hat in den neuen Technologien die Möglichkeit einer grossen Aussagekraft gefunden. Es wird die erste große Ausstellung von Viola in der Schweiz sein. Neben der Museumsschau findet zeitgleich eine beachtenswerte Schau im Berner Münster statt. Dort wird Violas Passionsweg gezeigt. Ein Werk, das die spirituelle Dimension des Schaffens des amerikanischen Künstlers wirkungsvoll aufzeigt.
Ein weiterer Höhepunkt im Ausstellungskalender ist sicher Alberto Giacometti. „Die Farbe und ich“ so der vielversprechende Titel (19.9.2014 bis 15.2.2015). Per Ende Jahr ist Nakis Panayotidis angekündigt. Er ist ein wichtiger Vertreter der Arte Povera. Im Rahmen einer grossen Schau wird der 1947 in Athen geborene und heute in Bern lebende Grieche die „Sicht auf Unsichtbares“ in einem facettenreichen Werk „sichtbar“ machen. Sehr große Aufmerksamkeit verdient sicher die Ausstellung „Sesam öffne Dich“ (7.3. bis 24. 8.2014), die 140 hochkarätige Werke aus der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte des Winterthurer Mäzens Bruno Stefanini (90) zeigen wird. Neben diesen Highlights sind noch diverse weitere, ebenfalls bemerkenswerte Ausstellungen vorzumerken (Chinafenster, Kunst heute, Bethan Huws usw.).